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Themenbild Gewalt gegen Frauen

dpa/Maurizio Gambarini

Gewaltschutz im neuen Regierungsprogramm

Frauen vor sexueller und körperlicher Gewalt zu schützen wird als großes Anliegen im türkis-grünen Regierungsprogramm genannt. Im Gespräch mit der Vorsitzenden des Österreichischen Frauenrings Klaudia Frieben haben wir die Pläne der neuen Regierung unter die Lupe genommen.

Von Alica Ouschan

Auch unter türkis-grün wird es kein eigenständiges Frauenministerium geben. Die Frauenagenden befinden sich zukünftig im Integrationsministerium bei Susanne Raab (ÖVP). Kritiker*innen befürchten, dass die Gleichstellung von Frauen nicht als gesamtgesellschaftliches Thema, sondern als Zuwanderungsproblem behandelt wird.

Auch Klaudia Frieben, Vorsitzende des Frauenrings, steht der geplanten Handhabung von Frauenagenden skeptisch gegenüber: „Frauen müssen nicht integriert werden, Frauen müssen gleichgestellt werden.“

Diese Form von Symbolpolitik, nämlich patriarchale Strukturen als Migrationsproblem zu behandeln hat sich in der Politik der vorherigen türkis-blauen Regierung gezeigt: Ob beim Burkaverbot oder auch bei der Diskussion um die steigende Anzahl an Frauenmorden. Kurz vor der Nationalratswahl im September, wurde dann das vielfach kritisierte Gewaltschutzpaket durchgeboxt. Es beinhaltet die sogenannte Anzeigepflicht, wonach Gesundheitspersonal seit 1. Jänner 2020 bei Verdacht auf Vergewaltigung Anzeige erstatten muss.

Österreichischer Frauenring

  • Der Österreichische Frauenring ist eine parteiunabhängige Dachorganisation für mehr als 40 österreichischer Frauenvereine und wurde 1969 gegründet.
  • Die aktuelle Vorsitzende ist Klaudia Frieben. Zu den bekanntesten ehemaligen Vorsitzenden gehört u.a. die feministische Aktivistin und Politikerin Johanna Dohnal.
  • Der Frauenring legt sein Hauptaugenmerk auf die Themen „Arbeit und Soziales“, „Reproduktive Rechte“, „Gewaltschutz“, „Familie“, „Flucht und Migration“ und „Sexarbeit“.

Von Expert*innenseite wird befürchtet, dass Opfer (noch) seltener medizinische oder psychologische Hilfeleistung in Anspruch nehmen, wenn ihnen die Entscheidung über eine Anzeige abgenommen wird. Die Kriterien für die Anzeigepflicht sollen unter der türkis-grünen Regierung nun präzisiert werden – Klaudia Frieben und der Frauenring halten das für eine Überschrift, unter der man sich nicht sonderlich viel vorstellen kann: „Es wird ganz einfach wichtig sein, wenn diese Überschriften in Gesetze gegossen werden, was in diesem Gesetz drinnen steht!“

Neben einer Anpassung des Gewaltschutzpakets sind weitere Maßnahmen geplant: Die Justiz soll sensibilisiert werden. Auch hier ist noch nicht klar, was das konkret bedeutet. Klaudia Frieben wünscht sich, dass die Justiz zukünftig über die notwendigen Ressourcen verfügt, um einen angemessenen Umgang mit Opfern gewährleisten zu können: „Wenn eine Frau, die vergewaltigt wurde das Recht hat, ihre Aussage per Videoaufnahme zu machen, um nicht mit dem Täter in einem Raum sein zu müssen, ist das gut. Wenn es im Gericht aber keine Möglichkeit gibt, das Video aufzuzeichnen, kann dieses Recht nicht greifen. Diese Mittel müssen sichergestellt werden.“

Obwohl das Regierungsprogramm von Kurz’ zweiter Regierung vom Frauenring eher skeptisch beäugt wird, werden einige Vorhaben auch begrüßt. So soll es beispielsweise spezielle Schulungen für Polizistinnen als Ansprechpartnerinnen für Gewaltopfer geben, Frauenhausplätze können dank einer geplanten Vereinbarung auch bundesländerübergreifend vergeben werden, Gewaltschutzzentren sollen ausgebaut und das Frauenbudget für Gewaltschutz „substantiell aufgestockt“ werden.

Die erste Kurz-Regierung hatte die Fördergelder für Fraueninitiativen zuletzt gekürzt. Im ersten Jahr wurden 179.000 Euro, 2019 dann noch einmal 230.000 Euro gestrichen. Nach diesen Kürzungen standen den Fraueninitiativen gesamt knapp 5,3 Millionen zur Verfügung. Um Opferschutz und die notwendige psychologische Betreuung, sowie Präventions- und Beratungsarbeit flächendeckend leisten zu können wird laut Frauenring ein Budget von 210 Millionen Euro benötigt.

„Solang es keine Zahlen in einem Gesetz gibt und so lange keine Budgetverhandlungen stattgefunden haben bleibt unsere Forderung nach 210 Millionen Euro aufrecht“, sagt Klaudia Frieben. „Das entspricht etwa 25 Euro pro Person in Österreich – vor allem wenn man die Folgekosten von Gewaltübergriffen bedenkt ist das angemessen.“

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