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Screenshot Film Just Mercy

Warner Bros.

„Just Mercy“ erzählt von Rassismus im US-Rechtssystem

Der Film „Just Mercy“ zeigt die Geschichte des amerikanischen Juristen und Bürgerrechtsaktivisten Bryan Stevenson und thematisiert die ungleiche Behandlung von Menschen im Rechtsystem aufgrund der Ethnizität.

Von Philipp Emberger

Im Filmtrailer spart „Just Mercy“ nicht mit großen Worten: „Every generation has its hero. Meet ours“ heißt es dort. Dieser Satz vermittelt schon die Heroisierung des 137-minütigen Justizdramas. Der Film selbst spart dann auch nicht mit druckfähigen Zitaten, die so Eingang in jedes Geschichtsbuch finden könnten.

Die Equal Justice Initiative ist eine 1989 gegründete Non-Profit-Organisation, die verschiedenen Personengruppen Rechtsbeistand zur Verfügung stellt. Über die EJI kommen zu Unrecht verurteilte Menschen, sowie Menschen, die sich keine effektive Rechtsvertretung leisten können, zu Rechtsbeistand.

Michael B. Jordon, der 2018 im Marvel-Superheldenfilm Black Panther zu sehen war, porträtiert den 28-jährigen Bryan Stevenson und kämpft mit seinem eng-sitzenden Anzug gegen die Ungerechtigkeit der Justiz und für seine Klient*innen. Bryan Stevenson ist ein US-amerikanischer Jurist, Bürgerrechtsaktivist und Anti-Todesstrafen-Kämpfer, der seinen Platz in den Geschichtsbüchern schon gefunden hat. Er ist Gründer der Equal Justice Initiative (EJI) und bekannt für die Verteidigung von vermeintlich zu Unrecht verurteilten Personen.

Film Just Mercy

Warner Bros.

"Just Mercy“ beginnt Ende der 80er-Jahre, als Stevenson gerade sein Studium in Harvard abgeschlossen hat und sich auf den Weg in den Südstaat Alabama macht. Dort angekommen, setzt sich Stevenson für vermeintliche Kriminelle ein, die nicht über ausreichend finanzielle Mittel für eine adäquate juristische Vertretung verfügen. Gemeinsam mit seiner Kollegin Eva Ansley (gespielt von Brie Larson) übernimmt er fortan die Verteidigung von Walter McMillian, der in der Todeszelle auf die Vollstreckung des Urteils wartet. „Just Mercy“ konzentriert sich handlungstechnisch auf die Gründung und Etablierung der EJI und erzählt in eindrucksvollen Szenen den realen Fall des 1988 zum Tode verurteilten Walter McMillian.

Johnny D.

Nachdem 1992 in der CBS-Nachrichtensendung „60 Minutes“ der Fall Walter McMillian vorgestellt wurde, fand der Fall landesweite Beachtung. Zu diesem Zeitpunkt saß der Holzarbeiter McMillian, von seinen Freund*innen Johnny D. genannt, bereits seit mehreren Jahren in der Todeszelle in Alabama. Schuldig gesprochen des Mordes an der 18-jährigen Ronda Morrison nach einem fragwürdigen Ermittlungsverfahren. Verurteilt wurde McMillian hauptsächlich aufgrund einer Zeugenaussage. Über ein Dutzend afro-amerikanischer Zeug*innen, die zum Zeitpunkt der Tat mit McMillian zusammen waren, wurden schlicht ignoriert. Zahlreiche weitere entlastende Fakten wurden von der Staatsanwaltschaft zurückgehalten.

Film Just Mercy.

Warner Bros.

„Guilty from the moment you’re born“

Jamie Foxx schlüpft in die Rolle McMillians und zeigt einen traurigen erwachsenen Mann, der sein Leben bereits hinter sich wähnt. Selbst das unerwartete Auftauchen seines Anwalts Bryan Stevenson kann ihn zu Beginn nicht in Begeisterungsstürme versetzen. Zu oft wurde er vom System und den darin involvierten Personen jedweder Seite enttäuscht. „Just Mercy“, und an dieser Stelle insbesondere Jamie Foxx, zeigt durch eindrucksvolle Dialoge ein System, in dem Menschen bereits bei ihrer Geburt gegen ein übermächtiges System der Unterdrückung verlieren.

„What you’re doing is gonna make a lot of people upset“

Der Film zeigt aber auch, mit welchen Folgen Bryan Stevenson und seine weiße Kollegin Eva Ansley konfrontiert werden, nachdem sie den Fall McMillians übernehmen und somit ein System in Frage stellen, das zumindest für einige Beteiligte über einen langen Zeitraum hinweg auf Kosten anderer funktioniert hat. Es ist schon fast ironisch, dass Walter McMillian aus Monroeville, der Heimat der Autorin Harper Lee, stammt.

Lee, die mit dem Roman „To Kill a Mockingbird“ einen Klassiker der amerikanischen Literatur veröffentlicht hat, in dem sie auf Rassismus aufmerksam macht. Das dazugehörige Museum wird im Film dann auch als Touristenattraktion auserkoren und dem jungen Anwalt Stevenson empfohlen, damit er sich nicht weiter auf den Fall McMillian konzentriert.

Ein unklassischer Gerichtsfilm

Buch Bryan Stevenson Just Mercy

Spiegel & Grau

Der Film beruht auf dem 2014 erschienenen Buch „Just Mercy: A Story of Justice and Redemption“.

Durch die packende Erzählung wird „Just Mercy“ zu einem Lehrstück über die ungleiche Behandlung von Personen mit unterschiedlicher Hautfarbe in Amerika. Es ist ein Paradebeispiel für ein ungerechtes Justizsystem, das sich seit Jahren manifestiert hat und das nur allzu empfindlich auf das Infragestellen eines zweifelhaften Falls reagiert. In Szenen, die wunderschön und schockierend zugleich sind, zeigt Regisseur Destin Daniel Cretton die Auswirkungen, die ein falsches Urteil auf die Betroffenen sowie ihre Familie und Freunde hat. Gleichzeitig streift der Film aber auch kurz die Sicht des Staatsanwalts, der seinen Fall davonbröckeln sieht und damit hadert, auf welcher Seite der Geschichte er stehen will.

Obwohl der Film den institutionellen Rassismus an manchen Stellen oberflächlich zeigt und die Geschichte gegen Ende hin mit zu viel Pathos erzählt, ist „Just Mercy“ ein gewaltiges Justizdrama, ohne wie ein typischer Gerichtsfilm zu wirken. Dafür muss der Film die literarische Vorlage nicht großartig verdichten, allein die Präsentation der Fakten reicht, um ein Gefühl der tiefen Betroffenheit zu erzeugen und die Zuseher*innen in Schockstarre zu versetzen. Verantwortlich dafür ist unter anderem die Verständnis-schaffende Ausarbeitung der Charaktere, deren Motive offen gelegt werden. „Just Mercy“ lässt einen sprachlos zurück und stellt eine zum Himmel schreiende Ungerechtigkeit in den Mittelpunkt.

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