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Nachhaltiges Touren? - So wollen Bands das Klima schützen

Billie Eilish, The 1975, Coldplay und jetzt auch Milky Chance: Immer mehr Artists wollen das Klima retten und nachhaltiger werden. A dirty business goes green! Wir haben uns angesehen, wie.

Von Ambra Schuster

Let’s face it – wenn Bands auf Tour gehen, ist das alles andere als umweltfreundlich, geschweige denn nachhaltig. Bei Konzerten fällt viel Müll an, sowohl hinter als auch vor der Bühne. Es werden Unmengen an Strom für Bühne, Technik und Klimaanlage verbraucht. Die Besucher*innen kommen auch nicht immer mit den Öffis und die Bands ziehen oft mit fetten Nightlinern, mit Trucks für eine riesige Bühnenshows und einer großen Crew durch die Welt. In Zeiten der Klimakrise kommt aber offenbar auch die Musikindustrie nicht daran vorbei, hier etwas zu ändern.

Billie Eilishs „Where do we go?“-Welttournee soll komplett frei von Verpackungsmüll sein. Außerdem wird es auf ihren Konzerten ein Umweltcamp geben, in dem Fans über den Klimawandel informiert werden. Die 18-jährige Grammy-Preisträgerin ist damit nicht die erste Künstlerin, die sich für den Klimaschutz einsetzt. Radiohead und Neil Young touren seit Jahren nur mehr mit Biotreibstoff. U2 und Björk nutzen ihre Stimme bei Auftritten, um auf die Klimakrise aufmerksam zu machen. Und Jack Johnson gilt mit seiner „Bring your own Bottle“-Kampagne und seinem ökofreundlichen Label „Brushfire Records“ sowieso als Umweltschutz-Pionier in der Musikszene.

Auch The 1975 setzen sich nicht erst seit ihrem gemeinsamen Track mit Greta Thunberg für die Umwelt ein. Auf Tour haben die Briten mehrere Öko-Berater mit und seit 2019 produzieren sie keinen neuen Merch mehr. Stattdessen können Fans bei Konzerten ihr mitgebrachtes Gewand mit Motiven der Band bedrucken lassen. Außerdem will The 1975 bei ihrer kommenden UK-Tour für jedes verkaufte Ticket einen Baum pflanzen. Für das Konzert, das The 1975 am 23. Oktober in Wien spielen, ist sich das organisatorisch allerdings noch nicht ausgegangen.

Green Rider und die Grenzen des Möglichen

Dass das Mindset im Konzertzirkus langsam grüner wird, merken auch Venues und Veranstalter. „Es hat sich definitiv innerhalb der letzten sechs bis zwölf Monate etwas geändert. Das spürt man vor allem für die Shows in diesem Jahr“, sagt Silvio Huber von Arcadia-Live.

Ein sogenannter (Tour-)Rider ist ein Dokument, in dem die technischen Anforderungen und Backstage-Wüschen der Bands stehen.

Immer öfter schicken Bands zusätzlich zu ihren normalen Rider auch einen sogenannten „Green Rider“ an den Veranstalter. Also eine Liste mit umweltfreundlicheren Anforderungen und Empfehlungen, wie CO2 reduziert werden kann. Auf diesen Green Ridern stehen dann Dinge wie: keine Plastikflaschen und Einwegprodukte beim Catering, möglichst regionales Essen und Recycling-Möglichkeiten im Backstage-Bereich. Das Publikum soll ermutigt werden, mit den Öffis zu kommen und die Klimaanlage nicht schon fünf Stunden vor dem Konzert eingeschaltet werden. Die Zeit der extravaganten Wünsche und „Rockstar-Rider“ ist laut Silvio Huber vorbei. Arcadia-Live selbst überlege außerdem, eine Art Kompensationssystem für Konzerte einzuführen, ähnlich wie man das von Flugreisen kennt.

Kleinigkeiten wie das Vermeiden von Plastik im Backstage-Bereich lassen sich unabhängig von der Venuegröße relativ leicht umsetzen. Schwierig wird es aber bei den wirklich großen Emissionsposten, sagt Gernot Kremser vom Linzer Posthof: „Wir brauchen nichts schönreden. Wir wissen, dass die Bands mit Nightlinern kommen, dass sie in der Welt herumfliegen, dass Venues und Open-Air-Veranstaltungen ganz viel Strom brauchen und ein großer Faktor ist auch das anreisende Publikum.“ Von flächendeckendem Ökostrom in Venues und emissionsfreien Konzerten ist man noch weit entfernt.

Am radikalsten geht derzeit wohl Coldplay an die Sache heran. Solange sie es nicht emissionsfrei schaffen, will die Band gar nicht mehr auf Tour gehen. Die Lösung kann das aber auch nicht sein, sind sich Venues und Veranstalter einig. „Coldplay kann sich das vielleicht leisten, aber die meisten Bands leben vom Touren und vom Merch-Verkauf auf der Tour. Außerdem wollen wir ja alle tolle Konzerte sehen, es ist ein Dilemma“.

Milky Change

Last but not least ist auch Milky Chance auf den Nachhaltigkeitszug aufgesprungen. Das Video zu „The Game“ hat Milky Chance in Georgien, statt in den USA gedreht, was von Deutschland aus dann doch einige Flugkilometer weniger sind. Aber das reicht natürlich nicht.

Vergangenen Herbst hat die Band aus Kassel das Projekt „Milky Change“ ins Leben gerufen. Das übergeordnete Ziel: So nachhaltig werden wie möglich und andere auf ihrem Weg mitnehmen. Etwa auf dem Blog „Milky Change“ oder auf den Social-Media-Kanälen der Band. Eine reine PR-Aktion soll das aber nicht sein, sagt die eigens angestellte Nachhaltigkeitsbeauftragte der Band Mariko Zimmer: „Das ist einfach ein dirty Business und genau das wollen wir auch zeigen und uns nicht nach drei Monaten selbstbeweihräuchern, dass wir jetzt nachhaltig sind.“

„Das ist einfach ein dirty Business"

Als ersten Schritt hat Milky Chance ebenfalls einen grünen Rider. Außerdem gibt es weniger, dafür nachhaltig produzierten Merch und keinen Online Shop mehr. Als nächstes will man den CO2-Fußabdruck der Band erheben und dann bei den größten Emissionsposten ansetzen.

Die Innitiative steht erst am Anfang. Klar ist aber auch hier: „Man kann bisher noch nicht eine ganze Tour nachhaltig planen. Wir versuchen es natürlich, aber es ist noch nicht hundertprozentig umsetzbar“, so Mariko Zimmer.

Milky Chance spielt am 28. Februar im Wiener Gasometer.

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