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Mitmachen beim MasturbaTEAM

Ein internationaler Hersteller und Entwickler von Sextoys sucht Produkttester. Dafür wurde eine online Plattform ins Leben gerufen, bei der man sich kostenlos registrieren und mitmachen kann.

von Conny Lee

Frau von MasturbaTEAM

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Johanna Rief ist „Head of Sexual Empowerment“. Hier zu hören im FM4 Interview Podcast

Johanna Rief arbeitet für ein Tech-Unternehmen das Sextoys entwickelt und vermarktet. Ihre Berufsbezeichnung ist „Head of Sexual Empowerment“. Um Produkte weiter zu verbessern und neue zu testen, wurde das MasturbaTEAM ins Leben gerufen.

FM4: Was ist das MasturbaTEAM?

Johanna Rief: Das MasturbaTEAM bedeutet, wir suchen jetzt nebenberufliche Sextoy-Tester. Ich nenne es „Masturbieren für die Wissenschaft“. Wir haben ein Unternehmen mit verschiedenen Sextoy-Marken und es ist uns wichtig, dass wir Produkte auf den Markt bringen die gut funktionieren, die gut aussehen und die auch innovativ sind. Daher suchen wir ganz viele Tester, die uns zu verschiedenen Produkten Feedback geben können und haben dafür jetzt eine Art Panel wo man sich anmelden kann ins Leben gerufen.

FM4: Wie funktioniert das Feedback?

Johanna Rief: Wenn man sich bei dem Panel anmeldet muss man am Anfang einen sehr detaillierten Fragebogen ausfüllen, weil für uns wichtig ist zu wissen, was derjenige bereit ist zu testen. Wo liegen die Wünsche und die Vorlieben? Sobald man das ausgefüllt hat, kriegt man, sobald ein Produkt kommt das zu den Vorlieben passt, eine Email, ob man auch Lust und Zeit hat. Denn es kann auch manchmal sein, dass man innerhalb von zwei Wochen ein Produkt fünf Mal testen sollte. Wir hatten schon Tests, wo Sachen mehrfach gestestet wurden und manche Leute schon gesagt haben, „Da muss man sich ja fast freinehmen dafür!“ [lacht] Wir fragen also nochmal nach und dann bekommt man ein anonymes Paket, das wird getestet und dann loggt man sich im Portal ein und füllt dort einen Fragebogen aus.

FM4: Was für Feedback ist da für euch hilfreich? „War schön“ oder „war fad“?

Johanna Rief: Wir haben dann Fragen wie, „Wie hast du’s benutzt? Auf welcher Stufe? Wie oft? War’s zu stark? War’s nicht stark genug? Welchen Rhythmus fand man gut?“. Man muss da jetzt keinen Aufsatz drüber schreiben. Man merkt dann bei vielen Dingen, durch die Masse an Testern, dass dann sehr ähnliche Antworten kommen und davon kann man dann eine Tendenz ablesen.

FM4: Was, wenn sich jemand für eine Art Produkt angemeldet hat, und wenn er es dann bekommt, will die Person es dann doch nicht testen, weil es zu wild ausschaut?

Johanna Rief: Dann kann man’s natürlich einfach zurückschicken. Wir zwingen niemanden zu seinem Glück. Das was an den großen Pool von Testern geht ist meistens etwas das schon im Endstadium der Entwicklung oder fertig ist. Die ersten Prototypen sehen aber tatsächlich manchmal ein bisschen wild aus, mit Kabeln die rausstehen - ein bisschen wie eine Kindergartenbastelei. Das testen wir aber eher intern. Da haben wir ein paar Mitarbeiter - inklusive mir - die sich da freiwillig gemeldet haben. Das dient natürlich auch der Geheimhaltung.

FM4: Werdet ihr die Ergebnisse eurer Befragungen am Schluss auch irgendwo publizieren?

Johanna Rief: Wenn’s um die Produkttests geht, publizieren wir das nicht, weil es gibt ja natürlich auch andere Mitbewerber auf dem Markt. Was wir aber in Zukunft machen, sind Umfragen generell zum Thema Sexualität. Das ist europaweit. Wir haben mit zirka tausend Leuten angefangen, jetzt sind es schon ungefähr 4000. Und wenn das global wird und die vielen tester weltweit wiederspiegeln können, wie Sexualität in verschiedenen Ländern ist - das würde die Menschen natürlich interessieren und das können wir dann anonymisiert publizieren.

FM4: Die Leute die sich bei euch anmelden sind offensichtlich dazu bereit, über Masturbation zu sprechen. Aber wie sehr ist es heute noch ein Tabuthema? Du hast in deinem Beruf ja sehr viel damit zu tun.

Johanna Rief: Ich reise viel und rede daher auch in vielen anderen Ländern über Masturbation und Sexualität. Und ich würde sagen, dass wir im deutschsprachigen Raum am weitesten vorne dabei sind, wenn es darum geht, wie offen wir sind. Also im Vergleich zu anderen Ländern würde ich Deutschland, Österreich, Schweiz auf Platz Eins sehen. Das ist auch stark den Medien zu verdanken, weil die das Thema sehr offen behandeln. Aber ich glaube schon, dass es da noch viel Potenzial gibt. Das fängt schon damit an, wie man Kinder und Jugendliche aufklärt. Da müsste man ansetzen um eine Gesellschaft zu schaffen die offen ist. Und ehrlich. Man muss ja nicht mit jedem reden, es würde ja schon reichen, wenn man ehrlich zu sich selbst oder zum Partner / zur Partnerin ist.

