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Kilian Fischhuber Expedition

Corey Rich / Red Bull Content Pool

Die Felsstadt am Ende der Welt

Boulderspezialist Kilian Fischhuber hat eines der wohl letzten unerforschten Gebiete der Welt bereist. Er ist in die „Stadt aus Stein“ gefahren - ein natürlicher Klettergarten aus Granittürmen, in den menschenleeren Weiten Sibiriens.

Von Viktoria Waldegger

Begonnen hat alles mit einem Foto in einer Zeitschrift. Ein Freund von Kilian Fischhuber hat die Granittürme von Ulakhan-Sis in Sibirien dort gesehen, und ihm die Bilder gezeigt. Die Felsformationen beeindruckten Fischhuber sofort: „Sie haben gleich starke Emotionen bei mir ausgelöst, und als Kletterer hab ich mich gefragt: Wo ist das? Kann ich das klettern? Kann ich da hinreisen?“, erzählt Fischhuber.

Ein Jahr Organisation mit Missverständnissen

Er nimmt per Mail Kontakt mit dem Entdecker auf, dem russischen Geologen Sergey Karpukhin. Erst ein Jahr zuvor hat Karpukhin die Granitstadt entdeckt, außer ihm waren bis zu diesem Zeitpunkt erst zwei andere Menschen dort. Fischhuber beginnt, Karpukhin auszufragen, nach der Temperatur, der Luftfeuchtigkeit, der Anreise zu den Türmen. Damit startet ein langwieriger, komplizierter Mailverkehr. Wichtig dabei: Google Translate. Denn Karpukhin spricht kaum Englisch. Immer wieder kommt es zu Missverständnissen.

„Er hat darauf bestanden, dass wir Pyjamas einpacken“, schmunzelt Fischhuber. Das habe er nicht verstanden, vielleicht wegen der Kälte in der Nacht? Um die Kommunikation nicht noch schwieriger zu machen, habe er aber irgendwann nicht mehr nachgefragt. Erst vor Ort klärt sich das Rätsel auf: Der Geologe hat eigentlich Stofffetzen gemeint, auf russisch tragen sie einen ähnlichen Namen wie Pyjamas. Diese Stofffetzen sollten in den Gummistiefeln getragen werden, um Blasen und Reibungen zu vermeiden.

Mücken, Sumpf und das Gepäck

Denn auch auf Gummistiefel bestand der Russe. Auch das war für Fischhuber ein Rätsel, Google Maps habe ihm normales Terrain gezeigt, und eigentlich sei es für die Expedition auch wichtig gewesen, Platz und Gewicht zu sparen. „Gute Gummistiefel wiegen schnell 2,5 Kilogramm“, so Fischhuber. Trotzdem habe er sie eingepackt.

Im Juni 2018 startete die Expedition schließlich: Und schon bald war Fischhuber froh um die Gummistiefel. Nach vier Flügen und einem Tag am Boot begann für das achtköpfige Team ein Fußmarsch von drei Tagen. Und das durch Sumpf: Im Juni schmilzt der Permafrostboden in Sibirien zum Teil. Das könne man sich vorstellen, wie wenn man durch kniehohen, nassen Schnee wate, so Fischhuber.

Kilian Fischhuber bei der Alpinmesse

Über sein Abenteuer und die Erlebnisse auf dem Weg zu den Granittürmen berichtet Kilian Fischhuber auch am Sonntag, 10.11.2019, um 17 Uhr auf der Alpinmesse in Innsbruck.

Drei Tage lang waren Kilian Fischhuber und sein Team unterwegs, dabei trug jeder etwa 30 Kilogramm Gepäck - von der Kletterausrüstung bis zum Campingequipement. Auch die Mücken machten dem Team das Leben schwer. Dazu kam die große Unsicherheit beim Projekt: Der Erfolg der Expedition war vom russischen Geologen abhängig. Kilian Fischhuber und sein Team mussten dabei also einem fremden Menschen vertrauen. Eine besondere Erfahrung, die auch für den Kletterer eine Ausnahmesituation war.

Die ersten Kletterer in der Granitstadt

Nach vier langen Anreisetagen kam das Team bei den Granittürmen an. Dann der Schock: Die Türme wirkten brüchig, nicht kletterbar. Die Enttäuschung beim Team war groß. Dabei seien es vor allem die eigenen Erwartungen gewesen, die hier ein Rolle spielten, sagt Kilian Fischhuber im Nachhinein. Er habe genaue Vorstellungen von den Kletterrouten gehabt, die hätten sich aber eben nicht bewahrheitet. Erst nach Tagen in dem riesigen Gebiet habe er ein Auge für mögliche Routen und Linien der Türme entwickelt. Und so schaffte es Kilian Fischhuber als erster Mensch der Welt auf die Spitze der Granittürme.

Es habe am Weg viele Momente gegeben, wo er sich gefragt hat: „Zahlt sich das überhaupt aus?“, sagt Fischhuber. „Und es hat sich ausgezahlt“, ist er heute überzeugt. Es ging nicht um die schwierigsten Routen oder die höchsten Türme. Es sei einfach etwas Besonderes gewesen, in einer kaum bereisten Gegend als erster auf diesen Türmen zu stehen. „Es ist keine Mondlandung, das ist schon klar, aber für mich als Kletterer war es ein ganz spezieller Moment“. Auch das Team sei während der Expedition zusammengewachsen, der russische Geologe Sergey Karpukhin wurde von einem verschlossenen, schweigsamen Führer zu einem lustigen Erzähler am Lagerfeuer.

Im Laufe des nächsten Jahres soll es auch einen Film über die Reise geben.

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