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Gibt es Drogentrends 2020?

Wir haben uns bei der Drogenberatungsstelle CheckIt! Wien über popkulturelle Einflüsse und Entwicklungen am Drogenmarkt erkundigt.

Von Alica Ouschan

In der gesellschaftlichen Wahrnehmung beeinflussen aktuelle Trends der Popkultur das (Drogen-)Konsumverhalten von jungen Leuten. Illegale Drogen sind als Symbol des Regelbruchs und der Rebellion ein wesentlicher Teil der Popkultur. Vor allem im Rap gewinnen sie in den letzten Jahren Bedeutung. Der Gipfel scheint erreicht, als Cloudrap als Musiktrend und Lifestyle auf der Bildfläche erscheint. Die Glorifizierung von Drogen wie Marihuana und Kokain, aber auch von Benzodiazepinen und codeinhaltigem Hustensaft ist ein Alleinstellungsmerkmal, über das wir schon in einem Artikel zur „History of Cloudrap“ berichtet haben.

Wie beeinflussen derartige popkulturelle Phänomene aber das tatsächliche Verhalten von jungen Leuten? Karl Schubert-Kociper hat in seiner Arbeit als Leiter der Wiener Drogenberatungsstelle CheckIt! diverse gesellschaftliche Entwicklungen beobachtet und weiß, dass man die aktuelle Popkultur und Trends wie Cloudrap im Auge behalten muss. Er sieht aber keine gravierenden Veränderungen im Konsum von Benzos oder ähnlichen Substanzen.

Die altbekannten Klassiker

„Die Trenddrogen sind eigentlich immer die gleichen. Die nennen wir die Klassiker. Da geht’s um Marihuana, Ecstasy und MDMA, Speed und Kokain und in ganz seltenen Fällen auch mal LSD oder andere Halluzinogene.“ Das sind die sogenannten Partydrogen, die vorrangig im Jugend- und jungen Erwachsenenalter ausprobiert werden. „Der Konsum von illegalen Substanzen wird oft übermäßig problematisiert, obwohl es lediglich einen kleinen Prozentsatz der Gesamtbevölkerung betrifft.“

Die Jugend ist eine Zeit, in der neue Dinge ausprobiert werden – für viele gehören da auch risikoreiche Dinge wie das Ausprobieren von illegalen Substanzen dazu, sagt Karl Schubert-Kociper. Aus seiner jahrelangen Arbeit in der Suchtberatung weiß er, dass es in den meisten Fällen beim Ausprobieren bleibt und die Leute mit dem Konsum wieder aufhören. „Wenn man älter wird passt es auch nicht mehr zum Lifestyle. Die meisten Menschen hören von selbst wieder auf, bevor sie jemals ein problematisches Konsumverhalten oder eine Sucht entwickelt haben.“

  • CheckIt! Wien ist eine Kooperation der Suchthilfe Wien und dem klinischen Institut für Labormedizin der med. Uni Wien.
  • In der Wiener Gumpendorferstraße im 6. Bezirk bietet das CheckIt!-Team kostenlose Info- und Beratungsgespräche an. Außerdem können Substanzen abgegeben werden, die man dann im Labor analysiert.
  • CheckIt! ist regelmäßig auf großen Partyveranstaltungen, um Leute über psychoaktive Substanzen, ihre Gefahren und risikomindernden Konsum aufzuklären.

Was der Raver nicht kennt, schmeißt er nicht

Der letzte wirkliche Trend am Drogenmarkt liegt mittlerweile etwa zehn Jahre zurück. Damals sind neue psychoaktive Substanzen aufgetaucht, die für kurze Zeit sehr populär geworden sind. Die bekannteste davon ist Mephedron.

„Wir haben schnell gemerkt, dass die neuen psychoaktiven Substanzen nur von wenigen ausprobiert werden, weil kaum etwas über ihre tatsächliche Wirkung bekannt ist. Wenn man nicht weiß, wie man eine Substanz dosiert und nicht abschätzen kann, wie groß die Schäden sind, die sie im Körper anrichtet, dann wird sie auch von sehr wenigen Leuten konsumiert“, ist Karl Schubert-Kocipers Fazit zum einzig wirklich neuen Drogentrend der letzten zehn Jahre.

Darknet over everything?

Was und wie viel konsumiert wird hat sich seit langem also nicht wirklich verändert. Teilweise gibt es aber neue Trends in der Beschaffung von illegalen Substanzen – Digitalisierung macht’s möglich! „Da sehen wir schon einen Anstieg an Bestellungen übers Darknet“, sagt Karl.

„Trotzdem bekommen die meisten ihre Drogen nach wie vor über den Freundeskreis. Bei den Shops im Darknet gibt es ein 5-Sterne Bewertungssystem. Häufig wird davon ausgegangen, dass die Substanzen, die im Netz angeboten werden, reiner oder besser sind, als die von der Straße. Bei den Proben die wir bekommen haben, hat sich das aber nicht bestätigt.“

Bei CheckIt! können Substanzen zur Analyse abgegeben werden – denn egal wie gut ein*e Verkäufer*in im Darknet bewertet wurde, welche Stoffe wirklich in den Drogen enthalten sind, kann nur im Labor festgestellt werden.

Steigende Dosierungen als neue Gefahr

Eine neue Entwicklung, die sich im CheckIt! Labor in letzter Zeit abzeichnet kann unter Umständen für Konsument*innen sehr gefährlich werden: Die Dosierungen in Ecstasypillen werden immer höher. „Wir haben Pillen getestet, in denen war über 300 Milligramm reines MDMA drinnen. Wenn man da eine ganze nimmt, ist es egal, wie viel man wiegt, dann ist das eine Überdosierung“, erzählt Karl.

Ähnliche Entwicklungen lassen sich auch bei Kokain beobachten: „Wir merken, dass die Proben immer reiner werden – natürlich ist das nicht immer und überall so. Wenn ein Konsument seine übliche Menge nimmt und dann eine Substanz erwischt, die reiner ist als gewöhnlich, ist natürlich Vorsicht geboten!“

Der Trend bleibt gleich

Gesellschaftliche Entwicklungen wie die Globalisierung und Digitalisierung hinterlassen natürlich auch am Drogenmarkt ihre Spuren. Karl-Schubert Kociper sagt, dass es das meiste aber immer schon gab und es immer schon von einigen wenigen konsumiert wurde – die Aufgabe des CheckIt! Teams besteht darin, das Risiko des Konsums so gering wie möglich zu halten.

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