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Glasfaserkabel leuchten blau

Pixabay / CC0

Erich Moechel

Tirol führt in Österreichs Glasfaserliga

In Tirol wird das Glasfasernetz nach einem „Grassroots“-Modell durch die Gemeinden ausgebaut. Die sind auch Netzbetreiber und kassieren von den Internetprovidern Miete ein, wobei die ersten Gemeinden schon in den schwarzen Zahlen sind.

Von Erich Moechel

In Tirol ist vieles anders, auch der Ausbau der Glasfaser zählt dazu. Tirol folgt zwar demselben Grundmodell der offenen Netze, der Ausbau verläuft jedoch in jeder Beziehung anders, als etwa in Ober- oder Niederösterreich. Die landeseigene Breitbandagentur hat nur eine koordinierende Funktion. In Tirol bauen nämlich die Gemeinden selbst die Glasfasernetze aus, wie auch die regionalen Backbones in Eigenregie entstehen.

„Wir werden als erstes Bundesland fertig verglast sein, weil wir als erste und anders als alle anderen damit angefangen haben.“, sagte Rainer Mariacher, Chef der Glasfaserfirma STW zu fm4.ORF.at. Dass die Fasern in Tirol heller leuchten als in jedem anderen Bundesland, hat viel mit der Topologie des Landes, vor allem aber mit der Weitsicht in den Tiroler Bergen zu tun. Vor 23 Jahren wurde in Tirol nämlich begonnen, systematisch Leerrohre zum Einblasen von Glasfaser zu verlegen.

Glasfaser

STW

Typische Tätigkeit in den Tiroler Bergen, wo es nicht nur viel Holz vor den Hütten gibt: Glasfaser-Backbones bergauf zu verlegen. Das Bild stammt von der auf Glasfaserverlegung spezialiserten Tiroler Firma STW.

In Oberösterreich bauen von der Energie AG bis zu Elektroinstallateuren insgesamt mehr als 20 Firmen Segmente des Glasfasernetzes aus, die abgelegenen Gebiete baut die landeseigene Fiberservice OÖ aus

Die Tiroler Leerrohr-Saga

„Als Bürgermeister von Wörgl wurde ich 1997 schon mehr als einmal gefragt, ob es mir noch ganz gut geht, weil das ja in Tirol nie jemand brauchen wird“, sagte Arno Abler, nunmehr Chef der Tiroler Breitbandserviceagentur zu FM4. Als oberste baubehördliche Instanz hatte der Bürgermeister damals angeordnet, bei allen Tiefbauvorhaben der Stadt zusätzlich Leerrohre für Glasfaser zu verlegen. Sind diese Kabelkanäle erst einmal verlegt, ist es vergleichsweise wenig Aufwand, die Glasfasern mit Pressluft einzublasen. Das geht problemlos über mehrere hundert Meter, sobald das Leerrohr einmal im Boden liegt. 80 Prozent und mehr der Errichtungskosten einer Glasfaserstrecke gehen nämlich in Grabungsarbeiten auf.

„Hier benützen wir vielfach konventionelle Baumaschinen, weil es im Bergland halt einmal viele Felsen gibt. Das Tiroler Dauersiedlungsgebiet ist zwar flächenmäßig vergleichsweise klein, dafür müssen wir mit dem Glas bis weit hinauf in die Bergwelt ausbauen", so Abler weiter. Andererseits sei es für den Ausbau schon praktisch, dass an jedem Talausgang schon ein Backbone liege und die Gemeinden einer Talschaft dahinter wie aufgefädelt hintereinander liegen.“ Diese Gemeinden koordinieren den Ausbau in ihrer Talschaft in Eigenregie, die Landesagentur berät und koordiniert nur, gelegentlich schlichtet sie auch.

Glasfaser Leerrohr

APA/dpa-Zentralbild/Jan Woitas

Hier sieht man die wabenförmige Struktur der Leerrohre, während im Mittelstrang das lokale Backbone eingeblasen wird, sind die kleineren Kanäle als Abzweiger zu den Endkunden vorgesehen. Hier sind die Planungsgrundsätze für LWL-Netze der landeseigenen Breitbandserviceagentur Tirol

In Niederösterreich werden in einer ersten Ausbauphase 100.000 Haushalte, Firmen und Behörden angeschlossen, hier baut vor allem die Landesholding mit einem Großinvestor aus.

Warum das Glas auf die Berge kam

„2005 gab es die ersten größeren Aufträge für unsere neugegründete Firma, die Nachfrage kam vor allem von den Bergbahnbetrieben, die waren anfangs der Motor“, sagte Rainer Mariacher, Chef der STW. Inzwischen seien bei jeder größeren Bergbahn wenigstens 20 Kilometer Glas entlang der Pisten verlegt, von den Beschneiungsanlagen und Liften bis zu den Ticketsystemen werde alles über Glas gesteuert. Und dabei geht es hoch hinauf, denn auch die Kameras des ORF-Wetterpanoramas sind schon lange über Glas vernetzt.

Der Grund dafür ist einfach, dass Kupfer extrem korrosioansfällig ist, sobald Feuchtigkeit eindringt, ist es mit hohen Datenraten schon vorbei. Glasfaser ist hingegen weitgehend immun gegen Korrosion, zudem werden keine elektrischen Impulse sondern Photonen damit übertragen.Darum kümmern sich neben der STW noch weitere Firmen in Tirol, die für „die Erleuchtung der verlegten Rohre“ sorgen. Mariacher schätzt, dass allein in seiner Erleuchterbranche rund um den Glasfaserausbau 100 neue, dauerhafte Jobs in Tirol entstanden sind. Seine eigene Firma wurde vom Einpersonenbetrieb 2005 zu einer Belegschaft von 35 Mitarbeitern ausgebaut, 14 davon werken in Osttirol.

Glasfaser

STW

Wo Datenkabel früher verschraubt oder auch verlötet wurden, wird heutzutage nur gespleißt. Die Kabel werden in einem kontrollierten Biegeradius eingezogen und mit Ministeckern so verbunden, dass sie einander tief in die jeweilige Faser schauen.

Tirol isch lei oans

Für die Vormachtsstellung Tirols in Sachen Glasfaser gibt eѕ handfeste ökonomische Gründe. „Weil die Gemeinden selbst Netzbtreiber sind, wird der gesamte Förderkuchen bei uns nur durch zwei geteilt. Einen Teil der Erträge erhalten die Internetprovider, den anderen die Gemeinden. Das ist für alle Beteiligten ein Geschäft, so war es auch geplant“, sagte Arno Abler. „Es gibt bereits Gemeinden, die beim Glasfaserausbau in den schwarzen Zahlen sind. Wir haben mittlerweile ja schon vier bis fünf Provider in unserem Netz“, ergänzte Rainer Mariacher.

Zu diesen Providern gehören in Tirol sowohl die A1 als auch Magenta, beide bieten ihre von DSL gewohnten Services ziemlich unverändert auch in den Glasfasernetzen an. Dazu kommt der lokale Provider-Platzhirsch Tirolnet, die dereinst mit einem Kabel-TV-Netz in Landeck begonnen hatte. Erst Ende November hatten sich die Provider Tirolnet und Südtirolnet am Reschenpass getroffen, seitdem gibt es eine direkte Glasfaserverbindung zwischen Süd- und Nordtirol. Der nächste große Faserlink wird zwischen Süd- und Osttirol eröffnet werden, dann sind alle drei Teile Tirols über Glasfaser vernetzt.

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