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Fotos aus der Bilderbuch-Ausstellung "Appriximation by Bilderbuch"

© Luca Müller

Bilderbuch machen eine Ausstellung. So richtig, im Museum.

Aber keine Sorge, es handelt sich dabei nicht um eine Band-Retrospektive mit Fanartikeln à la Hard Rock Café. Die Band wollte vielmehr jenen Künstler*innen Raum geben, die das Projekt Bilderbuch mitgeformt haben. Am Freitag eröffnet „Approximation by Bilderbuch" im Wiener MQ.

Von Felix Diewald

2018 sprach Bilderbuch-Sänger Maurice Ernst in einem FM4 Interview über Dinge, die man in einem möglichen Bilderbuch-Museum ausstellen könnte: zum Beispiel den goldenen Anzug von der Schick-Schock-Tour oder die Handschuhe aus dem „Maschin“-Video. Ist davon jetzt was in der Ausstellung? „Gott sei Dank nicht", sagt Maurice heute, zwei Jahre später. Bei der Ausstellung ist es ganz gut, dass nicht zu viele Fan-Relikte ausgestellt sind.“

Fotos aus der Bilderbuch-Ausstellung "Appriximation by Bilderbuch"

© Luca Müller

Wie war das für die Band, als das Museumsquartier anfragte: Hey, wollt’s ihr eine Ausstellung bei uns machen? Bilderbuch hatte gemischte Gefühle, sagt Maurice. Einerseits hätte man immer schon Dinge gehabt, mit denen man was machen könnte, wie etwa die Sneaker aus den Live-Shows. Die Band stellte sich aber auch kritische Fragen. Maurice:

Wir machen als Band in Österreich eh schon lauter so Sachen: Zuerst das Konzert im Schloss Schönbrunn, jetzt die Ausstellung und dann vielleicht noch das Burgtheater? Nein, das dürfen wir dann eben nicht machen. Wir sind an der Grenze zum Prätentiös-Werden. Es ist wichtig für uns, eine Rock’n’Roll-Band zu bleiben.

Man könne als Band zwei, drei solche Projekte schon machen. „Aber zu viel davon ist auch nicht gesund.“ Als die MQ-Anfrage kam, dachte sich die Band schlussendlich: Naja, warum eigentlich ned. „Natürlich wagt man sich hinaus, an etwas, das man vorher noch nicht gemacht hat. Aber ich denk mir, Musiker müssen eh Sachen machen, die neu sind. Manchmal herauszutreten aus seinem eigenen Schatten find ich ganz nett eigentlich.“

Fotos aus der Bilderbuch-Ausstellung "Appriximation by Bilderbuch"

© Luca Müller

Weniger Bilderbuch, mehr die Kollaborateur*innen

In der Ausstellung findet sich wenig Bilderbuch-Bilderbuch-Content, nur in einem versteckten Raum laufen Musikvideos in Dauerschleife, auch Bilderbuchs Musik wird kaum eingesetzt. Maurice dazu:

Derjenige, der in die Ausstellung kommt, soll sich eigentlich mehr mit den Künstlern auseinandersetzen, die mit uns zusammengearbeitet haben, als mit der Band selbst.

Einer dieser Künstler*innen ist der Bühnenbildner Clemens Löffelholz. Er designt die Live-Shows von Bilderbuch und hat die sogenannte Sneaker-Wall in die Ausstellung verfrachtet. Hunderte gleiche weiße Sneaker hängen dabei in einem Abstand von 20 mal 20 Zentimeter über mehrere Meter hinweg an Schnüren. Wieso? „Weil’s cool ist, dass aus diesen vielen Elementen so eine große Fläche entsteht, sodass man tatsächlich, wenn man weiter weg von der Bühne steht, gar nicht erkennt, dass das überhaupt Schuhe sind", sagt Löffelholz. Maurice fügt hinzu: Was uns sehr gefallen hat, man hat nie begriffen, von welcher Marke die Schuhe waren“.

So in Richtung Minus und Minus ergibt Plus. Vor lauter Werbung sieht man die Werbung nicht mehr.

Der junge Bühnenbildner Löffelholz, schöne Geschichte, konnte mit Bilderbuch zusammenarbeiten, weil er hartnäckig war. „Der hat uns mit 24 oder 25, wir waren damals gleich alt, geschrieben: Ich würde für euch gern die Bühne gestalten, weil sie nicht so fesch ist, wie sie sein könnte“, erinnert sich Maurice. „Wir dachten: Was schreibt uns da ein junger Bua an, der nix vorzuweisen hat? Und man selber sieht seine eigene Show ja nie wirklich.“ Natürlich kam von der Band daraufhin also nichts zurück. Doch Löffelholz blieb dran. „Früher oder später haben wir dann ja gesagt, Gott sei Dank. Und dadurch ist eine sehr lange Zusammenarbeit entstanden.“

Fotos aus der Bilderbuch-Ausstellung "Appriximation by Bilderbuch"

© Luca Müller

1.80 Euro für den Bilderbuch-Softdrink

Rund 70 Prozent der ausgestellten Projekte wurden extra für „Approximated by Bilderbuch“ neu umgesetzt. So gibt es zum Beispiel das Cover der „Softdrink“-Single jetzt in der Ausstellung als echten, physischen Bilderbuch-Getränkeautomaten vom Künstler Fresh Max, bei dem du um einen Euro achtzig einen Bilderbuch-Softdrink bekommst. (Spoiler: Es ist Apfelsaft.) Oder den digitalen Europass von Bilderbuch, den sich jeder und jede im Internet erstellen konnte, als Kunstinstallation.

