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FM4-Ente beim FM4 Geburtstagsfest

Dimitrijs Fjodorov

Blumenaus 20er-Journal

Die nächsten 25 Jahre

Über das Fehlende, das plötzlich da ist, über Strukturgebung und Jugendkultur-Expertise. Über FM4.

Von Martin Blumenau

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In aller Offenheit: Mich hat der Untertitel „25 Jahre“, der rund um die heurigen FM4-Geburtstags-Dinge geschwebt ist, im Vorfeld ebenso wenig interessiert, wie es beim Zwanzigsten, beim Zehnten, beim Fünften oder beim Siebzehnten der Fall war. Weil für mich seit jeher das gilt, was jetzt im aktuellen Regierungsprogramm festgeschrieben ist: FM4 ist Kulturgut, ist ein Jugendkultur-Sender, kein Jugendsender. Und hat also kein Alter.

Ein Jugendsender müsste andere Kriterien erfüllen, müsste versuchen allen jungen Menschen zu gefallen und nach dem Maul zu reden. Das wäre dann der kleinste gemeinsame Nenner, der ohne jede Kante daherkommen müsste, um allen zu gefallen.

FM4 macht das Gegenteil davon, seit jeher; und gefällt deshalb automatisch nicht der Mehrheit. FM4 bildet Jugendkulturen ab, Szenen, und im besten Fall ergibt sich eine szeneübergreifende Einigkeit, die dann wie eine Mehrheit daherkommt, bei Bilderbuch oder bei Fridays for Future etwa. Wobei: jene, die sich proaktiv für diese auch im Mainstream wichtigen Themen/Menschen interessieren und es genau wissen wollen, sind wiederum in der Minderheit. Der Mehrheit reicht der kurze Blick, der schnelle Reiz. FM4 ist für den vertiefenden Blick da. Das ist der Unterschied zwischen einem Jugendsender und einem Jugendkultur-Sender.

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Noch einmal, in aller Offenheit: Ich hatte die letzten paar Jahre, beim FM4 Geburtstagsfest, aber etwa auch bei der FM4 Weihnachtsfeier, also extern wie intern, das Gefühl einer Verlorenheit. Da waren jene, die vor 25 Jahren als Jugendliche, die bereits in Körpern von Erwachsenen gefangen waren, FM4 auf die Gleise gesetzt hatten. Da waren jene, die das im Geist jener Gründer*innen, die sie ausgebildet hatten, weiterführten. Aber es fehlte etwas. Auch beim Fest-Publikum.

Heuer war es da, das Fehlende. Und sie taten das, was nötig ist um etwas weiterzubringen: Sie machen Dinge, die die Älteren blöd finden. Und sei es nur aus diesem einen (Selbst-)Zweck. Weil es wichtig ist sich abzusetzen, und nicht damit zu begnügen, ein bisserl brav zu sein, um zu erben.

Das gibt mir dann auch die Möglichkeit, ein Erwachsener im Körper eines Erwachsenen zu sein.

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In aller Offenheit: FM4 hat lange mein Leben strukturiert. Die Jahre 1994 (eigentlich schon ab 1992) bis 1999 im Aufbau, danach dann der Vollzeit-Umbau und dann die Phase ab 2003, der Schritt ins Digitale und die diversen Versionen dieses Journals.

Seit 2012 ist das anders, ist es wieder wie davor, als meine Beziehungen die Jahreszahlen-Strukturgeber waren und nicht meine Zeiten bei Medien. Und es sind die Geburtstage meiner Kinder und Neffen, die ich klarer im Kopf habe als den von FM4.

Am Samstag, beim FM4 Geburtstagsfest, wo die beste Band Österreichs ein elektrisierendes Set spielte, hab ich Wegbegleiter*innen aus den verschiedensten Phasen FM4, aus fast allen 25 Jahren getroffen und ich hatte das Gefühl, dass es bei ihnen so ähnlich ist.

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Die nächsten 25 Jahre wird es so ähnlich und ganz anders sein. Es wird Expertise nötig sein, zur Vermittlung und Einordnung von Jugendkulturen und -Szenen, und es wird immer egaler, ob das im Küchenradio oder digital-only passiert, solange es Menschen gibt, die der Marke gerecht werden. Und FM4 ist eine Marke - das werden nicht einmal die Gegner bestreiten - und zwar eine, die nicht vom schönen Schein und Glanz lebt, sondern von der Substanz. Einer Substanz, die über die Jahre und Jahre (und es sind fünfundzwanzig eben) aufgebaut wurde.

Ein solcher Back Catalogue an Kompetenz und Erfahrung hat den Vorteil, dass man ihn nicht verwenden muss, weil die Innovation ohnehin immer besser ist als das Althergebrachte. Es ist aber das Wissen um diese dahinterstehende Expertise, die sowohl (junge) Macher*innen als auch neu nachwachsendes Publikum mitnehmen kann, die Sicherheit keinen Bullshit, keine alternativen Fakten serviert zu bekommen.

Es hat sich also herausgestellt, dass die 25 Jahre (ganz kurz) tatsächlich etwas bedeuten: kein Grenzstein einer Ära oder Phase, sondern das Bewusstsein, dass eine Transformation möglich ist, dass FM4 ein Zustand, eine Haltung sein kann. Für Jugendliche und Erwachsene, egal in welchen Körpern, egal zu welcher Zeit.

Und ab jetzt bedeuten die Geburtstags-Altersangaben wieder dasselbe wie vorher: nichts.

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