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Mavi Phoenix

Patrick Wally

fm4 geburtstagsfest

25 Jahre FM4: Das war die große Party

Von Kinderzimmer Productions bis Mavi Phoenix: So schöne Ständchen haben wir selten bekommen. Ein Vierteljahrhundert ist ja auch nicht nichts.

Von Lisa Schneider

„Die Dinge, die wir aus unserer Kindheit mitnehmen, sind unser ganzes Leben lang präsent“, sagt die Band Oehl. FM4 ist jetzt 25 Jahre jung, und gerade hier, am FM4 Geburtstagsfest, erkennen wir, dass diese Worte stimmen: Gratulanten und Gratulantinnen, die uns schon Jahre lang – wenn nicht gar von Anfang an – begleiten, haben einmal mehr mit uns gefeiert.

  • Und: Über die kommende Woche verteilt gibt es online auch die besten Konzerte vom Fest als Video auf fm4.ORF.at!

In Oehls so passender Aussage geht es nicht nur um FM4 als Ganzes, sondern auch um ihren noch nicht veröffentlichten Song „Trabant“: ein weiches Stück Pop, wie es aktuell nur Oehl schreiben, klug und treffsicher und trotzdem nicht zu überheblich.

Es ist die Fast-Geisterstunde in der Ottakringer Brauerei, halb zwölf, als Oehl die Gitarren anstecken, die Harfe bereitstellen. Zwar diesmal ohne Unterstützung des schönen Wiener Schmusechors, aber das Set von Oehl büßt auch deshalb nichts von seiner verträumten Eleganz ein. Außerdem gibt’s zu dem Zweck ja Mitsing-Chöre aus dem Publikum.

Oehl

Dimitrijs Fjodorovs

Oehl

Bis dahin, bis zum Auftritt von Oehl, haben wir schon viel geschwitzt, was denn auch sonst bei Gigs von My Ugly Clementine oder Megaloh. Zeit, kurz mal zu schauen, ob wir nicht schon alle Freund*innen im Gewusel verloren haben, Zeit, sich an den Saalrand zu stellen und die Augen zuzumachen. Der Moment, in dem man kurz auch übers Altern nachgrübeln darf.

Vor 25 Jahren, da waren die 90ies groß und mit ihnen natürlich die Fraktion (Indie-)Gitarrenpop. Gute Kombination also, dass Eva Umbauer den Tanzboden am Wohnzimmer-Floor aufwärmt, sie stellt schon seit Sendebeginn Handverlesenes im FM4 Heartbeat vor. Wir sind also in guter Interpol/Arctic-Monkeys-Stimmung, dass dann gleich der erste Act auf besagter Wohnzimmer-Bühne, die selbsternannte „Langhaar-Gruppe“ Strandhase die Saiten schlägt, passt nahtlos dazu. Strandhase schreiben strubbelige Popsongs Marke Reibeisen, irgendwo zwischen Fil Bo Riva und Annenmaykantereit, aber mit ein bisschen mehr Biss. „Tanzen mit Jacke“ ist das Motto, anfängliches Schäkern mit dem Publikum und das sich selbst nicht zu ernst Nehmen: Immerhin will die Menge jetzt zuallererst mal aufgewärmt werden.

Strandhase

Patrick Wally

Strandhase

Das nächste heiße Ding

Während es von unten dröhnt - im Keller prasseln die Beats von Kinderzimmer Productions - wird es dann oben immer enger. Ist ja auch kein Wunder, hier bekommt man gleich eine Band zu sehen, deren erstes Wienkonzert letztes Jahr nach sagenhaften 24 Stunden ausverkauft war. My Ugly Clementine, die Supergroup aller österreichischen Supergroups springt direkt aus dem Flieger auf die Bühne am FM4 Geburtstagsfest. Eben noch haben die vier Musikerinnen am Eurosonic Festival in Groningen gespielt. Der Ort, wo die europäische Musikindustrie jährlich auf der Suche nach dem nächsten heißen Ding ist. Das sind sie, My Ugly Clementine: heiß.

Nastasja Ronck – man kennt sie auch als Mitglied der Band Lucid Kid - ist neu im Band-Set-Up, sie ersetzt Gitarristin und Sängerin Barbara Jungreithmeier seit kurzer Zeit. Sonst ist alles so, wie es zu erwarten war. Und doch noch besser: My Ugly Clementine haben ein fantastisches Gespür für Popsongs, vor allem für schnörkellose Hooks und eingängige Melodien. Und dabei klingt das alles trotzdem so locker und zerknautscht, als wären die Songs in einer durchwachten Nacht an der Bettkante geschrieben. Zumindest vorstellen darf man sich das so: vier Freunde, die das machen, was ihnen Spaß macht. Drummerin Kathrin Kolleritsch macht es allen vor - so sieht Glück, so sieht Leidenschaft aus.

