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Still aus dem Film "Sonic the Hedgehog"

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Blauer Igel sucht Anschluss

Ein Realfilm mit einer animierten Computerspielfigur, Aufregung wegen eines unglücklichen Filmtrailers und Jim Carrey als schauspielerischer Höhepunkt: „Sonic the Hedgehog“ ist als Leinwandunterhaltung nicht glorreich, bietet aber genügend Diskussionsstoff.

Von Robert Glashüttner

Die Liste an Computerspielverfilmungen wird von Jahr zu Jahr länger. Neu hinzugekommen ist nun eine Figur, die auf der Leinwand besonders ungewöhnlich ist, denn sie hatte als Spielfigur bisher so gut wie keine Backstory: „Sonic the Hedgehog“. Im Film kommt der 1991 vom japanischen Games-Konzern Sega als neues Maskottchen entwickelte, blitzschnelle Igel aus einer fremden Dimension, in der er ständig für seine immensen Kräfte gejagt wird.

Still aus dem Film "Sonic the Hedgehog"

Paramount Pictures

Lauf, Sonic, lauf!

Sein Mentor - eine weise Eule - drängt Sonic schließlich dazu, sich mittels magisch-goldener Teleportringe auf die Erde zu transportieren. Dort wohnt das seltsam-quirlige Wesen fortan in einer Höhle, versteckt und unentdeckt von den Menschen. Aus Langeweile entwickelt das Wesen eine bleibende Faszination für die Spezies Mensch. Besonders befremdlich wirken diese aber auf ihn nicht, denn abgesehen vom Äußeren ist Sonic wie ein noch etwas orientierungsloser jugendlicher Mensch gezeichnet, der Anschluss sucht.

Realfilm mit Animationsigel

Im Gegensatz zu diversen Sonic-Trickfilmserien aus den 1990er Jahren wurde der Spielfilm „Sonic the Hedgehog“ interessanterweise nicht animiert, sondern als Realfilm gedreht. Sonic selbst ist zwar animiert (gesprochen von Ben Schwartz, dessen Mimik auch via Motion Capture eingefangen wurde), aber alles andere ist normal abgefilmt. Das führt dazu, dass es eine große visuelle Diskrepanz zwischen der animierten Figur und der restlichen Filmwelt gibt.

Passend dazu entwickelte sich vor knapp einem Jahr ein veritabler Shitstorm, als der erste Trailer zu „Sonic“ Anfang April 2019 debütierte. Der Igel war dabei recht verstörend als seltsamer Hybrid aus Mensch und Cartoonfigur animiert und sorgte deshalb bei Fans für viel Aufruhr. Weil diese Version von Sonic zu abstoßend gewirkt hat, haben die zuständigen Produktionsstudios das Design der Figur grundlegend überarbeitet und sich dabei wieder mehr am Look der Videospiele orientiert.

Apropos Videospiele: Die markanten Elemente aus den „Sonic“-Games sind erstaunlich originalgetreu in den Film übernommen worden: der von Jim Carrey hervorragend und erwartungsgemäß überdreht gespielte Bösewicht Dr. Robotnik, die immense Laufgeschwindigkeit von Sonic und die goldenen Ringe zum raschen Ortswechsel.

Still aus dem Film "Sonic the Hedgehog"

Paramount Pictures

Sonic vor dem Facelift

Abseits dieser sehr markanten Kennzeichen gab es bei einem 20 Jahre alten Jump-’n’-Run-Game allerdings wenig, aus dem die Filmemacher*innen schöpfen konnten. Es ist ein bekanntes Problem: Wenn aus einer bekannten Videospielserie ein Film werden soll, gibt es dafür in der Regel nicht die besten Grundvoraussetzungen. Ein Game lebt vor allem von seiner Interaktivität - nimmt man diese weg, bleibt oft nicht viel übrig. Meist müssen dann Elemente und Geschichten dazuerfunden werden, damit es wieder interessant wird. So ist das etwa auch mit den Verfilmungen von „Tomb Raider“, „Prince of Persia“ oder „Assassin’s Creed“ passiert.

Erstaunliche Relevanz

Obwohl es in den letzten zehn Jahren kaum nennenswerte neue „Sonic“-Computerspiele gegeben hat (außer solche, die auf die Originale aus den frühen 1990er Jahren Bezug nehmen oder diese neu auflegen), ist „Sonic the Hedgehog“ über viele Altersgrenzen hinweg bis heute eine erstaunlich populäre Figur geblieben. Ursprünglich wurde das Maskottchen des traditionellen Videospielkonzerns Sega im Jahr 1990 als Konkurrent zu Nintendos Mario eingeführt. So wie er sollte auch Sonic (visuell) sehr markant sein, was mit der kugeligen Form, der hohen Geschwindigkeit, dem leuchtend blauen Fell und den bunten Sneakers wirkungsvoll geglückt ist.

Aufgrund von Sonics universeller Attraktivität, die auch - wiederum wie Mario - kulturelle Ost-West-Barrieren mühelos überwindet, versucht auch der Film für unterschiedliche Zielgruppen attraktiv zu sein. „Sonic the Hedgehog“ wird kindgerecht inszeniert; der Igel wird als verspielte, jugendliche Figur gezeichnet: neugierig und motiviert, aber auch weitgehend planlos und noch auf der Suche. Im Laufe des Films findet Sonic einen guten Freund, der ihn beschützt (Provinz-Sheriff Tom, gespielt von James Marsden), und es gibt mit Dr. Robotnik den comichaft überzeichneten Gegenspieler, dessen Genialität und Hybris für einige amüsante Szenen sorgen.

Still aus dem Film "Sonic the Hedgehog"

Paramount Pictures

Jim Carrey als Dr. Robotnik

„Sonic the Hedgehog“ ähnelt vom Wesen her bunten Games-Filmen wie „Angry Birds“ oder „Ralph reichts“, die zwar kaum gute Kritiken einheimsten, aber trotzdem wirtschaftlich erfolgreich waren. In Sachen Dramaturgie und Storytelling bedeutet das keinen großen Wurf, aber solide Familienunterhaltung, die ziemlich sicher dafür sorgen wird, dass die alten Games-Klassiker aus den 1990er Jahren in den kommenden Monaten wieder öfter gespielt werden.

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