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Sportzeitung

Blumenaus 20er-Journal

Sportzeitungssterben

Das letzte wochenaktuelle Sport-Printmedium des Landes ist verschieden. Aus Gründen.

Von Martin Blumenau

Printmedien verschwinden in Österreich spur- und nachhalllos: der „Kurier um 4“ etwa, der sogar eigene Entnahme-Boxen hatte; oder die Feiertags-Gratishängerausgabe von Österreich. Die Print-Kollegenschaft will sich nicht mit dem Tod von Artgenossen befassen und verschweigt es bewusst; und der digitalen Medienwelt fällt es gar nicht mehr auf.

Im Dezember war eine Ausgabe der letzten wöchentlichen Sportzeitung, der „Sportzeitung“ eben, ausgefallen: Lieferschwierigkeiten, wusste der Trafikant meines Vertrauens, online, als e-Paper war sie noch verfügbar, auch in der Woche darauf. Da hatte der Trafikant hier am Küniglberg recherchiert und wusste von einer Hoffnung auf ein Comeback im neuen Jahr. Ich hab daraufhin den Verlag überraschungsbesucht, er residiert in einem bekannten Haus an der Wienzeile (in den ebenso bekannten Kellerstudios nimmt gerade meine Schwester auf) und das, was dort vor Ort zu erfahren war, ließ tief blicken.
Und so kommt es, wie es kommen muss: die Website weist keine 2020er-Ausgabe mehr aus, der Abo-Button sagt: „Aktuell kann leider kein Sportzeitungs-Abo angeboten werden.“ Die Variante E-Paper allein funktioniert auch nicht. Ende Gelände.

Dabei boomen Fach- oder Special Interest-Magazine; heißt es; am deutschsprachigen Markt zumindest - wenn es um den neuen Sex, also Essen geht, in jedem Fall. Im Sport und in Österreich ticken die Uhren anders, da funktioniert nichts. Also nichts wöchentliches oder gar tägliches, und es gab genug Versuche ein tagesaktuelles Medium an den Start zu bringen, auch von durchaus potenter Seite (Stichwort: Fellner). Die mehr oder weniger gelungenen Wochenblätter verwelkten eines nach dem anderen, vor einiger Zeit die knallbunte Sportwoche, jetzt die auf günstigem Zeitungspapier gedruckte Sportzeitung. Und auch das monatliche Sport-Magazin, schon seit einiger Zeit futsch, trotz sexy Fotostrecken. Einziger Überlebender ist das Fachmagazin für gehobene Fußball-Berichterstattung: der Ballesterer.

Im großen deutschen Markt geht sich deutlich mehr aus: Kicker, Sportbild, 11Freunde, alle auch mit guten Webangeboten. In Südeuropa (Italien, Spanien, Portugal...) geht sogar noch die Sporttagespresse, die der Alltags- und Gesprächskultur auch entspricht. Im Vergleich dazu sind wir in Österreich ja Finnen.

In Österreich ist alles anders. Und das hat nicht nur mit dem kleinen Markt zu tun. Es ist die Idee eines endlichen, abgeschlossenen Produkts zum Thema, die nicht mehr greift. Sowohl die Tagespresse und ihre Web-Ausgaben als auch web-Medien produzieren einen konstanten Dauerstream, der keinen Anfang und kein Ende kennt, wie der Fußball, der Sport selber. Und der Konsument, der nicht an Vertiefung interessiert ist, braucht auch nicht mehr als diesen Stream; und eigentlich braucht er/sie auch nur das Wissen um die Existenz dieses Dauerzustands, für den Fall der Fälle. Sportberichterstattung ist so visuell geworden, dass auch der kleine second screen, die Beigabe-Infos zum konsumierten Ereignis schon fließen oder zumindest mit dem Popo wackeln muss.

Dazu kam, dass die Qualität der Printblätter mit der der neuen Web-Angebote und deren Analyse-Fähigkeiten und Lust am Hintergrund nicht mehr mithalten konnten, sondern sich weiter als fröhlich-kritikarme Begleiter verstanden. Die Sportzeitung immerhin verfügte bis zuletzt über eine herausragende Kompetenz was die Sammlung der Wochenend-Action in allen europäischen Ligen anbelangte und eine anspruchsvolle statistische Aufbereitung was Länderspiele betraf. Klar kann man sich das alles auch im Netz zusammensuchen, so richtig den fetten Überblick hattest du aber nur auf den Printseiten. Die monatelange analytische Vorstellung der EM/WM-Teilnehmer auf Basis ihrer Quali-Spiele etwa werde ich wirklich vermissen.

Das österreichische Sportzeitungssterben jedoch hat hiermit ein Ende gefunden: es ist nichts mehr da, was untergehen könnte. Denn der Ballesterer (in diesem Kontext will ich auch das deutsche Zeitspiel empfehlen) hat eine zu klar umrissene und an seinem Fortbestehen zu interessierte Zielgruppe um unterzugehen bevor es Print gar nicht mehr gibt.

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