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Thomas Spitzer und Ankathie Koi im FM4 Studio

Clemens Fantur/FM4

fm4 gipfeltreffen

Das FM4 Gipfeltreffen mit Ankathie Koi und Thomas Spitzer von der EAV

Beim FM4 Gipfeltreffen treffen heimische Stars aus unterschiedlichen Generationen aufeinander. Diesmal Thomas Spitzer von der EAV und die Musikerin Ankathie Koi: Zwei Seelenverwandte haben sich endlich gefunden und zelebrieren eine Explosion der kreativen Geister.

Von Alexandra Augustin

An Ankathie Koi führt dieser Tage kein Weg vorbei und alle ihre Wege führen ins Radiostudio. Wir scherzen bei ihrer Ankunft in der neuen Sendehöhle von FM4 am Küniglberg, dass sie mittlerweile allein in der ersten Woche am neuen Standort öfter hier war, als so manche Radiomitarbeiter. Drei Besuche in vier Tagen, zwischendurch ein sensationeller Bühnenauftritt mit Conchita (Wurst) in der Wiener Stadthalle, gemeinsam mit dem Wiener Symphonikern. Das Konzert im Rahmen des Erscheinens von Conchitas aktuellem Album „From Vienna with Love“ war bereits im Vorjahr ausverkauft. Die beiden sind seit längerem musikalisch und freundschaftlich verbandelt. Ankathie Koi kann nicht still stehen, sie hat immer ein Konzert, eine Tour, eine Platte oder eine Zusammenarbeit am Laufen. Show must go on, eine Musikerin von Weltformat.

Ankathie Koi Cover "Prominent Libido"

Wolfgang Bohusch

Die aktuelle Platte „Prominent Libido“ von Ankathie Koi ist hier erhältlich.

Wenn Ankathie Koi auf der Bühne steht, dann gleicht ihre Erscheinung einem Hurricane, so wie sie es in ihrer gleichnamigen Nummer besingt. Sie steht im Stringtanga auf der Bühnekante, wirft sich ins Publikum, ihre Fans stürmen die Bühne. Sex, Erregung und die Sünden der Nacht findet man auch auf ihrer aktuellen Platte „Prominent Libido“. Sie ist lebenshungrig, sie ist neugierig. Des Öfteren habe ich Ankathie Koi schon live gesehen und im Studio zu Gast gehabt. Nach manchen Interviews meldet sie sich bei mir, weil ihr etwas abhanden gekommen ist. Ob ihre goldenen Ringe noch im Studio liegen? Sie hätte außerdem ihren Schal verloren. Ich frage sie jedes Mal, was sie zuletzt wieder verloren hat, das ist schon eine Art running gag geworden. Ich bemühe mich immer die Dinge für sie zu finden. Es ist mir aber unmöglich, ihren Aktionsradius nach ihrem verlorenen Hab und Gut erfolgreich abzugrasen. Mittlerweile nehme ich vorsorglich zu jedem Gespräch einige glitzernde Accessoires mit, um sie im Fall eines möglichen Verlustes zu trösten.

Ihre Energie im Gespräch ist mitreißend. Interviews mit Künstler_innen sind natürlich keine planbaren Frage-Antwort-Spiele, sondern Gespräche, die Flexibilität voraussetzen. Am besten schmeißt man Fragezettel für Gespräche mit Menschen wie Ankathie Koi in eine Tonne und lässt sich darauf ein, sonst steht man auf verlorenem Posten. Ankathie Kois kreativer Geist folgt in Interviews keinem vorhersehbaren Muster. Schon gar nicht, wenn jemand wie Thomas Spitzer daneben sitzt, eines ihrer Kindheitsidole. Man kennt ihn als Gründungsmitglied, Mastermind, Texter und Gitarrist der EAV. Außerdem natürlich auch als Maler und Grafiker, der immer für das Artwork der Band verantwortlich war. Ja, „war“: Mit rund 100 ausverkauften Abschiedskonzerten hat sich die EAV heuer in den „Unruhestand“ verabschiedet.

Dabei hat die EAV ihre ersten Konzerte Ende der 1970er Jahre in grauen Lagerhallen und unspektakulären Gasthäusern des Landes gespielt. Ausverkauft war da nichts. Oft befanden sich mehr Menschen auf der Bühne als im Publikum. Von insgesamt sieben Musikern, die für den Chef, zwei zahlenden Gästen und zwei Kellnerinnen spielen: Davon erzählt der einstige Sänger und Bassist Eik Breit im aktuellen EAV-Buch zum Abschied der Band.

„Wir wollten gar nicht erfolgreich und beliebt sein, darum ging es uns am Anfang wirklich nicht. Außerdem gab es in Österreich damals eine Handvoll Plattenlabels und für die war unser Theater wirklich nicht interessant“, erzählt Thomas Spitzer im FM4-Interview. Es ging um Freiheit, politisches Engagement und Spaß. Immerhin war die Band damals ja auch in Künstlerkreisen zuhause.

Pressefoto zum zweiten Album CAFÉ PASSÉ, 1981 
Foto: Promo. All rights reserved.

Promo. All rights reserved

Die EAV im Jahre 1981, Pressefoto zur Platte „Café Passé“.

