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Känguru und Marc-Uwe

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Das Känguru jetzt auch im Kino

Jetzt sind „Die Känguru-Chroniken“ also wirklich verfilmt worden. Für Fans ist viel Schönes dabei. Menschen, die mit Marc-Uwe Klings Werk nicht vertraut sind, wird der Zugang aber womöglich schwerfallen.

Von Conny Lee

Im zweiten Teil der Trilogie, dem „Känguru-Manifest“, hat Marc-Uwe Kling noch gescherzt, dass, sollte es je zu einer Verfilmung kommen, das Känguru bestimmt von Daniel Brühl gespielt würde (weil der so omnipräsent ist). Und ein anderer running gag war, dass die Produzenten das radikale, kommunistische Känguru bestimmt durch einen gemäßigt sozialdemokratischen Koalabären austauschen würden, weil das beim Publikum besser ankäme. Jetzt wurden die Känguru-Chroniken tatsächlich verfilmt, allerdings ohne Brühl und ohne Koala.

Die Serie „Neues vom Känguru“ wurde ab 2008 auf dem deutschen Sender Radio Fritz ausgestrahlt, später erschien eine Trilogie (bestehend aus „Die Känguru-Chroniken“, „Das Känguru-Manifest“ und „Die Känguru-Offenbarung“) als Buch und Hörbuch, eingelesen von Marc-Uwe Kling selbst, erschienen bei Ullstein.

Die Handlung bewegt sich an vielen Stellen sehr nah an der (Hör-)Buchvorlage: Das Känguru klingelt an Marc-Uwe Klings Tür, weil es gerne „Eierkuchen“ machen würde, aber vergessen hat, Eier zu kaufen. Und Öl, Salz, eine Pfanne und einen Herd hat es auch nicht. Kurz darauf nistet es sich in Marc-Uwes Wohnzimmer ein und von da an sind das Känguru und der Kleinkünstler ein Team. Insgesamt weicht die Geschichte von der episodischen Form der Vorlage ab, zugunsten eines filmischen Handlungsbogens.

Känguru mit Zeitung

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Das Haus, in dem Marc-Uwe und das Känguru leben, soll abgerissen werden, weil ein rechtspopulistischer Politiker (clownesk gespielt von Henry Hübchen) dort ein Parkhaus für seinen neuen Wolkenkratzer hinstellen will. Der Kleinkünstler, das Känguru und ihre Freunde, die auch dort leben, setzen den restlichen Film lang alles daran, diesen Abriss zu verhindern.

Im Vorfeld schon oft thematisiert wurde, dass Marc-Uwe Kling sich nicht selbst spielt. Das wird auch im Film dezidiert angesprochen und plausibel damit begründet, dass er ja schließlich kein Schauspieler sei. Stattdessen wird er von Dimitrij Schaad dargestellt, der ihn zwar so sympathisch und verpeilt verkörpert, wie man Kling aus der Vorlage kennt, allerdings bei weitem nicht so souverän, wie Fans seine Figur kennen.

Im Film schaut Marc-Uwe Kling die meiste Zeit verdattert bis verzweifelt drein. Die Tatsache, dass das Känguru animiert ist, funktioniert ganz gut, aber auch dieser Figur wurde viel Biss genommen. In den (Hör-)Büchern ist das Känguru radikal in seinen Anschauungen und darin, wie es diese auslebt. Es kann sich aus jeder noch so verzwickten Situation befreien und scheint immer alles im Griff zu haben. Das Känguru im Film muss häufig gerettet werden und ist überhaupt nicht so radikal, wie Fans es kennen.

Känguru und Marc-Uwe auf der Dachterrasse

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Fantum ist ein sehr wichtiger Faktor, weil die Community rund um die Känguru-Trilogie über die Jahre stetig gewachsen und eine besonders eingeschworene Gemeinschaft ist. Unter jedem Social Media Post von Marc-Uwe Kling reiht sich ein Insider-Witz an den nächsten, übertreffen sich die Fans in ihren Anspielungen auf die Känguru-Trilogie. Fans kennen sie auswendig und sehen einander gerne als Verbündete. Für genau dieses Publikum gibt es im Film eine Menge schöner Details. Das kann zum Beispiel ein kleiner Nebensatz sein, den man als running gag aus den Hörbüchern kennt. Außerdem hat Helge Schneider ein kleines, feines Cameo als Fitnesstrainer und allenthalben bietet der Film Referenzen auf Pulp Fiction, Groundhog Day, The Big Lebowsky und ähnliches popkulturelles Allgemeingut.

Dass der Film zugunsten einer stringenten Handlung von der Vorlage abweicht, ist nicht das Problem, sondern nachvollziehbar. Allerdings sind in den (Hör-)Büchern jene Szenen am stärksten, in denen Marc-Uwe und das Känguru einfach nur abhängen und reden: Philosophieren, Wortspielereien, Gedankenexperimente, politische Diskussionen. Die Verfilmung der Känguru-Chroniken fokussiert allerdings auf die Action-Elemente der Geschichte und verliert damit vieles davon, was den wesentlichen Reiz von Marc-Uwe Klings Erzählungen ausmacht. Außerdem haben der rechtspopulistische Politiker Jörn Dwigs und seine Frau eine viel zu prominente Stellung im Film bekommen. Der Fokus liegt fast mehr bei den beiden als beim Känguru und Mac-Uwe. Es ist dasselbe Problem wie auch im echten Leben: Es dreht sich dauernd alles nur um die Rechtspopulisten.

Schlägertruppe

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Der Film „Die Känguru-Chroniken“ ist den Kommentaren unter einem Posting von Marc-Uwe Kling auf Social Media sehr ähnlich: voller Insider, über die Känguru-Kenner bestimmt lachen werden, aber insgesamt eher oberflächlich und ohne neue, clevere Ideen, vielmehr eine verschwommene Spiegelung des Originals. Aber vielleicht können Fans ja andere Menschen mit ins Kino nehmen, und wenn die dann sehen, dass alle um sie herum verschwörerisch lachen, wollen sie vielleicht auch Teil dieser Gemeinschaft werden und wenden sich den (Hör-)Buchvorlagen zu. Dann werden sie begeistert sein.

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