Fotos aus der Bilderbuch-Ausstellung "Appriximation by Bilderbuch"

© Luca Müller

Ebenfalls vertreten: die Fotografin Elizaveta Porodina. Sie hat zum Beispiel das ikonischen Bilderbuch-Video zu „Baba“ gedreht. Das war in einer Zeit, als es mit dem Bilderbuch-Hype gerade losging und die Band lernen musste, mit dem neuen Druck umzugehen, wie Kurator Yannik Schäfer erklärt. „Da ist man zusammen nach Fuerteventura gereist. Das Spannende ist, die haben einen sehr intensiven Prozess, die haben eine Woche lang zusammen gearbeitet und Seelensuche betrieben.“ Schwarz-Weiß-Bilder von diesem Shoot hängen jetzt in „approximation by Bilderbuch“. Elizaveta Porodina ist eigentlich ausgebildete Psychologin. „Fotografie, wie ich sie ausübe, ist meiner Tätigkeit als Psychologin auf die Art und Weise ähnlich, dass ich das gleiche Bestreben habe, die Person in ihrer Tiefe kennenzulernen“, sagt sie über ihre Arbeit.

Fotos aus der Bilderbuch-Ausstellung "Appriximation by Bilderbuch"

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Sucuk & Bratwurst

Aus Berlin für die Ausstellung angereist ist das gehypte Berliner Designstudio Sucuk und Bratwurst. Bei denen schätzt Bilderbuch laut Kurator Schäfer, dass sie sehr gut darin sind, zeitgenössische Ausdrücke für Dinge zu finden. „Also wenn Maurice zum Beispiel sagt: Ich will wissen, wie eine Gitarre jetzt gerade aussehen kann.“

Sucuk & Bratwurst haben für die 2018er-Single „Dates“ eben so eine Gitarre entworfen - aber nur als digitales Modell. Es ist eine schwarz lackierte Gitarre, deren Arm sich einmal um sich selbst schlängelt, sie spielt sich also selber. Und dieses Modell wurde jetzt von einem Gitarrenbauer für die Ausstellung wirklich gebaut. Sucuk und Bratwurst: "Die Gitarre an sich ist schon ikonisch. Was könnte man damit machen? Wie würde eine Gitarre aussehen, die sich selbst spielt?

Sich selber spielen bedeutet im sexuellen Sinne ja auch Masturbation und dies und das.

Fotos aus der Bilderbuch-Ausstellung "Appriximation by Bilderbuch"

© Luca Müller

Große Bilder, schnell hingemalt

Im letzten Raum ist das imposante aktuelle Bühnen-Set-up von Bilderbuch aufgebaut. Da hängt etwa ein riesiger Wasserhahn von der Decke, aus dem kleine Leuchtdioden fließen. Für die kommenden Konzerte wird es tatsächlich zeitweise aus- und wieder eingebaut. Auf der gegenüberliegenden Seite: drei riesige Gemälde des Wiener Malers Mafia Tabak. Er hat das aktuelle Bilder-Buch-Albumcover von „Vernissage My Heart“ gestaltet. Für die Ausstellung hat er die Bilder erst vor wenigen Tagen an Ort und Stelle gemalt.

„So ist es am Besten, weil die alten Sachen bei mir eine relativ schlechte Halbwertszeit haben. Das ist schnell outdated“, sagt Mafia Tabak. „Von dem her bin ich ganz froh, dass da die frischeste Position von mir hängt. Mal schauen, was nach den sechs Monaten ist, da hätte ich wahrscheinlich gerne die nächste Leinwand da hängen." Bilderbuch beweisen mit Mafia Tabaks Gemälden auch Selbstironie. Steht auf einem doch groß geschrieben: „Die neue Hofstute von Schönbrunn“.

Fotos aus der Bilderbuch-Ausstellung "Appriximation by Bilderbuch"

© Luca Müller

„Du zeigst her, was picken geblieben ist“

Abschlussfrage an Bilderbuch-Sänger Maurice Ernst. Was sollen die Besucher*innen denn von dieser Ausstellung mitnehmen? „Offenheit wahrscheinlich trotzdem. Dass jeder Prozess, den man eingeht, sei es in der Liebe oder der Kunst, schwierig wie leicht sein kann. Eigentlich ist diese Ausstellung eh ein bissl eine ‚Vernissage My Heart‘. Du zeigst das her, was picken geblieben ist die letzten Jahre. Du gibst den Leuten, die mit dir diesen Weg gegangen sind, nochmal ein paar Quadratmeter. Nicht mehr und nicht weniger.“

Am Freitag, dem 28.2.2020, um 12 Uhr öffnet die Ausstellung „Approximation by Bilderbuch“ im Freiraum Q21 im Museumsquartier in Wien. Sie ist bis 20.8.2020 zu sehen.

Wir waren vorab in der neuen Bilderbuch-Ausstellung

Maurice von Bilderbuch über die Ausstellung

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