Ähnlich wie bei den Zeitgenossen Drahdiwaberl und der Hallucination Company waren die Konzerte der Ersten Allgemeinen Verunsicherung Happenings und kleine Skandale. Ende der 1970er Jahre rebellierten die Nachkriegskinder und Hippies mit ihren langen Haaren gegen das Vergessen der NS-Zeit, bürgerliche Ideale und Langeweile. Mit der Karriere der EAV ging es allerdings wenig später in Deutschland steil bergauf: Ihr Mix aus anarchistischem und politischem Rocktheater und Kabarett wurde in vielen Städten Deutschlands wochenlang in ausverkauften Häusern gefeiert.

Über 10 Millionen Tonträger hat die Band bis heute verkauft. Die großen Hits kann sprichwörtlich jedes Kind mitsingen. Doch gerade diese Nummern hört ihr Autor Thomas Spitzer nicht mehr gerne, implizieren sie doch die größten Missverständnisse über die Band überhaupt: Die EAV wurde lange in die Schublade der „österreichischen Blödel-Truppe“ gesteckt. Charthits wie „Märchenprinz“ und „Küss die Hand schöne Frau“ waren Fluch und Segen zugleich. Das breite musikalische Spektrum und politische Engagement der Band wurde übersehen und oft (absichtlich) ignoriert.

Mit politischen und kritischen Liedern machte sich die EAV natürlich auch nicht nur Freunde: Stücke wie „Burli“ und „s’Muaterl“ wurden von Radiosendern wegen angeblicher Gotteslästerung nicht gespielt. Jörg Haider hat die Band wegen „übler Nachrede“ zwei Mal verklagt. Klaus Eberhartinger, seit 1981 EAV-Sänger und Conférencier, hat sich in den 1990er-Jahren in einem Zeitungsinterview humorvoll gegenüber dem damaligen Vorsitzenden der FPÖ geäußert. Auch bei der Gerichtsverhandlung zum Fall hat er sich kein Blatt vor dem Mund genommen. Thomas Spitzer wiederum hat dem ehemaligen Politiker des sogenannten dritten Lagers 1991 das Lied „Erzherzog Jörgerl“ auf den Leib geschrieben. Die EAV ließ sich von Klagen, Boykott und Drohungen bis hin zu Bombendrohungen aber nicht beeindrucken.

Flyer EAV

Thomas Spitzer

Das letzte Konzert der EAV in der Wiener Stadthalle gibt es nun als DVD, Bluray, Digipak & Buch: „1000 Jahre EAV - der Abschied“. Hier erhältlich!

Und mein blauer Schal,
steht für nazi-onal
doch ganz im Vertrau’n,
hinten is’ er bisser’l braun!

Gesellschaftskritische Lieder wie dieses, die durch feine Satire und Sprachkunst glänzen: Das ist immer die große Kunst der EAV gewesen, bis zuletzt. Die EAV hat bis zur aktuellen Platte von 2018 „Alles ist erlaubt“ Fans aller Altersgruppen begeistert. Unvergessen ist der „Late Night Special“-Auftritt der EAV am Nova Rock 2016, nach der Show von Wanda um 1 Uhr Früh: Alle Fans konnten die alten Hadern auswendig mitsingen, jung und älter waren mit dabei. Thomas Spitzer allerdings nicht, er war in seiner Wahlheimat Kenia geblieben, wo er seit über 30 Jahren lebt. Dort, wo übrigens auch das EAV-Studio steht und die meisten EAV-Alben aufgenommen worden sind. Auch nach dem Ende der EAV, entsteht dort Musik.

Es gibt eine sehr spannende Frage, die man Künstler_innen immer stellen kann: „Wenn du die Wahl hättest, entweder respektiert oder geliebt zu werden – was würdest du wählen?“. Die EAV hat sich immer für die erste Möglichkeit entschieden - und Fans lieben sie genau dafür. Der kompromisslose Geist der EAV und ihr Schaffen ist auch für die jüngere Generation ein großer Einfluss, denn auch einem Nino, einem Voodoo und einer Ankathie Koi wurde hier der Weg der künstlerischen Freiheit geebnet.

FM4 Gipfeltreffen mit Ankathie Koi & Thomas Spitzer

Und Thomas Spitzer und Ankathie Koi im Doppelinterview: Das ist eines der wahrscheinlich aufreibendsten Gespräche, das ich je geführt habe. Wenn man sich als Moderatorin überflüssig fühlt, weil sich zwischen den Anwesenden ein lebendiges Zwiegespräch entwickelt, mag sich das im ersten Moment komisch anfühlen. Doch man erkennt, dass man gerade deshalb einen guten Job gemacht hat. Hier hat es geklickt, hier treffen zwei Elemente aufeinander, die zusammen eine Explosion verursachen. Thomas Spitzer hat Ankathie Koi versprochen, dass er ihr ein Cover für eine ihrer Platten zeichnet. Es würde mich nicht wundern, wenn das mit dem Ende der EAV nochmal überdacht wird und die Band demnächst wieder auf der Bühne steht - gemeinsam mit Ankathie Koi. Zumindest denken sie es an - zu hören im FM4 Gipfeltreffen am Donnerstag, 5. Dezember ab 21 Uhr auf FM4.

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