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Buchcover von Bov Bjergs Roman "Serpentinen"

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Bov Bjergs Roman „Serpentinen“ ist sehr schwerer Stoff

Der deutsche Autor Bov Bjerg hat aus seinem preisgekrönten Bachmann-Text „Serpentinen“ einen Roman über eine Selbstmörderdynastie gemacht, der sehr düster ist und einen vielleicht deshalb nicht loslässt.

Von Simon Welebil

2015 hat Bov Bjerg mit dem Roman „Auerhaus“ erstmals literarisch groß aufgezeigt, was ihm 2018 auch eine Einladung zum Wettlesen beim Bachmannpreis eingebracht hat. Sein Text Serpentinen, da war sich die Jury einig, ist „ein starker Text“, der auch mit dem Deutschlandfunkpreis ausgezeichnet wurde.

Es ist aber auch ein Text, in dem der Protagonist seinem Sohn etwas verheimlichen will. Was das ist, wird jetzt klar. Denn wie schon damals zu erwarten war, ist der Bachmannpreis-Text nur der Auftakt zu einem Roman gewesen. Der heißt ebenfalls „Serpentinen“, ist jetzt erschienen und um einiges düsterer, als man erwaten konnte.

Eine Dynastie von Selbstmördern

„Um was geht es“ ist der erste Satz in Bov Bjergs Roman, und bezogen auf den Roman ist das auch scheinbar schnell umrissen. Ein Mann fährt allein mit seinem siebenjährigen Sohn in die Ferien, von Berlin in die schwäbische Provinz, aus der der Protagonist stammt. Doch gleich zu Beginn erfahren wir Dinge, die so gar nicht zu gewöhnlichen Ferien passen. Dass der Name, den er im Hotel angibt, falsch ist, etwa. Oder dass sein Handy, das man heutzutage kaum aus den Augen lassen mag, abgeschaltet in einer Blechdose liegt. Er will nicht gefunden werden.

Bei einem Mann mit seiner Familiengeschichte, kann das durchaus Grund zur Sorge sein, denn all seine männlichen Vorfahren sind auf unnatürliche Weise umgekommen. Sie haben sich ertränkt, erschossen, erhängt. Beim Tod seines eigenen Vaters war der Protagonist Zeuge.

„Solange der Vater da war, warst du unsterblich. Wenn der Vater tot war wusstest du: Du bist als nächster dran.
Mein Vater war nicht nur tot. Er zeigte auch den Weg. Ich konnte ihm hinterhergehen.
Jedes Scheitern erinnerte an diesen Weg.
Bald war es so weit. Ich würde den Jungen nicht im Stich lassen.“

Bov Bjerg - Serpentinen

Claassen

„Serpentinen“ von Bov Bjerg ist im Claassen Verlag erschienen. Am 20.02.2020 um 19:00 liest der Autor im Literaturhaus Graz aus dem Roman.

Gibt es einen Ausweg?

Sein bisheriges Leben hat er versucht, dem Schicksal seiner Ahnen zu entgehen. Er ist vom Land in die Hauptstadt geflüchtet, hat eine akademische Karriere gemacht, selbst den Namen gewechselt, doch auch er fühlt einen Todestrieb in sich, der immer stärker wird.

Was ihn noch davon abhält, sich das Leben zu nehmen ist, dass er seinen Jungen liebt. Er will ihm positive Erinnerungen hinterlassen und will nicht, dass der Junge ohne seinen Vater aufwachsen muss. Dass es für Letzteres allerdings mehr als eine Möglichkeit gibt, führt uns der Autor mehrmals recht deutlich vor Augen, etwa als er beschreibt, wie einfach es doch wäre, ein schlafendes Kind mit einem Polster zu ersticken.

Scheitern bedeutet nicht das Ende

Bov Bjergs „Serpentinen“ ist ein düsterer Roman, in dem der „Schwarze Gott“, wie er ihn nennt, seine Macht ausübt, die sich aus der Vergangenheit aus Gewalt, Nationalsozialismus und einem strengen Katholizismus nährt. Doch Bov Bjerg arbeitet sich nicht nur an der Vergangenheit ab, sondern vor allem auch an der Gegenwart. Er setzt sich mit Rollenbildern auseinander, vor allem der Vaterrolle, mit Unsicherheiten, mit unvermeidlichem Scheitern.

Dabei setzt Bjerg auf eine klare Sprache, einfache Dialoge, auf viele Wiederholungen und starke Metaphern. Stellenweise schnürt einem der Roman beim Lesen die Kehle zu, so brutal sind die Gedanken des Vaters, doch wie lieb die beiden dann in dieser bedrückenden Situation miteinander umgehen, wie sich der Vater bemüht, alles richtig zu machen und der Junge dessen Schwächen überspielt, lockert das Ganze dann doch wieder auf. Wer nicht zu zart besaitet ist, sollte sich von Bov Bjerg durch seine „Serpentinen“ führen lassen.

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