FM4-Logo

jetzt live:

Aktueller Musiktitel:

Liam Gallagher live im Wiener Gasometer

Christian Stipkovits

Liam Gallagher ist der letzte echte Rock’n’Roll Star

Das ausverkaufte Wiener Gasometer hat sich gestern in eine Zeitmaschine verwandelt.

Von Alica Ouschan

Überall laufen Männer in dunkelgrünen, langen Trenchcoats herum. Die Spannung in der Halle des Gasometers ist bis in die letzte Ecke spürbar. Das Publikum ist ungeduldig, die Leute pfeifen, klatschen und grölen schon, bevor es überhaupt losgeht.

Dann erklingt ganz laut der Manchester City Champions Chant - die Menge singt begeistert mit - und ein actionreiches Intro-Video kündigt den Star des heutigen Abends an. Liam Gallagher weiß, wie er Spannung aufbaut. Zur Musik des Oasis Songs „Fucking in the Bushes“ spaziert Liam gemütlich auf die Bühne, überraschenderweise heute nicht im dunkelgrünen, sondern im weißen Parka.

Sprechchöre wie im Stadion

Ab dem Moment, als er die Bühne betritt, rastet das Publikum komplett aus. Bier wird verschüttet, Becher fliegen durch die Luft - einer direkt in Liams Richtung. „Why you pissing on me, you fucking cunt?“ sind die ersten Worte, die er an diesem Abend an seine Fans richtet. „First of all, I can’t see you. And second of all - I’m a Rock’n’Roll Star“.

Die Stimmung ist sofort am Kochen. Die Fans singen lauter mit als betrunkene Manchester Fans im Stadion. Liam macht kaum Ansagen zwischendurch, muss er aber auch nicht: Begeisterte „Liam, Liam“-Sprechchöre überbrücken die Pausen zwischen den Songs.

Hier werden noch Leute auf die Schultern genommen

Das Publikum ist eine bunte Mischung aus jungen Leuten, jung gebliebenen Oasis-Fans und sogar Eltern, die ihre kleinen Kinder mitgenommen haben. Anstatt hunderter gezückter Handys sieht man überall vor Begeisterung in die Luft gestreckte Arme und Leute auf den Schultern (of giants).

Liam spielt nach dem Oasis-Opener seine bekanntesten Solo-Songs aus den letzten drei Jahren. Mit Songs wie „Wall of Glass“ scheint er endlich wieder zum guten alten Oasis-Sound zurück gefunden zu haben - aber eben auf seine ganz eigene Art.

Kein Platz für sexuelle Belästigung

Irgendwann fängt Liam plötzlich doch an, mit dem Publikum zu sprechen. Genauer gesagt mit einem einzigen Typen, der versucht hat, eine Frau anzufassen. Liam sieht es und prangert das Verhalten augenblicklich an. „He was there and now he fucked off, fucking cunt but I saw him. Fuck right off!“ Liams Aktion wird mit lautem Beifall belohnt, der Typ ist plötzlich verschwunden.

Liam Gallagher live im Wiener Gasometer

Christian Stipkovits

Der Zwischenfall scheint schnell vergessen, als Liam den nächsten Song „For what it’s worth“ anstimmt und die Hook selbst gar nicht mehr mitsingen muss, weil das Publikum kurzerhand seinen Job übernommen hat. Er gibt ein Shoutout an seinen Sohn, der nicht nur mit auf Tour ist, sondern bei den Konzerten sogar an den Drums sitzt. Vater und Sohn trommeln gemeinsam in Harmonie, fremde Menschen liegen sich überall in den Armen - das Konzert ist vollgepackt mit schönen, herzlichen Momenten.

What’s the story, Morning Glory?

Endlich passiert das, worauf alle insgeheim gewartet haben: Liam beginnt die Oasis-Classics rauszuhauen, einen nach den anderen. Gestartet wird mit „Morning Glory“ und die Fans, die spätestens jetzt eigentlich schon total heiser sein müssten, singen noch lauter mit als davor.

Oasis-Original Gitarrist Paul „Bonehead“ Arthurs spielt sich beim Solo von „Gas Panic!“ die Seele aus dem Leib. Nach dem Hit „Live Forever“ verlassen Liam und sein Ensemble aus Band und Backgroundsängerinnen die Bühne, nur um unter lautem Jubel und Applaus wieder zu kommen und „Champagne Supernova“ zu spielen. Die Show hat ihren Höhepunkt erreicht.

Nach etlichen Zugabe-Rufen, ist der glorreiche Abschluss des Konzerts mit „Cigarettes & Alcohol“ vollbracht. Zurück bleibt ein Publikum auf Wolke Sieben. Einen bitteren Beigeschmack hinterlässt einzig und allein die Tatsache, dass im wahrscheinlich einzig denkbaren Szenrio, in dem man sich auf „Wonderwall“ gefreut hätte, ausgerechnet dieser Song ausgelassen wurde.

Liam zieht die Kapuze seines weißen Parkas tief uns Gesicht und bedankt sich beim Publikum. Er ist der letzte übrig gebliebene Rockstar einer anderen Zeit. Und seine Fans sind verdammt froh darüber, dass er diese Zeit auf magische Art und Weise ins Hier und Jetzt holt.

mehr Musik:

Aktuell: