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Autorin Franka Frei

Random House/Tibor Bozi

Franka Frei sagt dem Menstruationstabu den Kampf an

Offen über Menstruation sprechen und stolz auf seine Periode sein? Für viele undenkbar. Franka Frei zeigt mit ihrem Buch „Periode ist politisch“ auf, woher dieses Menstruationstabu kommt und liefert einige gute Gründe, warum man durchaus stolz darauf sein kann, wenn man menstruiert.

Von Sophie Liebhart

Menstruation ist ein Tabuthema. Dem würde wohl kaum jemand widersprechen. „Wir verstecken Tampons auf dem Weg zur Toilette im Ärmel, als hätten wir etwas verbrochen, und in der Werbung ist Periodenflüssigkeit blau“, sagt Franka Frei. „Wir haben gelernt, die Menstruation als Fluch zu verstehen, sie bestmöglich zu verstecken, unsichtbar zu machen und dabei wenig zu hinterfragen.“

Franka Frei präsentiert ihr Buch „Periode ist politisch“ am 4.3.2020 um 19.15 Uhr in der Wiener Thalia Buchhandlung in der Mariahilferstraße 99.

Genau das ist der Grund, warum Franke Frei das Buch „Periode ist politisch“ geschrieben hat. Zur Menstruationsaktivistin ist sie aber eigentlich mehr durch Zufall geworden. Als sie ihre Bachelorarbeit zu dem Thema verfassen möchte, stößt sie auf regen Widerstand vonseiten ihrer Universität. Es fehle die wissenschaftliche Relevanz, heißt es. Franka Frei lässt sich davon aber nicht unterkriegen und verteidigt ihre Bachelorarbeit zum Thema „Tabu und Menstruation“ erfolgreich. Ein Facebook-Posting dazu geht viral. Über 40.000 Likes und 13.000 Shares.

Knapp ein Jahr später sitzt sie im Flieger von Kathmandu zurück nach Europa, jede Menge Rechercheergebnisse und persönliche Erlebnisse im Gepäck - unter anderem von einer Reise durch Pakistan, Indien, Bangladesch und Nepal, auf der sie andere Menstruationsaktivistinnen getroffen hat. „Das alles hatte ich also dem Post zu verdanken. Dem Stolz, der Rage und der Leidenschaft, die über meine Finger in die Tasten meines Laptops geflossen waren.“

Menstruationstabu hinterfragen

Franka Frei verknüpft in „Periode ist politisch“ historische Erklärungsmodelle für die Menstruation mit aktuellen Missständen, wie dem fehlenden Zugang zu Hygieneprodukten oder immer noch vorherrschendem Aberglauben.

Buchcover Franka Frei "Periode ist politisch"

Heyne

„Periode ist politisch“ von Franka Frei ist im Heyne Verlag erschienen.

Sie verleiht goldene Erdbeeren als Negativpreis an Leute, die versucht haben, die Menstruation mit besonders absurden Theorien zu erklären. Meistens haben sie die Periode in Zusammenhang mit weiblicher Minderwertigkeit, „Unreinheit“ oder „Giftigkeit“ gebracht und das Bild der Periode damit bis heute geprägt. Eine dieser goldenen Erdbeeren geht an einen Kollegen von Sigmund Freud namens Wilhelm Fließ.

„Ein ganz besonders großer Outside-the-box-Denker und Periodenfanatiker war Wilhelm Fließ. Nach einem Experiment an Hunden kam der Hals-Nasen-Ohren-Arzt zu dem Schluss: Zwischen dem weiblichen Sexualorgan und der Nase besteht eine enge Verbindung – und zwar beim Menschen. Fließ war sich sicher, diese seltsame „Nasenreflex-Neurose“ auch bei der Frauenrechtlerin und Autorin Emma Eckstein diagnostiziert zu haben, und weil ihn niemand daran hinderte, schnitt der selbst ernannte Chirurg ihr das Gesicht auf. (...) Eine Entschuldigung gab’s nicht. Im Gegenteil: Sigmund Freud verteidigte seinen Kumpel auch noch. Die Ursachen für Ecksteins ‚hysterische Blutungen‘ sah der viel gefeierte Begründer der Psychoanalyse in ‚Sehnsucht‘ sowie ‚exzessiver Masturbation‘.“

Sozialisierung verlernen

Man muss beim Lesen immer wieder innerlich den Kopf schütteln bei Schilderungen wie diesen. Historische Figuren, die Politik, quasi alle Weltreligionen, Firmen, die Hygieneprodukte herstellen - kaum jemand kommt in Franka Freis Buch „Periode ist politisch“ gut weg.

Und als menstruierende Person fühlt man sich an so mancher Stelle auch selbst ertappt. Denn viele haben bestimmt schon ein (oder jedes) Mal ihr Tampon auf dem Weg zur Toilette im Ärmel versteckt. Oder sich mit den perfekten, quietschfidelen, glücklich herumspringenden Frauen in Werbespots von o.b., Always, carefree und Co verglichen und sich gefragt, was man selbst denn eigentlich falsch macht, wenn man sich abgeschlagen fühlt und mit Nebenwirkungen der Periode wie Bauchkrämpfen oder Durchfall nicht annähernd so gut zurechtkommt.

zwei Hände und ein Menstruationscup vor rosafarbenem Hintergrund

CC0

„Leider ist das Periodenprodukte-Universum bis in die Gegenwart überschaubar“, schreibt Franka Frei in „Periode ist politisch“.

Was man aus „Periode ist politisch“ lernt? Statt sich zu verstecken, sollten menstruierende Menschen stolz auf ihre Periode sein und sein dürfen und diese als Zeichen für einen gesunden Körper feiern können. Auch wenn das für so ziemlich jeden heißt, dass wir dafür einen Teil der eigenen Sozialisierung verlernen müssen.

„Am Ende profitieren wir alle. Denn wenn wir morgen in einer Welt aufwachen, in der Menstruation und Vaginen (bzw. Vulven) nicht mehr das Ekeligste und weibliche Geschlechtsorgane nicht mehr nur zum Kinderkriegen da wären, würden wir uns automatisch wohler, selbstbewusster und attraktiver führen, wir hätten alle besseren Sex, würden unseren Körper kennen, wissen, was wir brauchen – und was nicht. Denn der Kampf gegen Unwissen, Aberglauben, Stigmatisierung und mangelndes Interesse ist untrennbar mit unzähligen anderen Konflikten auf den Gebieten der Weiblichkeit*, Freiheit und Selbstbestimmung verbunden.“

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