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Isobel Campbell

Ashley Osborn

Musik wie Balsam für die Seele

Isobel Campbell war noch ein Teenager als sie Teil der schottischen Indie-Pop-Sensation Belle and Sebastian war. Nach längerer Abwesenheit veröffentlichte Isobel Campbell jetzt wieder ein Album: „There Is No Other“ ist Balsam für die Seele.

Von Eva Umbauer

Sie war die „Belle“ in Belle and Sebastian, sie war die Stimme von Songs wie „Is It Wicked Not To Care“ und Isobel Campbell war auch Backing-Sängerin, Cellistin und Keyboarderin bei Belle And Sebastian. Anfang der 00er Jahre verließ sie die Band. Da hatte sie bereits unter dem Namen „The Gentle Waves“ Soloplatten mit Dream-Folk veröffentlicht.

Später machte Isobel Campbell auch drei Alben zusammen mit der Seattle-Grunge-Legende Mark Lanegan - eine ungewöhnliche Paarung, aber eine, die definitiv nicht uninteressant war: brütende Americana-Torch-Songs waren das Ergebnis dieser Trilogie.

Das neue Album von Isobel Campbell hätte schon vor ein paar Jahren erscheinen sollen. Es war auch bereits fertiggestellt, aber dann kam die Plattenfirma, die es veröffentlicht hätte, in Schwierigkeiten. Isobel musste die Rechte an den Songs zu sich zurückholen, und das dauerte. Fast wäre sie verzweifelt an der Situation, dass diese Songs vielleicht nie zu hören sein würden.

Betörende Songs

Wäre auch ewig schade gewesen, wenn diese wahrlich betörenden Songs der Isobel Campbell nie das Licht der Welt erblickt hätten. Es dauerte schließlich ohnehin schon eine Weile, bis sie endlich fertig waren. Dass alles insgesamt vierzehn Jahre umspannen würde, damit hatte aber niemand gerechnet, weder die Künstlerin selbst, noch ihre loyalen Fans, und die hat Isobel Campbell ja seit ihrer Zeit mit Belle and Sebastian. Mit dem neuen Album dürfen neue hinzukommen. „There Is No Other“ ist auf eine Weise ja auch ein Neustart.

Manchmal glaubt man in den neuen Songs von Isobel Campbell einen kurzen Moment lang, tatsächlich die Belle straight out of Belle and Sebastian zu hören, obwohl das so lange her ist und Isobel Campbell heute viel eklektischere Musik macht, als damals mit den schottischen Chamber-Pop-Lieblingen.

Isobel Campbell liebte damals britische Musik wie die der Beatles oder der Kinks. Später entdeckte sie den sensiblen amerikanischen Sixties-Country-Folk von Musikern wie den Byrds oder Gram Parsons. Um letzteren rankt sich eine Legende um sein Grab im Joshua Tree Nationalpark, einer Wüstenlandschaft in Kalifornien, nicht allzu weit weg von Los Angeles. In dieser Stadt ist die Schottin Isobel Campbell inzwischen ansässig, und so gibt es mit „City Of Angels“ auch eine bittersüße Ode an L.A.

„Los Angeles is such a weird and wonderful place, seductive yet overwhelming“, sagt Isobel Campbell. Es ist eine verführerische Stadt, in vielerlei Hinsicht, aber auch eine, die das Potential hat, einem zu viel zu werden.

Isobel Campbell

Cooking Vinyl

Im Song „Boulevard“ geht es dann um die große Obdachlosigkeit, die in Los Angeles zu finden ist, um die Kluft zwischen Reich und Arm. „Boulevard“ hat Streicherarrangements und ein Vibrafon - ein Schlaginstrument mit metallenem Klang. „Driving down he boulevard, this is where the hungry meet“, singt Isobel Campbell in „Boulevard“.

Isobel Campbell möchte Musik machen, Songs schreiben wie ihre musikalischen Heldinnen und Helden sie erschufen, sagte Isobel Campbell einmal in einem Interview. Das ist klassischer Old-School-Songwriter-Pop, wie ihn etwa der Amerikaner Tom Petty spielte. Einen seiner Song covert Isobel Campbell dann auch auf „There Is No Other“, nämlich „Running Down A Dream“. Der Synthesizer pulsiert sanft, wo im Original eine Gitarre war.

Diese neuen Songs von Isobel Campbell beinhalten also auch durchaus moderne Elemente. Das Stück „Rainbow“ etwa verbindet brasilianische Bossa-Nova-Klänge mit krossen, knusprigen Electro-Rhythmen. Isobel Campbell ist obendrein eine begnadete Songschreiberin, auch wenn sie stets betont, dass ihr das nicht leicht fällt.

Hilfe bei der Entstehung der neuen Songs hatte sie von ihrem Mann, Chris Szczech, einem Musiker und Tontechniker. Ansonsten kamen nur wenige Mitspieler*innen hinzu, etwa Elijah Thomson aus der Band von Father John Misty oder Dave McGowan von den schottischen Indierock-Legenden Teenage Fanclub.

Albumtitel

Der Albumtitel „There Is No Other“ bezieht sich auf einen Gruß des antiken Volkes der Maya in Mittelamerika. Isobel Campbell kam darauf, als sie sich mit Meditation beschäftigte. Überhaupt hat „There Is No Other“ etwas Meditatives, auch wenn man beim Hören schon mal von einem Gospel-Chor aufgerüttelt wird, wie beim Country-Soul-Pop-Song „Hey World“.

In „The Heart Of It All“ geht es um das Thema Umwelt. „We poison the ocean and we frack the earth“, singt Isobel Campbell, wärend sie in „Counting Fireflies“ die winzigen Glühwürmchen zählt, und im letzten Song am Album, „Below Zero“, fährt Isobel Campbell dann noch die Krallen aus: „Tired of all the bullshit, playing nice“, singt sie mit dieser leicht nasalen, sanften Stimme: „Tired of shadow boxing, skating on thin ice“. Einen anderen Song nennt Isobel Campbell „The National Bird Of India“. Sie mag zarte Psychedelik.

Sie hat genug vom Schattenboxen und davon auf hauchdünnem Eis Schlittschuh zu fahren. Aber jetzt ist das Album ja endlich da. Und nächstes Mal, das musst du uns versprechen, Isobel „Belle“ Campbell, lässt du uns nicht mehr gar so lange warten! Wir können einfach nicht ohne deine Musik, ohne einen Folk-Pop-Song wie „Ant Life“, mit seinem metronomischen Puls und flirrenden Synthie-Einsprengseln.

„There Is No Other“ von Isobel Campbell ist bei Cooking Vinyl erschienen.

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