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Das Buch der Schicksale

Folio

Das Buch der Schicksale

Im 15. Jahrhundert waren sowohl Wahrsagerei als auch das Würfelspiel etwas Verruchtes und Verbotenes. Lorenzo Spiritos Würfellosbuch kombiniert beides.

Von Conny Lee

Das Buch der Schicksale

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„Das Buch der Schicksale. Ein Würfellosbuch“ von Lorenzo Spirito ist aus dem Altitalienischen gereimt übersetzt von Werner Menapace unter Mitarbeit von Donatella Capaldi und mit einer Einleitung von Alexander Rosenstock bei Folio erschienen.

Sogenannte Losbücher gibt es seit dem Mittelalter. Leute verwenden sie, um in ihre Zukunft zu blicken, ähnlich Tarotkarten.

Es funktioniert so: Am Anfang stehen 20 Fragen, von denen man sich eine aussucht. Einige davon wirken auf uns eher befremdlich, wie “Wie wird meine Ernte ausfallen?” oder “Soll ich Rache nehmen?”. Im 15. Jahrhundert waren das allerdings Fragen, die viele Leute beschäftigt haben. Andere Themen haben sich aber im Lauf der Jahrhunderte nicht verändert: Liebe, Geld, Erfolg.

Man sucht also eine Frage aus, die man beantwortet haben will, und wird dann im Buch zu verschiedenen Stationen geschickt. Man blättert dann herum, von Hinweis zu Hinweis: Gehe zu König Desiderius - gehe zum Zeichen des Drachen - gehe zum Fluss Brenta.

Um diesem Prozess das wichtige Element des Zufalls hinzuzufügen, müssen außerdem 3 Würfel geworfen werden.

So bekomme ich zum Schluss einen Vers, der die Antwort auf meine Frage darstellt.

Die Originalvorlage dieses Würfellosbuchs wurde 1482 in Perugia, Italien gedruckt. Zu dieser Zeit war es ein skandalöses Werk: Wahrsagerei und Würfelspiel waren etwas moralisch Verwerfliches und eine Kombination, die von der Kirche strikt abgelehnt wurde. Papst Gregor VII ließ Losbücher sogar verbieten. Trotzdem hat es von Lorenzo Spiritos Buch bis ins späte 17. Jahrhundert etwa 50 Auflagen gegeben. Es wurde in diverse Sprachen übersetzt - nur bisher nicht ins Deutsche.

Das Buch der Schicksale

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Links: das Rad der Fortuna und die möglichen Fragen, Rechts: vier der Könige

Als Vorlage für „Das Buch der Schicksale“ dienten Scans des Originals, die von der Stadtbibliothek Ulm online allen zur Verfügung gestellt wurden. Auch die mittelalterlichen Holzschnitt-Bilder wurden für die Neuauflage herangezogen. Warum diese teilweise orange eingefärbt wurden, ist fraglich. Auch die gewählte Typographie kann mit der mittelalterlich verschnörkelten Schrift des Originals leider so gar nicht mithalten.

Das Buch der Schicksale

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Im Anhang finden sich auch einige Hintergrund-Informationen über das Buch, seine Entstehung und den gesellschaftlichen Kontext. Insgesamt lässt sich über dieses “Buch der Schicksale” sagen: Der Spaß daran, dem Buch irgendwelche Fragen zu stellen, erschöpft sich recht schnell. Interessant ist es vor allem als Zeitzeugnis, das viel über die Lebensrealität von Menschen in der Renaissance erzählt.

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