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Handball EM Österreich - Tschechien

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Blumenaus 20er-Journal

Team Österreich bei der Handball-Euro: fast vorbildlich

In Margareten würde alles zwar noch besser laufen, aber bitte. Die Heim-EM in Wien-Fünfhaus und Graz jedenfalls ist auf einem guten Weg. Mit großer Tatkraft und kleinen Makeln.

Von Martin Blumenau

Ich bin jetzt seit genau fünf Jahren Margaretner, also Bewohner des 5. Wiener Gemeindebezirks, des bevölkerungsdichtesten Bezirks der Stadt, einem Stadtteil voller gelebter Widersprüche, wo sich zarte Nachhaltigkeits-Inseln mit giergetriebener Gentrifzierung, hohem Migrationsanteil und einer seltsamen Segregations-Praxis paaren.

Sportlich gesehen ist Margareten vor allem Handball. Die Fivers, die in der Hollgasse, nah beim Matzleinsdorfer Platz, ihre Heimstätte haben, sind das Epizentrum dieses Sports (okay, es gibt da auch noch Krems oder Hard in Vorarlberg), laut Eigendefinition „mehr als ein Club“ und mit dem Motto "Immer einen 5er auf der Brust!“

Nikola Bilyk, der beste Handballer Österreichs, aktuell Star beim deutschen Spitzenklub Kiel, ist ein Fiver, sein Papa ist immer noch Tormann-Trainer hier und Margareten stellt auch die meisten Spieler des aktuellen EM-Kaders, von Tormann Bauer bis zum Kreis-Monster Tobias Wagner.

Wir kennen zwei glühende Handball-Familien und einen echten Weltmeister und wir sind wie gesagt Zuagraste. Die Handball-Euro ist ein großes Thema, logisch.
Aber nur privat.
Würde der Verband nicht mit Plakaten für die Stadthallen-Matches (die Gruppe B der Vorrunde und die Gruppe 1 der Hauptrunde finden dort statt) werben, wüsste niemand, was unweit des 5. im schräg gegenüberliegenden 15. Bezirk stattfindet: nämlich die Europameisterschaft eines europaweit unglaublich populären Sports. Mit österreichischer Teilnahme. Und österreichischen Siegen. Zwei in zwei Vorrunden-Matches (Freitag gegen Tschechien, gestern gegen die Ukraine).

Es gibt zwar ein Österreich-Haus samt Public Viewing, aber das ist (wir haben Winter) indoor und draußen genau null gebrandet, also komplett unsichtbar, und ohnehin im komplett handballdesinteressierten 15. Hieb, in der äußeren Mariahilferstraße in einem Bierbrau-Hotel.

Immerhin sieht es in der Halle selber gut aus: intensive Publikums-Unterstützung, die sich angesichts der Leistung der Österreicher auch noch weiter hochschaukelt. Die mit höchst unterschiedlichen Fähigkeiten ausgestatteten Handball-Herren hauen sich nicht nur ordentlich rein und treffen zielgenau, sie verstehen sich bis dato auch trefflich auf das Ausnutzen des Momentums, also jener spielentscheidender Phase (meist so fünf oder zehn Minuten vor Schluss), wo man sich einen Zwei-bis-drei-Torvorsprung herausspielen muss, um siegreich zu bleiben. Da braucht’s dann ein, zwei Torhüter-Paraden, ein, zwei geblockte Gegner-Angriffe oder Offensivfouls und ein, zwei Konter hintereinander.

Handball EM Österreich - Tschechien

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Gegen die Tschechen wirkte das leichter, war aber schwieriger als gegen die Ukraine, weil die ein High-Risk-Offensiv-Spiel ohne Goalie (also einem dauerhaften 7 gegen 6) durchzogen, bei dem jeder Ballverlust ein fixes Gegentor ist. Hier mussten die Österreicher nur Geduld haben. Gegen Tschechien waren die Torhüter-Parade und der schlaue move des kleinen, listigen und hocherfahrenen Flügels Robert Weber, der sich mit Vorliebe gegen schwergewichtige Angreifer stellt, dann geschickt foulen lässt und so den Angriff unterbindet. Bei einem Sport wie Handball, der wie Basketball in einem ständigen Hin und Her zwischen den Strafräumen lebt und so etwas wie das Mittelfeld-Duell des Fußballs oder das Aufbau-Spiel beim Eishockey nicht kennt, sind das entscheidende taktische Mittel, die in Verbindung mit technischer Hochwertigkeit (was Würfe, Sprünge, Passes betrifft) und einer körperlichen Dominanz, die vor allem von Jungstar Bilyk und Routinier Janko Bozovic, dem man of the match von gestern, vorgeführt wurde.

Dass trotz zweier Siege der Aufstieg in die Hauptrunde noch nicht fix ist, ist blöd. Eine dumme Niederlage gegen Mazedonien morgen Nachmittag könnte alles kippen. Auch dass das Schwächeln von Favoriten wie Frankreich (schon out), Dänemark oder Schweden den Österreichern nix helfen wird, weil sie alle in der anderen Gruppe fehlen werden: schade. Mit Deutschland, Spanien und Kroatien würde man da in jedem Fall drei Trümmer kriegen. Und erst diese Spiele würden den Weltmeister, meinen Nachbarn, in die Halle locken, der zur Gruppenphase noch die Nase rümpft - er will echte Weltklasse sehen. Und wie es scheint, sind die Österreicher bereit, dort drin mitspielen zu können. Und sei es, um zu lernen, wie das geht. Gegen die starken Deutschen war man, im letzten Test vor der Euro, knapp dran an der Augenhöhe.

PS: Wie die richtige Hymne geht, müssen sie auch noch lernen. Just in einem Match, in das man mit Schiedsrichterinnen geht (die französischen Zwillinge, die das supercool gemacht haben), wieder nur die großen Söhne der ranzigen Alt-Hymne zu besingen, anstatt auch die Töchter (also die Kolleginnen) mitzubedenken, das ist schon sehr peinlich. Und auch die Margaretner haben sich dabei nicht vorbildhaft hervorgetan.

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