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APA/AFP/Raul ARBOLEDA

Europäischer Drogenbericht 2019: Konsum, Handel und Substanzen

Einmal im Jahr veröffentlicht die Europäische Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht ihren Bericht. Darin werden Daten von 30 Ländern verglichen.

Von Alica Ouschan

Auf knapp hundert Seiten wird alles, was mit Drogen im europäischen Kontext zu tun hat, zusammengefasst. Der europäische Drogenbericht vergleicht nicht nur, welche Substanzen konsumiert werden, sondern auch, wie sich die Substanzen im Lauf der Zeit verändert haben.

Ziel ist es, den illegalen Drogenmarkt und -konsum zu überblicken, um die Probleme frühzeitig zu erkennen sowie den Konsum von illegalen Substanzen zu reduzieren und sicherer zu machen.

In der gesellschaftlichen Wahrnehmung wird Drogenkonsum aufgrund der damit verbundenen Gefahren oft stark problematisiert. Dabei konsumieren wesentlich weniger Menschen illegale Rauschmittel, als man vielleicht denkt: Etwa ein Drittel der europäischen Bevölkerung hat zumindest einmal im Leben eine illegale Droge ausprobiert. Der Anteil derer, die regelmäßig konsumieren, ist wesentlich geringer.

Du und deine Drogen

Themenschwerpunkt rund um Suchtmittel und Drogenkonsum

Von Montag bis Mittwoch, 24.-26.2.2020, auf Radio FM4

Cannabis nach wie vor auf Platz 1

Etwa 17,5 Prozent der europäischen Gesamtbevölkerung haben innerhalb der letzten 12 Monate einmal oder mehrmals Gras geraucht. Mindestens einmal im Jahr zu konsumieren, wird im europäischen Drogenbericht als Richtwert für regelmäßigen Konsum gesehen.

Cannabis ist die Droge, die am häufigsten ausprobiert wird und die von allen Altersgruppen am häufigsten konsumierte illegale Droge. Obwohl der Drogenkonsum in Summe seit Jahren relativ stabil ist, gibt es beim Cannabiskonsum einen leichten Anstieg zu verzeichnen. Von den Personen, die in ambulanten und stationären Suchthilfestellen in Behandlung genommen wurden, hat die Hälfte über mehrere Jahre lang täglich gekifft.

Die am zweithäufigsten konsumierte illegale Droge in Europa ist Kokain. Allerdings koksen nur von 2,1 Prozent der Gesamtbevölkerung. Bei anderen illegalen Drogen wie MDMA, Amphetaminen oder Heroin sind es noch weniger. MDMA ist übrigens die Droge, die am häufigsten in Kombination mit anderen Drogen konsumiert wird - meistens in Verbindung mit Alkohol, Cannabis oder Kokain.

Anfang der 2010er Jahre sind die sogenannten „neuen psychoaktiven Substanzen“ aufgetaucht. Der Konsum von unbekannten Substanzen hat sich aber in Grenzen gehalten - die Substanzen sind fast genauso schnell wieder verschwunden, wie sie aufgetaucht sind, weil die Wirkung nicht einschätzbar war und eine ungefährliche Dosierung schwierig.

Die illegale Droge mit den meisten Folgetoten bleibt nach wie vor Heroin. Bei der Opioidabhängigkeit hat sich aber in den letzten Jahren ebenfalls einiges verändert. Seit den 1970er Jahren geht die Zahl der Heroinabhängigen in Europa erstmals zurück. In Österreich ist etwa die Hälfte der heroinabhängigen Personen auf Substituten. Dadurch kann Rückfällen besser vorgebeugt werden.

Eine Frage des Geschlechts?

Bemerkenswert sind die Geschlechterunterschiede in Bezug auf illegale Drogen. Weitaus mehr Männer konsumieren und haben Probleme mit Abhängigkeiten. Europaweit gibt es bei der Aufnahme in Behandlung ein Verhältnis von 80 Prozent Männern zu 20 Prozent Frauen.

Konsumiert wird meist von jungen Leuten. Viele der angeführten Drogen werden nur in einer kurzen Phase des Lebens, meist drei bis fünf Jahre lang, ausprobiert und danach wieder aufgegeben. Das Durchschnittsalter der regelmäßigen Konsument*innen steigt nur bei legalen Drogen wie Alkohol und Tabak und bei Opioiden, die stark abhängig machen.

Österreich liegt übrigens im Vergleich mit den anderen europäischen Ländern in jeder Statistik ziemlich genau im Mittelfeld.

Entwicklungen am Drogenmarkt

Entwicklungen am europäischen Drogenmarkt betreffen vor allem die Entkriminalisierung und Legalisierung von Cannabis - überall in Europa werden Gesetze gelockert, der Verkauf von CBD ist mittlerweile in vielen Ländern (auch in Österreich) legal. Auch der Tenor der Justiz geht beim Drogenthema allgemein weg von einer Bestrafung. Wer beim Konsum von illegalen Drogen erwischt wird, wird nicht eingesperrt, sondern bekommt Hilfe und Beratung.

Der europäische Drogenbericht wird einmal jährlich von der europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht in 24 Sprachen veröffentlicht.

Hier gibt es den Bericht in voller Länge.

Überall in Europa werden immer öfter illegale Substanzen sichergestellt. Die neuen Technologien vereinfachen zwar den Vertrieb und die Kommunikation zwischen Dealer*in und Kund*in, mittlerweile lassen sich die im Darknet bestellten Substanzen aber auch leichter nachverfolgen als noch vor einigen Jahren.

Rapide verändert hat sich die Dosierung in harten Partydrogen wie Ecstasy: Hat eine Pille vor 10 Jahren durchschnittlich noch circa 80 Milligramm MDMA enthalten, liegt der heutige Durchschnitt bei etwa 180 Milligramm MDMA, Tendenz weiterhin steigend. Im Labor von CheckIt! - einer Drogenberatungsstelle in Wien - wurden Pillen getestet, die über 300 Milligramm MDMA enthalten. Derart hohe Mengen führen zu Überdosierungen, die sogar lebensbedrohlich sein können.

Auch Kokain wird (zumindest im Österreich) immer reiner, was ebenfalls mit Vorsicht zu genießen ist. Einerseits gelangen so weniger unbekannte Streckstoffe in die Substanz, andererseits kann die Dosierung falsch eingeschätzt werden.

Legale Drogen nicht berücksichtigt

Der Drogenbericht deckt dezidiert nur illegale Drogen ab. Alkohol, Tabak und andere Substanzen, die legal zugänglich sind, werden nicht abgebildet. Auch Zahlen zum Missbrauch von Medikamenten sucht man vergeblich. Während zur Medikamentenabhängigkeit auch sonst kaum Statistiken vorhanden sind, gibt es für Alkohol einen eigenen Bericht, laut dem etwa 30 Prozent der Europäer*innen regelmäßig Alkohol trinken. In Österreich konsumieren 14 Prozent der Menschen über 16 Alkohol in einem problematischen Ausmaß oder sind bereits suchtkrank.

Eine weitere Frage, die der Drogenbericht nicht beantworten kann, ist, in welcher Musikszene oder Arbeitsbranche welche Substanzen präferiert werden bzw. am geläufigsten sind. So kann man zwar mutmaßen, dass in Techno-Clubs hauptsächlich MDMA konsumiert wird oder in der Gastro viel gekokst wird, statistische Belege gibt es dazu aber nicht. Laut Informationen von CheckIt! Wien gibt es zwar gefühlt Präferenzen, generell kann aber gesagt werden, dass alle Substanzen in allen möglichen Szenen vertreten sind.

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