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FM4: Über Masturbation redet man ja vielleicht noch mit den Kindern, wenn man sie aufklärt, aber dann redet man auch nicht automatisch mit ihnen über Sextoys. Das ist ja nochmal ein ganz anderes Tabuthema.

Johanna Rief: Genau, ich weiß, dass das super schwierig ist für Eltern, aber heutzutage haben Kinder einfach oft schon Pornos gesehen und dann muss man auch darüber reden. Wer hat denn heutzutage noch die ersten 10, 20 Jahre Sex, um Kinder zu bekommen? Da geht es um Spaß und das sollte man auch ehrlich sagen.

FM4: Wie eng sind denn deiner Meinung nach Sexualität und Sextoys miteinander für die meisten Leute verbunden?

Johanna Rief: Bei Frauen inzwischen sehr, würde ich sagen. Auch weil die weibliche Sexualität bzw der weibliche Orgasmus manchmal ein bisschen komplexer ist, als beim Mann. Natürlich jetzt sehr pauschalisiert, aber es ist halt so, sagen auch Studien. Deswegen helfen Sextoys vielen Frauen, einfach auch um mal für sich selber einen Orgasmus zu haben und es dann auch mit dem Partner zu erleben. Bei Männern ist es noch eher ein Tabuthema. Die wenigsten Männer haben schon mal ein Sextoy probiert oder können sich das für sich vorstellen. Aber ich glaube für Frauen - mit Sex and the City und was es so alles gab - sind Sextoys schon irgendwie Teil des Sexlebens.

FM4: Wenn es, wie du sagst, so viele Produkte zu testen gibt, fragt man sich - kommen denn noch so viele neue Produkte raus? Was können denn Sextoys überhaupt noch Neues können? Geht es immer nur um Farbe und Form und läuft doch am Ende nur auf Vibrieren hinaus?

Johanna Rief: Wir lassen ja auch Produkte weiterhin testen die schon gelauncht sind um sie weiter zu verbessern. Weil den hundertsten Dildo in grün/rot/pink, das ist keine Innovation. Wir haben Ingenieure die früher bei Siemens waren, die jetzt bei uns versuchen, neue Sextoys zu entwickeln. Es gibt ein eigenens Innovationsteam, die lesen Studien, reden mit Experten. Und gerade bei der weiblichen Sexualität ist auch vieles noch so unentdeckt. Die Klitoris wurde erst 1998 komplett entdeckt, was Wahnsinn ist! Es gehen die Meinungen auseinander, gibt es den G-Punkt oder gibt es ihn nicht? Da gibt es noch so viel zu erforschen. Was weibliche Sexualität angeht tappten wir einfach lange im Dunkeln.

FM4: Was sind denn die Sextoys der Zukunft? Zum Beispiel war es ja jetzt einige Zeit Thema, Sextoys mit einer App zu verbinden, wird jetzt auch in Richtung VR entwickelt?

Johanna Rief: Wir haben auch Produkte, die man mit einer App verbinden kann und gerade mit Fernbeziehungen nutzen das ganz viele. Man kann damit über Kontinente hinweg eine Form von Sex haben, denn der eine kann das Produkt des anderen steuern. Da waren wir vor sieben Jahren die ersten, die so eine App hatten und das hat sich inzwischen etabliert. VR ist gerade auch im Pornobereich relevant, wo du mit der Brille dann ja gefühlt Teil des Films bist, aktuell noch mehr auf Männer ausgerichtet. Was ich letzten Herbst auf einer Konferenz gesehen habe war ein Sexroboter mit AI. Der konnte mit künstlicher Intelligenz lernen. Bisher gibt es nur den Kopf, aber das war schon beeindruckend. Du konntest Fragen stellen und der antwortet. Ich weiß, dass es für viele Menschen ganz absurd und weit weg ist, aber ich kann mir gut vorstellen, dass wir in 20, 30, 40 Jahren dann doch mal Sex mit einem Sexroboter haben.

FM4: So, wie kann man denn beim MasturbaTEAM mitmachen und gibt es Leute die ihr noch speziell sucht, die noch unterrepräsentiert sind?

Johanna Rief: Also anmelden kann sich jeder ab 18 Jahren über einen Link . Man muss sich nur einmal registrieren, alles anonym und umsonst. Einfach den Fragebogen ausfüllen und man ist schon dabei. Es gibt auf dem Portal auch ein Forum, wo man sich auch mit anderen austauschen kann. Wen wir speziell noch suchen würden, wären so 60-, 70-, 80-jährige. Das ist echt schwierig. Ein paar Kollegen haben schon ihre Omas und Opas akquiriert. Das ist eine spannende Zielgruppe, weil da das Thema nochmal ganz anders tabuisiert wurde. Und wenn du älter wirst und vielleicht körperliche Gebrechen hast, hast du ganz andere Anforderungen daran, wie ein Sextoy sein muss. Müssen vielleicht die Knöpfe größer sein, muss es leichter sein? Wir wissen dass es da viel Bedarf gäbe, weil vielleicht waren sie mal verheiratet und der Partner ist verstorben. Oder im Altersheim - es gibt übrigens sehr viele Geschlechtskrankheiten in Altersheimen, dazu gibt es auch Studien. Viele denken, dass da nichts mehr passiert, aber das stimmt halt nicht. Und wir fänden es super, wenn wir dafür noch was entwickeln könnten.

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