Kathrin Kolleritsch von My Ugly Clementine

Patrick Wally

My Ugly Clementine

Am schönsten ist es, wenn sich Menschen ihres Talents bewusst sind und gerade deshalb wieder zurückkehren können zur Nicht-Perfektion. Die Freude am Livespielen, der gute Krach, die Beschwerden an Patriarchat und an Freunde, die einfach blöd sind: My Ugly Clementine schreiben Songs übers Leben, kleine Geschichten, die wir alle kennen. Der erste Song ist der beste, „Playground“, ein Statement zur Selbstermächtigung in leichtem Gewand. Es ist einfach alles gut an dieser Band.

Während sich die ersten Reihen dem Kreischen, Springen, Mitsingen überlassen, tanzen die Menschen bis hinten an den Rand im prall gefüllten Raum zu bestem 90ies Grungepop. Eine junge Frau umarmt ihre Freundin und ich glaube sie hören zu können, als sie über den dröhnenden Bass ruft: „In der Band wäre ich auch gerne.“ Eine andere: „Lauter!“

Just trying to be cool

Dass es schwer ist, dem eigenen strikten Fahrplan für den Konzertabend zu folgen, ist einmal mehr Zeichen eines guten Ein-Tages-Festivals: Wer für My Ugly Clementine zu spät dran war, hat hoffentlich die spannendste deutsche Slackerpop-Musikerin Ilgen-Nur als perfektes Ersatzprogramm miterlebt. Musikalisch sind die beiden gar nicht so weit voneinander entfernt. Und dann singt Ilgen-Nur auf die gute, nüchterne Art eine ihrer vielen Weisheiten zur Adoleszenz: „Just trying to be cool / but I feel like a fool“.

Ilgen-Nur

Dimitrijs Fjodorovs

Ilgen-Nur

Und man muss doch noch einmal an My Ugly Clementine, genauer gesagt an deren Bassistin, Sängerin und Songschreiberin Sophie Lindinger denken. Die hat uns nämlich noch kurz vor ihrem Gig erzählt, welche Jugenderinnerungen sie mit FM4 verbindet. „FM4 ist über allem gestanden, wenn man das gehört hat, war man cool. Ich glaub, das hat man immer noch so drin im Kopf. Ich hab immer FM4 gehört, weil ich cool sein wollte“, lacht sie ins Mikro. Das bist du!

Kopf auslüften

Jedes Jahr pünklich zum FM4 Geburtstagsfest lässt der Föhn nach und der Schnee kommt. Eine Bauernregel also. Das ist okay, kurzes Hinaushuschen, Kopf auslüften tut gut. So macht’s auch Mavi Phoenix kurz vor seinem Gig.

Die jetzigen Auftritte müssen neu, aufregend, vielleicht noch aufregender als sonst sein. Drei Minuten vor Stage Time, beim etwas nervösen Auf- und Abgehen am Rand der Bühne erzählt er noch, dass sich das schon alles seltsam anfühlt jetzt. Eh gut, aber eben auch aufwühlend. Vor wenigen Wochen hat sich Mavi Phoenix als Transgender geoutet.

Mavi Phoenix

Patrick Wally

Mavi Phoenix

Sein Debütalbum, das im April erscheinen wird, wird sich inhaltlich genau darum drehen. Edgier sind die Songs, aber doch noch Mavi Phoenix. Und kaum gehen die Lichter an und das Gekreische los, fallen die Masken: pure Selbstsicherheit, Statement, Power. Da dröhnt der Bass und es war immer noch die beste Entscheidung, sich live eine kleine Band dazuzuholen. So kriegt die Musik, auf Platte gerne straight, live noch den Druck und die Eindringlichkeit, die sie braucht. Mavi Phoenix, der immer noch coolste Star des österreichischen Pop.

Fiva und Lola Marsh räumen auf. Wir feiern noch einmal die 90er, mit allem, was sie uns an Trash, Glam und zeitlosen Popsongs mitgegeben haben. Conny Lee und Alex Augustin sind die Glitzer-Königinnen hinterm DJ-Pult. Beim gut erschöpften Rausspazieren in die Nacht kreisen die Gedanken noch einmal um einen besten Auftritt der letzten Stunden, den von Oehl.

„Wenn man 25 ist, dann hofft man irgendwie, dass es vier Viertel eines Jahrhunderts werden“, sagt Sänger Ari. Ist unterschrieben.

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