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„Knives Out“: Eine schrecklich mörderische Familie

Genre-Trickser Rian Johnson katapultiert den Whodunit-Krimi in die Gegenwart und präsentiert ein unterhaltsames Krimi-Verwirrspiel voller politischem Sarkasmus und himmlischer Starbesetzung.

Von Christian Fuchs

Kino-Veteranen werden sich erinnern: Es gab einmal eine Zeit, in der gediegene Krimi-Verwirrspiele im noblen Milieu die Kassen füllten. Zu diesen Filmen gehörte, neben einer obligaten Vorlage von Agatha Christie, immer ein ähnliches Setting. Nach einem kaltblütigen Mord wurde eine Gruppe sehr reicher und schwer verdächtiger Personen von einem unnachgiebigen Detektiv verhört.

„Das Böse unter der Sonne“ oder „Mord im Orient Express“ hießen diesen charmanten Whodunit-Thriller, rund um die Christie-Figur Hercule Poirot. Und dann gab es auch noch köstlich-bizarre Krimikomödien wie „Eine Leiche zum Desert“, in denen die Klischees auf die Spitze getrieben wurden. Ideale Filme auch für einen verregneten Sonntagnachmittag.

Knives Out“ schließt nun zunächst an diese klassischen Mördersuchjagden an. Im Mittelpunkt steht eine ziemlich große, exzentrische Familie, die von Großpapas Vermögen lebt. Als Harlan Thrombey (Christopher Plummer), der erfolgreiche Mysteryautor, am Morgen nach seinem 85. Geburtstag tot aufgefunden wird, freut sich die kollektive Verwandtschaftsbaggage auf lukrative Erbschaften. Aber Detektiv Benoit Blanc (Daniel Craig) macht der geldgeilen Sippschaft einen Strich durch die Rechnung.

Drei Männer in einem Wald, einer hält die anderen zurück

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Genrekino mit neuen Regeln

Während Benoit Blanc dem Mörder auf der Spur ist, hagelt es sarkastische Dialoge. „Knives Out“ mag sich vor Agatha Christie verbeugen, aber der Film katapultiert das angestaubte Whodunit-Genre auch in die unmittelbare Gegenwart. Das ist ganz im Sinn von Autor und Regisseur Rian Johnson. Man kennt den US-Filmemacher Rian Johnson wegen seines gefinkelten Zeitreise-Thrillers „Looper“ oder auch wegen kleiner Indie-Streifen wie „Brick“ oder „The Brothers Bloom“. Johnson ist aber vor allem wegen seines Beitrags zur größten Sci-Fi-Saga aller Zeiten eine umstrittene Figur. Der sträflich unterschätzte „Star Wars: The Last Jedi“ spaltete die Fans – und begeisterte viele Kritiker.

Was alle genannten Filme gemeinsam haben: Rian Johnson schnappt sich darin etablierte filmische Vorlagen - die Noir Mystery, den Sci-Fi-Thriller oder die Space Opera - und ignoriert die dazugehörigen stereotypen Regeln weitgehend. Dem „Star Wars“-Universum injizierte Johnson etwa eine gehörige Dosis irdischer Generationskonflikte und feministischer Ansätze. In „Knives Out“ torpediert er die nostalgische Krimistimmung mit Witzen über Alt-Right-Trolle, konservative Fremdenfeindlichkeit und Geschlechterklischees.

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Bloßstellung der amerikanischen Upper Class

Gegen Ende passt der Film, neben seinen Reminiszenzen an Agatha Christies goldene Zeiten, auch bestens zu modernen mörderischen Komödien rund um reiche Familien. Bei Rian Johnson fließt zwar weniger Blut als in „You’re Next“, „Get Out“ oder „Ready Or Not“, aber die Anspielungen auf Klassendifferenzen, Gier und Rassismus treffen ins Schwarze.

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Nicht ganz so berauschend ist die finale Enthüllung des Täters, den geübte Krimi-Spürhunde sicher schon vorher erraten. Wie meine Kollegin Pia Reiser richtig meinte, hat Agatha Christie in ihren Werken halt schon alle originellen Twists vorweggenommen. Aber in „Knives Out“ ist die Reise das Ziel, auch wegen dem wunderbaren Ensemble. Daniel „007“ Craig zeigt nach dem großartigen „Lucky Logan“ erneut komödiantisches Talent. Ana de Armas spielt sich als Krankenschwester des Opfers ins Zentrum der Hollywood-Aufmerksamkeit. Vor allem genießen es aber Jamie Lee Curtis, Chris Evans, Toni Colette, Don Johnson oder Michael Shannon, die amerikanische Upper Class bloßzustellen. Schön auch, dass „Knives Out“ trotz brandaktueller Polit-Gags, wie ein körniger 35mm-Film aus den 70ies aussieht.

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