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The Lodge

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Horrorkino mit Fröstel-Faktor: „The Lodge”

Das österreichische Regieduo Veronika Franz und Severin Fiala legt mit „The Lodge“ seinen ersten Hollywood-Schocker vor. Und bleibt dabei traumatischen Themen treu.

Von Christian Fuchs

Ein abgelegenes Haus im Nirgendwo, eine Gruppe von Menschen, die darin langsam verrückt wird: Dieses Szenario kennt man aus einigen großartigen Horrorfilmen. Stanley Kubricks Klassiker „The Shining“ kommt einem als erstes in den Sinn. Aber auch der österreichische Psychothriller "Ich seh Ich seh“ von Veronika Franz und Severin Fiala, der 2014 die Genre-Community begeisterte. Eine alleinerziehende Mutter erlebt darin mit ihren kleinen Zwillingssöhnen in ländlicher Isolation einen wahren Horrortrip.

Der neue Film des Wiener Regieduos, der lange auf sich warten ließ, ist nun mit internationalen Geldern entstanden. Auf der Leinwand tummeln sich Hollywoodstars, im Vorspann findet sich das Logo der britischen Produktionsfirma Hammer, die für ikonische Gruselstreifen verantwortlich zeichnet. Inhaltlich schließt „The Lodge“ aber nahtlos an das grandiose Vorgängerwerk von Franz und Fiala an. Diesmal ist es eine junge Stiefmutter in spe, die mit einem Geschwisterpaar in einer einsamen Hütte eingesperrt ist.

The Lodge

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Die Familie als Ursprung des Grauens

Dabei lauern weder die in Hollywood so omnipräsenten computeranimierten Geister im Schrank noch nähern sich Untote aus der Ferne. Die üblichen Kinomonster haben bei Veronika Franz und Severin Fiala keinen Platz. Die sympathischen Filmemacher aus dem Umfeld von Ulrich Seidl setzen erneut auf psychologischen Schrecken. Und auf ihr bevorzugtes traumatisches Thema: Die dysfunktionale Familie als Ursprung des Grauens.

Schon die Ausgangssituation lässt nichts Gutes ahnen. Nachdem sich der Journalist Richard von seiner depressiven Ehefrau getrennt hat, will er seine neue Verlobte den Kindern näherbringen. Aber die beiden Sprösslinge hassen die junge Grace und verweigern den Kontakt. Also kommt Richard auf die glorreiche Idee eines erzwungenen gemeinsamen Weihnachtsurlaubs, der die zukünftige Patchwork-Familie vereinen soll.

Während sich der Vater nach der Ankunft in dem abgeschiedenen Wochenendhaus gleich wieder Richtung Stadt verabschiedet, bleiben Aidan und Mia mit Grace zurück. Dass die Frau eine mehr als dunkle Vergangenheit in einer religiösen Selbstmord-Sekte hat, hebt nicht gerade die Laune der Kinder. Statt Feiertags-Feeling zieht schnell eine beklemmende Stimmung in die Hütte ein, die Kommunikation ist bald am Nullpunkt.

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Ein Hauch von „The Shining“

Als ein Schneesturm das Gebäude von der Umwelt abtrennt, eskaliert die Situation. Gespenstische Dinge passieren, der Strom fällt aus, die Nerven liegen blank. „The Lodge“ verzichtet auf billige Jumpscares, stattdessen geht die eisige Atmosphäre konsequent unter die Haut.

Mit dem griechischen Kameramann Thimios Bakatakis haben Franz und Fiala eine besonders gute Wahl getroffen. Schon dessen eindringliche Weitwinkel-Bilder für Filme von Yorgos Lanthimos („The Lobster“, „Killing of a Scared Deer“) erinnerten an Meisterwerke von Stanley Kubrick. Auch „The Lodge“ bekommt dadurch einen Hauch von „The Shining“, ohne nur eine Minute lang epigonisch zu wirken.

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Und dann sind da die Schauspieler*innen in diesem bewusst langsam inszenierten Horrordrama. An erster Stelle die fantastische Riley Keough, wahlweise als Indie-Star in Werken von Steven Soderbergh und Lars von Trier oder als Enkelin von Elvis Presley bekannt. Vielschichtig und undurchschaubar spielt sie den seelischen Verfall der mysteriösen Grace.

Jaeden Martell (aus beiden „It“ Teilen und „Knives Out“ vertraut) und Lia McHugh (demnächst in Marvels „Eternals“) überzeugen als grimmige Kinder. Alicia Silverstone, wenn sich noch wer an „Clueless“ erinnert, hat einen verstörenden Kurzauftritt.

„The Lodge“ fügt sich nicht nur bestens in die aktuelle Welle faszinierender Arthouse-Schocker ein. Das besonders Schöne ist, dass der Blickwinkel von Veronika Franz und Severin Fiala den Film dominiert, ihre spezielle Sicht auf familiäre Abgründe. Verwechselbare Filme nach Einheitsstrickmuster gibt es ohnehin genug. Hier haben zwei österreichische Filmemacher in Hollywood um ihre Vision gekämpft, erfolgreich glücklicherweise.

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