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Sudan Archives Albumcover "Athena"

Stones Throw

artist of the week

Die Confessions von Sudan Archives

Sudan Archives wurde mit ihrer Fidel und einem experimentellen R’n’B Sound bekannt. Nun ist ihr Debütalbum „Athena“ erschienen.

Von Dalia Ahmed

Sudan Archives singt, produziert und spielt die Fidel. Schon als Teenagerin war sie an den Klängen und Konzepten der Musik interessiert. Deswegen will sie auch heute noch in jeden Aspekt ihrer Musik eingebunden sein. Mittlerweile geht das beim legendären Stones Throw Label aus Los Angeles, wo Sudan Archives unter Vertrag ist, sehr einfach. Ihr wird alle Freiheit gelassen und sie nimmt sich diesen Freiraum, um ihre ganz persönlichen Geschichten, auf ihre ganz eigene Art zu erzählen.

Diesen Freiraum hatte Sudan Archives nicht immer schon. Als Teenagerin wollte ihr Stiefvater sie und ihre Zwillingsschwester in ein poppiges R’n’B Duo hineinpferchen. Der Stiefvater hatte in den 90ern den R’n’B Superstar Babyface groß gemacht und auch mit TLC zusammengearbeitet. In den 2000ern wollte er die Schwestern ebenfalls in eine massentaugliche R’n’B Form pressen. Sudan Archives wollte aber nicht vorproduziertes nachsingen und so riss sie aus. Von Cincinnati verschlug es sie nach Los Angeles zum Studieren. Am Pasadena City College studierte sie unter Tags Ethnomusicology, wo sie mit der Fidel in Berührung kam und nachts besuchte Sudan Archives diverse Konzerte und Events bei denen experimentelle Varianten elektronischer Musik gespielt wurden.

Klassik-Einflüsse

Als sie beim Uniorchester mitmachen musste, um an Instrumente heranzukommen, lernte sie durch den musikalischen Leiter die Klassik kennen. Vor allem der russische Komponist Igor Strawinsky tat es ihr an. Sudan Archives identifizierte sich mit seiner Biografie, die eines missverstandenen Künstlers, der zu Beginn noch ausgebuht wurde, weil das Publikum seine neue Musik noch nicht verstand. Und sie begann auch Klassik-Einflüsse in ihren Sound mit einfließen zu lassen.

Sudan Archives erste EPs („selftitled“ und „Sink“ aus jeweils 2017 & 2018) waren noch sehr skizzenhaft - Ideen denen sich Sudan Archives sechs Tracks lang mit der Loop Station im eigenen Schlafzimmer gewidmet hat. In der Zeit dieser EPs stand auch ihr markantestes Asset im Vordergrund: Die Fidel. Sudan Archives fand zur folkloristischen Violine, als sie sich mit der Musik Ost-Afrikas (daher auch ihr Künstlername), aber auch dem Norden und Westen des Kontinents auseinandersetzte. Das Verbindende der Geigenmusik tat es ihr dabei besonders an. Denn überall auf der Welt wurde und wird gefidelt. Von den USA, über Irland, bis hin zu Musik von Rom*nja, sowie jiddischer Musik und Musik in weiten Teilen des afrikanischen Kontinents und des Nahen Ostens.

Sudan Archives

Alex Black

R’n’B Grooves und elektronische Beats

Die im Pop des 21. Jahrhunderts anachronistisch-wirkende Fidel hat Sudan Archives rasch in alternativeren Kreisen berühmt gemacht. Aber auf ihrem Debüt „Athena“ setzt Sudan Archives gar nicht mehr ganz so viel auf die Ungewohntheit des Instruments. Es ist zwar der Star auf den Singleauskoppelungen „Confessions“ und „Glorious“, wurde auch auf den meisten Tracks des Albums nicht weggesperrt, aber der Fokus liegt erzählerisch auf Sudan Archives Heart-Break Geschichten, die sie uns auf „Athena“ vorsingt und soundtechnisch auf der Verschmelzung von R’n’B Grooves und elektronischen Beats. Sudan Archives ist weg von den besonders folkloristischen, experimentellen Sounds hin zu smootheren, urbaneren Ufern geschwommen.

Das radikalste am Projekt ist der Titel „Athena“ eine Bezugnahme auf Martin Bernals dreiteiliges Werk „Black Athena“ und die Afro-Ägyptischen Einflüsse auf die griechische Antike. Wobei Sudan Archives Entscheidung, sich auch auf die italienische und russische Klassik zu beziehen, auch als radikaler Akt einer Afro-Amerikanerin verstanden werden kann, da das Schubladen-Denken im Pop- und der Poprezeption weitverbreitet ist.

Visitenkarte und Memoiren zugleich

Auf ihrem Debüt legt Sudan Archives uns alles vor, erzählt ihre gesamte Biografie nach. Von den musikalischen Anfängen mit der Zwillingsschwester bis hin zur letzten Liebesgeschichte wird ordentlich ausgepackt. Außerdem wurden auch alle musikalischen Einflüsse reingegossen: Disneyesquer Kitsch-Pop, slicker R’n’B, West- Nord- und Ost-afrikanische folkloristische Sounds und das bereits erwähnte Elektronische, das Sudan Archives aus den Clubs in LA bezogen hat.

Ein Debüt, das Visitenkarte und Memoiren zugleich ist. Sudan Archives stellt sich der Welt vor und jetzt wo alle Formalitäten aus dem Weg geräumt sind, sind wir gespannt auf das, was als nächstes kommt.

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