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Gruppenfoto Präsentation zum Saisonauftakt der Österreichischen Bundesliga

APA/ROLAND SCHLAGER

Blumenaus 20er-Journal

Die heimische Bundesliga am Scheideweg

Zwischen Amateurismus und europäischer Spitze, untermalt von klatschend eingebetteten Journalisten: der österreichische Klub-Fußball erwacht aus dem Winterschlaf.

Von Martin Blumenau

Es ist sicher nur ein blöder Zufall, aber unfreiwillig symptomatisch: für die heutige Frühjahrs-Auftakt-Pressekonferenz der Bundesliga hab ich keine Einladung bekommen, nur ein Info-Mail darüber, wie ich den Livestream davon embedden kann.

Genauso funktionieren Profi-Sport und Medien in Österreich: Man ist eingebettet, Teil des Ganzen, sowohl im Fremd- als auch im Selbstbild für die Öffentlichkeitsarbeit und PR zuständig. Man argumentiert und denkt im „wir“ und „uns“, und versucht die Aktie des Berichterstattungs-Objekts hochzupushen; weil man letztlich auch selber davon profitiert, quasi Anteilzeichner einer patriotischen Aktie ist. Deswegen moderiert auch eine Journalistin des Host-Broadcasters; und deshalb applaudieren die anwesenden Journalisten. Man stelle sich das bei einer Polit-PK vor. Immerhin, ganz so plump wie früher wo der Bundesliga-Vorstand um „good news“ bat, weil es dann doch auch mehr Inserate geben würde, ist die Präsentation vor dem Saisonstart (am Freitag geht’s los, wiewohl ja schon letztes Wochenende Cup-Viertelfinale gespielt hat; es holpert also) nicht mehr.

Denn inhaltlich steht die Liga aktuell so gut da, dass man mittlerweile schon echte Medienberichterstattung zulassen bzw. anstreben könnte. Liga-Vorstand Ebenbauer kann bei zwei von fünf langfristigen Zielen fast schon ein Hakerl druntermachen (und das hat noch vor wenigen Jahren nicht danach ausgesehen): die über Jahre gezogene Verschärfung der Lizenzierungs-Maßnahmen hat eine ökonomische Basis gelegt; die fast ebenso lang dauernde Infrastruktur-Initiative hat ein (angesichts der vielen Dorf-Klubs limitiertes) Level erreicht, auf dem sich aufbauen lässt. Solange große Stadien in Linz, Innsbruck, Klagenfurt oder Graz nicht oder zu wenig genutzt werden, wird’s mit Ziel 3 (einem fünfstelligen Zuschauerschnitt) schwierig. Ziel 4, mehr Vereine als nur Salzburg in die erweiterte europäische Spitze zu bringen, benötigt Anstrengungen, die jenseits der Liga-Einsatzes liegen (und scheitert aktuell an der Plan- und Philosophielosigkeit der drei Groß-Klubs aus Wien und Graz).

Für ein anderes Ziel, eine Professionalisierung des Umfelds (Management etc.), hat die Liga einen Campus voller Weiterbildungs-Angebote auf die Beine gestellt; neben den Schulungen zur baldigen Einführung des Video-Schiris ist das der (wenig beachtete) Schwerpunkt der nächsten Zeit. Und bitter nötig, wie die Parade der sportlichen Verantwortlichen zeigt, die bei der Pressekonferenz ihre Vereine repräsentierten: Ein Drittel der 12 Top-Klubs des Landes verfügen nämlich über keinen sportlichen Leiter. Bei Mattersburg macht es der Trainer nebenbei mit (auf Geheiß des Fürsten, dem der SVM gehört), und auch bei Hartberg, Wolfsburg und sogar dem LASK sind die Präsident*innen zu mächtig (und gleichzeitig zu klamm) um einen hauptamtlichen Checker zu installieren. Dort nehmen sich die Vize-Präsidenten oder die wirtschaftlichen Geschäftsführer der sportlichen belange an; bei Hartberg ist der sportliche Leiter ehrenamtlich tätig, weshalb man den Co-Trainer zum Nebenbei-„Sportkoordinator“ ernennen musste, um überhaupt jemanden nach Wien schicken zu können. Das ist alles mehr als amateurhaft, und im Schnitt nicht viel besser als die Situation in Liga 2, die ganz offen einen ambitionierten Amateurismus lebt.

Dass auf einem anderen Gebiet, dem weiten Feld des Merchandising noch eine Menge Luft nach oben ist, belegt diese ganz aktuelle Umfrage von laola1.at und ihr beschämend vierstelliges Ergebnis.

Sportlich decken die großen internationalen Erfolge von Salzburg (samt seinem Youth League-Team, das im Gegensatz zu den großen die Gruppen-Phase geschafft hat), dem LASK und auch dem WAC einiges zu: vor allem das Level im unteren Play-Off ist überschaubar und die Leistungen von Austria, Sturm und Rapid nivellieren sich eher nach unten als nach oben. Einzig Hartberg mit Markus Schopp leistet angesichts des Potentials Überdurchschnittliches.

Während nun Salzburg wegen seines mittlerweile gefestigten Masterplans und der LASK wegen seiner auf Stabilität basierenden Aufwärtsentwicklung zumindest die nächste Zeit lang ihr Level halten werden/können, wird es an der dritten österreichischen Mannschaft liegen, die im letzten Jahr international nachhallendes auf den Platz bringen konnte. In Wolfsberg entscheidet sich’s: Angesichts radikaler Einschnitte (der Coach, der Captain, das Mittelfeld-Hirn und ein treffsicherer Stürmer sind weg) besteht nämlich die Gefahr, dass das seit Herbst 2018 anhaltende Erfolgs-Modell nur ein Zufall oder doch Produkt von dahinterstehenden Überlegungen war.

Trifft ersteres zu, werden die Lavanttaler nur eine Fußnote der auslaufenden Zehner-Jahre bleiben, ist zweiteres richtig, ist eine Etablierung im Liga-Establishment möglich. Daran sind in den letzten Jahren schon allzu viele Vereine gescheitert: Ried, Grödig, Altach, Mattersburg, St.Pölten, Neustadt, Pasching, Admira, Innsbruck...

Und nur dann, wenn diese Gruppe von kleineren Klubs aus der 2. Reihe, egal ob aus dem Dorf, der Kleinstadt oder der Landeshauptstadt den Etablierten, den sogenannten Groß-Klubs Druck machen kann, wird auch eine Steigerung des Levels (egal ob spielerisch oder auch im Umfeld) erfolgen. Solange sich schlecht arbeitende Großkopferte sicher sein können, dass ihnen keine ernsthafte Gefahr des dauerhaften Abrutschens aus den Top 5 (die regelmäßig an die internationalen Fleischtöpfe kommen) droht, werden sie nicht mehr als nur das Nötigste unternehmen und weiter nur schmale Kost anbieten. Auch im Wissen darum, dass sie sich keiner ernsthaften Medien-Kritik stellen müssen, sondern bestenfalls aufgebauschte Boulevard-Shitstorms überleben müssen, die ohnehin nach kurzer Zeit zusammenfallen wie ein schlechtes Soufflé. Solange Mittelmaß für Helden-PR reicht, wird auch die Export-Quote nicht besser: Denn bis auf die WACler Struber, Sollbauer und Ritzmaier hat es wieder einmal kein Österreicher von der Bundesliga aus ins Ausland geschafft.

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