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Sebastian Kurz und Werner Kogler

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Blumenaus 20er-Journal

Mitte-Rechts, Rechts-Mitte.

Wo steht die neue Regierung? Mitte-Rechts wie Kanzler Kurz das wollte oder Links, wie die FPÖ meint oder Mitte-Links oder gar ganz anderswo? Eine Standortbestimmung zur Angelobung.

Von Martin Blumenau

Die Fortsetzung des mitte-rechts-Kurses war das große (Wahlkampf-)Anliegen des Sebastian Kurz. Mitte-Rechts, so hat die türkise VP die Regierung Kurz I (VP-FP) wahrgenommen. Voll danebengegangen, sagt die nunmehr in die Opposition katapultierte FPÖ und definiert das neue Kabinett als Mitte-Links oder gar Linksregierung. Interessanterweise schließen sich die Medien dieser Definition tendenziell an.

Dies ist zum einen absurd und zum anderen auch noch falsch.

Absurd ist es, politische Richtungsdefinitionen einer politischen Gruppierung zu überlassen (bzw. sie dann nachzubeten) die eher am Rande des Spektrums steht. Rechts neben/hinter der FPÖ existiert keine wahlwerbende Kraft, dort halten sich nur Identitäre und Neonazis auf. Wenn es darum geht, wer eindeutig innerhalb des Verfassungsbogens steht, dann ist hinter der FPÖ die Wand. Weshalb alle anderen aus Sicht der FPÖ links sein müssen; und weil sie sich selber (in Teilen) als rechtsliberal wahrnimmt, betrachtet sie ihre direkten ideologischen Nachbarn (also die VP) bestenfalls als „Mitte“. Proponenten wie Mitterlehner oder Karas, also zutiefst Bürgerliche, sind aus FPÖ-Sicht eindeutige Linke.
Diese Sicht von Rechtsaußen nun medial mitzutragen und somit ins gesellschaftliche Zentrum zu setzen und für allgemeingültig zu erklären, ist absurd.

Mit realistischen Zuschreibungen, was den aktuellen politischen Kompass der türkisen ÖVP und den der nach ihrem Sturz aus dem Parlament mit neuer Demut geformten Grünen betrifft, sollte man differenzierter umgehen. Die von Kurz beanspruchte Mitte hält man, was Wählerzuspruch betrifft, nicht aber, was die thematischer Ausrichtung angeht: die klar konservativen Positionen überwiegen die in der VP ebenso vertretenen liberalen bei weitem.

Die türkise ÖVP findet sich also, mit allen Ausfransungen, rechts der Mitte. Das lässt sich auch anhand der letzten Koalition belegen: die FPÖ, eine klar stramm rechts positionierte Partei, konnte inhaltlich fast überall mit, in einigen wenigen Fällen nahm sie eine radikalere Position ein.

Die Grünen sind nach Ausflügen in linke Gefilde und der ideologischen Tauchstation in den BP-Wahljahren (um Van Der Bellen nicht zu gefährden, war man lange gar nichts) hochpragmatisch geworden. Um ihre zentrale Frage (den Klimaschutz, dessentwegen sie gewählt wurden) voranzutreiben, reihen sie allfällige ideologische Bedenken weit zurück, sogar die sozialpolitisch noch irgendwie als links einzuordnenden Vorhaben sind hintangestellt. In ihrem pragmatischen Verzicht gehen sie deutlich weiter, als die (linke) SPÖ jemals gegangen ist. Die grüne Position ist nicht nur innerhalb der grünen Historie eine Position der Mitte. Klimaschutz ist nämlich weder rechts noch links. Er verträgt sich nur mit Rechtsaußen nicht, und auch mit Linksaußen fremdelt er. Auch Transparenz ist weder links noch rechts. Und die Sorge um die Ärmsten wohnt auch der ebenso wenig linken christlichen Soziallehre inne.

Also ist die Regierung Kurz II eine Rechts-Mitte-Regierung.

Einer Gesamtbevölkerung, die sich tendenziell (und schon immer in der 2. Republik, mit wenigen historisch erklärlichen Ausnahmen) in Taten und Wahlen als rechts/konservativ erweist, ist das vielleicht schwerer zu vermitteln. Der politische Kompass ist aber etwas Absolutes und kann sich nicht nach Befindlichkeiten und alternativen Fakten richten, und eine subjektive Stimmung zu einer Tatsache hochjazzen. Besser: Kann schon, und es werden sich auch einige finden, die das entsprechende wording mithupfen. Wahrer wird das ganze dadurch aber nicht.

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