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Autorin Cornelia Travnicek

Paul Feuersänger

Nimmerland & Niemandsland in Cornelia Travniceks „Feenstaub“

In Anlehnung an den Märchenhelden Peter Pan erzeugt Cornelia Travnicek in „Feenstaub“ eine märchenhafte Welt und mischt sie mit einer knallharten Realität.

Von Philipp Emberger

Es sind kurze und teils intensive Szenen, die Cornelia Travnicek in ihrem neuen Roman „Feenstaub“ zu Papier gebracht hat. Die Geschichte kreist um die drei verlorenen Jungs Petru, Cheta und Magare. Sie wohnen auf einer von Nebel umhüllten Insel. Sobald die Sonne aufgeht, machen sie sich auf den Weg in die Stadt, um ihrer unfreiwilligen Beschäftigung als Taschendiebe nachzugehen. In dieser Tätigkeit sind die drei in einer Schicksalsgemeinschaft verbunden. Die Geschichte ist in keiner realen Stadt verortet und aus der Sicht des Anführers Petru erzählt. Das Buch ist in Szenen geteilt, die mal mehr, mal weniger miteinander verbunden sind. Viele dieser Szenen füllen nicht mal eine komplette Seite aus und es bleibt viel Weißraum im Buch. Dieser Weißraum lässt Zeit zum Nachdenken über die Geschichte.

Die Stadt hat zwei Ufer an einem großen Fluss, und was dazwischen liegt, interessiert niemanden.
Wo wir sind, ist das Niemandsland.
Hier vergeht die Zeit langsamer, oder überall anders schneller, je nachdem, wie man das sieht.

Buchcover Feenstaub, Picus

Picus Verlag

Das Buch erscheint am 4.3.2020 im Picus Verlag und hat 278 Seiten.

Von Szene zu Szene lichtet sich der Nebel, der auch das Buch umgibt, und erzählt die Hintergründe der drei jungen Taschendiebe. Von Piraten wurden sie in die namenlose Stadt verschleppt und verkauft. Forthin sollen sie die Schatztruhe eines Mannes namens Krakadzil mit dem erbeuteten Diebesgut füllen. Krakadzil kommt ab und an auf der Insel vorbei und fordert die Beute ein. Krakadzil dient als letztes Verbindungsstück zu ihrem Leben vor der Zwangskriminalität. Dadurch setzt er sie unter Druck und erzeugt eine Abhängigkeit.

Inspiriation Peter Pan

Der neuste Roman Travniceks ist an die Geschichten rund um Peter Pan von James Matthew Barrie angelehnt. Im Interview mit FM4 bezeichnet sie Peter Pan als eine ihrer Lieblingsgeschichten aus der Kindheit. Die Frage nach dem Erwachsenwerden, ein zentrales Thema in Peter Pan, ist auch in „Feenstaub“ immer wieder präsent. Die Jungs aus dem Buch dürfen nicht erwachsen werden. Sie müssen klein bleiben, um weiter Taschen stehlen zu können. Andererseits wollen sie aber vielleicht auch nicht erwachsen werden, denn das bedeutet Unsicherheit. Ihre Zukunft ist ungewiss: Wohin mit ihnen in einer Gesellschaft, in der sie keiner will?

Am nächsten Morgen gehe ich mit Cheta in die Stadt. „Mehr“, sage ich, als er sich den Feenstaub für mich in die Handfläche streut.
„Ich dachte, du willst damit aufhören?“
„Mehr“, sage ich nur noch einmal.

Autorin Cornelia Travnicek

Paul Feuersänger

Cornelia Travnicek stammt aus Niederösterreich und studierte auf der Uni Wien Sinologie und Informatik. 2012 erschien ihr Debütroman „Chucks“, der 2015 verfilmt wurde.

Dann wäre da noch der titelgebende Feenstaub. Bei Peter Pan dient der Feenstaub dazu, um ins Nimmerland fliegen zu können. Im Buch ist der Feenstaub eine fiktive Droge, die Petru, Cheta und Magare benutzen. Er macht ihren harten Alltag erträglicher. Vieles rund um den Feenstaub bleibt im Verborgenen und lässt Interpretationsspielraum. Im Interview erzählt Travnicek, dass das eben auch ein Rätsel ist, das sie sich selbst als Autorin mitgegeben hat. Dieses Rätsel gibt sie geschickt an die Leser*innen weiter.

Cornelia Travnicek zählt zu den vielseitigsten Autor*innen in Österreich. In der Vergangenheit veröffentlichte sie neben Prosa auch lyrische Texte und vergangenes Jahr erstmals ein Kinderbuch. Mit dem neuen Buch „Feenstaub“ liefert sie nun einen Roman, angesiedelt in einer märchenhaften Welt, der sehr eindrucksvoll auf Missstände aufmerksam macht. Die nebulöse Insel, auf der die Taschendiebe wohnen, kann als Symbol gedeutet werden für die Missachtung durch die Gesellschaft. Zu oft werden Menschen, die jeden Tag unter uns sind, übersehen.

„Feenstaub“ ist ein magisches Buch der Gegensätze. Einer poetischen und malerischen Sprache steht eine harte Realität gegenüber. Genau zwischen diesem Gegensatz entfaltet der Roman seine Wirkung.

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