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Bombay Bicycle Club

Josh Sinner

Neues von Bombay Bicycle Club

Die englische Band Bombay Bicycle Club verabschiedete sich vor ein paar Jahren von ihren Fans, ausgerechnet nach einem Nummer-1-Album. Jetzt ist das Quartett mit einem neuen Album zurück, wo Nostalgie auf Frische trifft.

Von Eva Umbauer

Die vier von Bombay Bicycle Club waren noch in der Schule, als sie die Band gründeten. Das erste Album folgte bald, „I Had The Blues, But I Shook Them Loose“. Das ist über zehn Jahre her und das Gitarrenpop-Quartett aus dem beschaulichen Nordlondoner Stadtteil Crouch End hat seither drei weitere Alben veröffentlicht, inklusive dem so erfolgreichen letzten, dem bezeichnenderweise „So Long, See You Tomorrow“ betitelten Album, das eine tolle Synth-Pop-Odyssee war.

Bombay Bicycle Club haben sich nie dezidiert aufgelöst, aber je weiter die Zeit voranschritt, umso düsterer wurde die Stimmung unter den Fans, und als die Band dann auch noch ihre Instrumente verkaufte, gab es wohl keine Hoffnung mehr.

Sänger Jack Steadman hatte seit dem Aus von Bombay Bicycle Club ein Soloprojekt namens Mr Jukes, Bassist Ed Nash seines mit dem Namen Toothless, Suren de Saram, der indischstämmige Drummer der Band, machte als Session-Schlagzeuger weiter, etwa für die Londoner Musikerin Jessie Ware, und Gitarrist Jamie MacColl kehrte der Musik den Rücken und ging stattdessen zur Uni, wo er schließlich auch einen Master-Abschluss erreichte.

Uni statt Band

Außerdem betätigte sich der Gitarrist auf dem politischen Feld: unter-30-Jährige für den Brexit sensibilisieren, also ihnen näherbringen, was das nun genau für Großbritannien bedeuten könnte. Jamie MacColl hätte sich ein zweites Referendum zum Brexit gewünscht, damit die Wähler*innen ihre Entscheidung gegen Europa möglicherweise noch einmal überdenken könnten, aber daraus wurde nichts.

Und weil Jamie MacColl aus einer höchst musikalischen Familie kommt - sein Vater Neill ist Musiker, seine Tante die tragisch ums Leben gekommene Musikerin Kirsty MacColl, und seine Großeltern waren die Folk-Ikonen Ewan MacColl und Peggy Seeger - schien ein Leben für ihn ohne Musik zu machen letztlich auch nicht wirklich vorstellbar.

Mehr als nur ein Konzert

Eigentlich wollten Bombay Bicycle Club ja nur für ein Konzert, oder ein paar wenige Auftritte, wieder zusammenkommen, anlässlich des zehnten Jahrestags der Veröffentlichung ihres Debütalbums. Der erste Longplayer der Band war ein leidenschaftliches, selbstbewusstes, geschmackvolles, glaubwürdiges Indierock-Debüt, gespielt von vier jungen Männern, die meist reifer klangen als sie von ihrem Alter her eingeschätzt worden wären. Strokes, Pavement, Interpol, Clap Your Hands Say Yeah. Hey, warum nicht etwas in diese Richtung machen? Es ging auf für die vier Londoner, die sich nach einer Restaurantkette benannten.

Und dennoch ging irgendwann vieles schief, im Hintergrund, im Verborgenen, trotz dem UK-Nr-1-Album vor vier Jahren. So könnte man jedenfalls zum neuen Albumtitel hinkommen - „Everything Else Has Gone Wrong“. Die Band selbst sagt Folgendes dazu:

„‚Everything Else Has Gone Wrong‘ was the last song written for this album, and it seemed to encapsulate everything the album is about. After we had written the song we realised a lot of the other songs had that theme of music as a carthatic refuge.“

Der Gedanke, für ein einmaliges Live-Zusammenkommen als Band, schien Bombay Biycle Club dann aber doch irgendwie komisch, weil das eher etwas ist, was eine große alte Band tut. Einmal spielen und dann wieder verschwinden, nein, das wollten Bombay Bicycle Club nicht machen. Und zum Glück verstand man sich nach wie vor gut, was vielleicht nicht so gewesen wäre, hätte man damals nach dem Touren zum vierten Album weitergemacht, so vermutet Sänger Jack Steadman jedenfalls.

