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Brot mit Schnittlauch und Zwiebeln

C00

MARC CARNAL

Wie man Speisereste aus fremder Leute Mündern entfernt

Klebt ein Stück Petersilie zwischen den Schneidezähnen des Gegenübers, ist das zum Verzweifeln. Doch mit den sieben Methoden zur diskreten Speiserest-Entfernung ist dieses Dilemma endlich Vergangenheit!

Eine Kolumne von Marc Carnal

Ist man mit einem Gegenüber konfrontiert, das Schnittlauch zwischen den Schneidezähnen hat, möchte man es von seinem Makel befreien. In Benimmbüchern steht geschrieben, dass es durchaus höflich und angebracht ist, auf den Speiserest hinzuweisen. Wirklich noble und anständige Menschen (wie z.B. ich) würden das jedoch niemals tun. Man möchte das Gegenüber ja nicht in Verlegenheit bringen! Es gilt also, den Speiserest aus den Zahnzwischenräumen zu entfernen, ohne dass es vom anderen bemerkt wird. Um das zu bewerkstelligen, gibt es mehrere bewährte Methoden:

1. Anbandeln

Die für beide Seiten angenehmste Weise der Speiserest-Entfernung ist der Flirt. Man umschmeichle das Gegenüber mit kühnen Komplimenten, bedenke es mit Geschmeide exotischer Provenienz - Juwelen, Elfenbein, Myrrhe und Konfekt. Das verwirrte Herz ist bald erobert, nun dringe man mit Raffinesse weiter vor, verstricke die Zielperson in hintergründiges Reden, reiße anzügliche Possen, verwirre sie mit unkeuschen Zoten und deute ideenreich Handfestes und Sinnliches an. Wenn sie sich endlich zum Schmusen anschickt, dabei die Augen schließt und den Mund öffnet, lecke man ihr wie ein Chamäleon den Speiserest aus dem Maul, ohne dass sie etwas davon bemerkt.

2. Lügen

Leider gibt es auch Menschen, die man nicht verführen möchte. Auch für diesen Fall gibt es praxistaugliche Methoden. Hat man das Gegenüber gerade erst kennengelernt, kann man sich als Zahnarzt vorstellen. Bald denkt es: “Geil, ein Dentist! Der wird mir doch sicher mal gratis in meinen Suppenschlitz schauen!” Man wird also bald darum gebeten, das Gebiss zu kontrollieren. Wenn man sich mit der neuen Bekanntschaft an einen diskreten Ort zurückzieht und sie dort ihren Schlund aufreißt, kann der Speiserest in Ruhe entfernt werden. Abschließend muss man natürlich noch die Makellosigkeit der Zähne bestätigen.

Buchcover "Die sieben Säulen des Glücks"

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3. Wette

Ist man mit dem Speiserest-tragenden Gesprächspartner allerdings schon länger bekannt, empfiehlt es sich, keinen Beruf zu erfinden, denn das wäre durchschaubar. Vielmehr sollte man immer eine Packung Zahnstocher mit sich führen. Entdeckt man einen Speiserest im gegenüberliegenden Mund, wettet man, wer sich mehr Zahnstocher zwischen die Zähne stecken kann. Bald packt das Gegenüber der Ehrgeiz und aus seinem Mund ragen Dutzende kleine Holzstücke. Die Wahrscheinlichkeit, dass mit einem davon der Essensrest unabsichtlich entfernt wird, ist sehr hoch!

4. Brand

Sollte die Zahnstocher-Wette nicht angenommen werden, ist es kaum zu vermeiden, einen Brand zu legen. Natürlich sollte man dabei achtsam vorgehen, denn ein Stückchen Schnittlauch zwischen den Schneidezähnen rechtfertigt nicht, die halbe Stadt niederzubrennen. Das eine oder andere Möbelstück sollte man allerdings einrechnen, damit die Maßnahme auch funktioniert. Wenn das heimlich gelegte Feuer nämlich hinreichend lodert, bricht Panik aus. Das ist der richtige Moment, einen Feuerlöscher zu zücken und damit den Brand zu ersticken. Zwischendurch fingiert man aber eine kleine Ungeschicklichkeit und lenkt den satten Strahl des Feuerlöschers für einige Sekunden in den Mund des vor Angst schreienden Gegenübers. Der Druck der Löschpistole ist groß genug, um die Zähne in Windeseile zu reinigen. Das vermeintliche Versehen wird natürlich verziehen, weil es schließlich Leben zu retten galt. Man wird also fortan bewundert und hat gleichzeitig den Essensrest beseitigt.

5. Bonbon

Kostenärmer ist es, dem Gegenüber ein Lutschbonbon anzubieten. Man händigt ihm jedoch heimlich ein Kukident aus, das in Zuckerlpapier eingewickelt ist! Das Gegenüber ist ob des Blubberns in seinem Mund sehr erfreut und wundert sich höchstens über den seltsamen Geschmack. Das Kukident zersetzt verlässlich den Speiserest und alle Beteiligten sind glücklich.

6. Gewalt

Pflegt man zum Gegenüber eine Hassliebe - liebt es also genug, um es von einem Essensrest befreien zu wollen, hasst es aber gleichzeitig auch - schlägt man ihm einen der betreffenden Schneidezähne aus. Der neu entstandene Zahnzwischenraum ist breit genug, dass künftig nur noch sehr große Speisen darin stecken bleiben. Eine Alternative dazu stellt der feste Schlag auf den Hinterkopf dar. Der Schlag muss so fest sein, dass der Essensrest aus dem Mund geschleudert wird. Gelingt dies nicht, ist das Gegenüber zumindest ohnmächtig. In diesem Fall kann der Schnittlauch in aller Ruhe entfernt werden, bis es wieder aufwacht.

7. Schlechtwetterprogramm

Regnet und stürmt es draußen, lädt man das Gegenüber auf einen spontanen Rafting-Ausflug ein. Die tosenden Wassermassen werden das Schlauchboot rasch kentern und das unerfahrene Gegenüber beinahe ertrinken lassen. Aber nur beinahe! Der reißende Fluss hat den hartnäckigen Speiserest wie von Zauberhand aus dem Maul gespült und das Gegenüber ist um eine coole Erfahrung reicher.

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