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Hände von indischen Frauen

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„Mädchen brennen heller“: Porträt einer feministischen Freundschaft

Der Roman „Mädchen brennen heller“ von Shobha Rao erzählt die Geschichte von zwei jungen indischen Frauen, deren Leben von Gewalt, Zwangsverheiratung und Menschenhandel geprägt ist. Ein Buch, das die Bedeutung von Freundschaft neu definiert.

Von Sophie Liebhart

Purnima und Savita sind zwei junge indische Mädchen. Sie wachsen in ärmlichen Verhältnissen auf und streben nach einer besseren Zukunft. Das prägt ihr Leben von Anfang an. Die beiden lernen sich kennen, als Purnimas Vater Savita als Hilfsarbeiterin an einem seiner Sari-Webstühle anstellt. Purnima ist fasziniert von ihrer Leidenschaft und Unabhängigkeit und beginnt ihre eigene Zukunft in Frage zu stellen. Ihr Vater ist nämlich gerade auf der Suche nach einem passenden Ehemann für sie.

Buchcover "Mädchen brennen heller"

Elster & Salis

Der Roman „Mädchen brennen heller“ ist bei Elster&Salis erschienen. Er wurde von Sabine Wolf aus dem Englischen übersetzt.

Doch dann kommt alles anders. Purnimas Vater vergewaltigt Savita. Die junge Frau flieht daraufhin aus dem Dorf. Es vergehen ein paar Jahre bis Purnima beschließt, ihre Freundin zu suchen:

„Purnima rechnete sich aus, dass Savita etwa gegen vier Uhr morgens das Haus verlassen haben musste. Wann war die Sonne aufgegangen? Um halb sieben oder sieben? Wenn dem so war, hatte Savita sehr viel früher verschwinden müssen, um unentdeckt zu bleiben. Zeit war einfach. Sie war kein Rätsel. Zeit war nackt und ungerührt; sie war der Büffel, der die Felder pflügte. Die Zeit trottete nur dahin, nie zögernd, und ohne einen Gedanken im Kopf. Aber Geografie? Geografie war Purnima hingegen ein Rätsel. Berge, Flüsse, riesige und endlose Ebenen, Meere, die sie nie gesehen hatte. Geografie war das große Unbekannte.“

Obwohl Purnima keine Ahnung von Geografie hat und nicht einmal das Nachbardorf kennt, schafft sie es, eine Spur zu Savita zu finden. Diese führt zu einem indischen Menschenhändler.

Zwei Perspektiven, eine Geschichte

Die Geschichte von Purnima und Savita wird immer abwechselnd aus den Perspektiven der beiden jungen Frauen erzählt. So erfährt man nach und nach auch wie es Savita ergangen ist. Nicht gut - soviel kann man vorweg nehmen:

„Savita war erschöpft von Geschäften. Jeder Moment im Leben einer Frau war ein Geschäft, ein Geschäft mit ihrem Körper; erst ging es um ein Gedeihen, dann um sein Verwelken.“

Das Geschäft, das letztendlich mit Savita gemacht wird, bringt sie in die USA, wo sie unter sklaven-ähnlichen Bedingungen gehalten, missbraucht und zur Arbeit gezwungen wird.

Ein Leben zwischen Indien und den USA

Indien und die USA – diese beiden Länder haben auch Shobha Rao, die Autorin von „Mädchen brennen heller“, geprägt. Sie wurde in Indien geboren und ist im Alter von sieben Jahren mit ihrer Familie in die USA gezogen. Dort hat sie lange als Anwältin für Opfer von häuslicher Gewalt und Menschenhandel gearbeitet. Die Geschichten ihrer Klient*innen haben ihren Debütroman beeinflusst.

Ob der Optimismus, der trotz der unerbittlichen Schicksale der beiden jungen Frauen in „Mädchen brennen heller“ immer wieder aufschimmert, auch auf realen Fällen basiert oder der Vorstellungskraft der Autorin entspringt, sei dahingestellt.

Ihre Hoffnung auf ein selbstbestimmtes Leben verlieren die beiden auf alle Fälle nicht. Obwohl manche Szenen so grausam sind, dass man sich zwingen muss, weiterzulesen, macht die Geschichte auch Mut. Purnima und Savita sind arm, ehrgeizig und Mädchen. Sie sind aber auch Freundinnen. Und das prägt ihr Leben mindestens genauso nachhaltig.

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