„I remember thinking, we can’t come back and play an old album and disappear again. That’s what 80s bands do, and we were 28 at the time.“

Bombay Bicycle Club

Josh Sinner

London vs Cornwall

Der Großteil vom neuen Album von Bombay Bicycle Club wurde in Cornwall geschrieben, im englischen Südwesten. Weg von der Hektik der Großstadt London, hinaus aufs idyllische Land am Meer. Vor allem Jack Steadman und Bassist Ed Nash trafen sich oft dort zu Songwriting-Sessions. Die Rolle des Bassisten ist nun eine größere in der Band. Aber auch Keyboarderin Liz Lawrence ist verstärkt miteingebunden; die Langzeit-Kollaboratorin von Bombay Bicycle Club hat den Song „People People“ mitkomponiert und singt auch mit bei diesem Stück, sowie bei ein paar weiteren.

Die zweite weibliche Stimme am neuen Album von Bombay Bicycle Club kommt von der englischen Songschreiberin Billie Marten - sie singt beim wunderschönen „Racing Stripes“ mit.

Jack Steadman: „I fell in love with her voice. She reminded me of the band Low.“

In der Vergangenheit liehen englische Musikerinnen wie Lucy Rose oder Rae Morris ja bereits ihre Stimmen. Schön, dass die Band auch diesmal wieder weibliche Stimmen in den Songs dabei haben wollte.

Das letzte Album produzierten Bombay Bicycle Club selbst. Diesmal war klar, dass man aber wen von außen hereinholen wollte. Ed Nash schlug John Congleton vor, weil er dessen Arbeit für St. Vincent und nicht zuletzt auch die - leider nicht mehr existierende - englische Band Wild Beasts so mochte.

Neuer Producer John Congleton

Der Amerikaner - er hatte früher selbst eine Band, die von Indierock-Fans höchst verehrten The Paper Chase - kam nach London, wo man sich erst einmal beschnupperte. Dann ging es aber bald nach Los Angeles, wo man drei Wochen lang am Album arbeitete.

John Congleton geht im Studio recht intuitiv vor, verglichen mit den Tüftlern Bombay Bicycle Club, die schon gern mal zu viel denken. John Congleton hat die Band angeregt, zu relaxen und alles etwas „chilliger“ zu sehen. Man verbrachte weniger Zeit am Computer, sondern mehr zusammen als Band im Aufnahme-Raum und ließ die Melodien bis in den Himmel fliegen.

Es sind aber noch immer genug Details in den neuen Songs von Bombay Bicycle Club, wie etwa das ganz besondere Zusammenspiel der Rhythm Section, also Bass und Schlagzeug, bei „Is It Real“, die Blechblasinstrumente bei „Get Up“ oder ein Flötensample und ein Dancehall-Beat im Track „Do You Feel Loved?“, der davon handelt, dass wir allzuviel Zeit mit Social Media verbringen und den „Likes“ hinterherlechzen.

Inhaltlich geht es beim Bombay Bicycle Club nun weniger um Beziehungen, aber man ist persönlich geblieben, und recht direkt. Es geht darum, seinen Platz in der Welt zu finden, sich um jemanden zu sorgen. Es geht um Hoffnung, Wiederherstellung, Wärme und Geborgenheit. Und wenn wir wollen, lassen wir uns von der Band therapieren: „I just wanna have a good day, and it’s only me standing in my way“, heißt es im so hübschen und zart melancholischen Song „Good Day“.

Mit „Everything Else Has Gone Wrong“ gehen Bombay Bicycle Club back to basics, ja, in Momenten auch zurück zu ihrem ersten Album, etwa mit einem gewissen Post-Punk-Feeling. Everything else has gone wrong - Alles andere ist schiefgelaufen, aber dieses Comeback einer absoluten Lieblingsband jedenfalls nicht.

„Everything Else Has Gone Wrong“ von Bombay Bicycle Club ist am 17.1.2020 bei Caroline/Universal erschienen.

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