„Leichte Böden“: David Fuchs erzählt von aufgezwungener Hilfe
Von Zita Bereuter
„Es ist kein leichtes Buch, also kein plätscherndes Buch“, meint David Fuchs über seinen zweiten Roman „Leichte Böden“. Der Titel deutet vielmehr auf unangenehme Dinge der Vergangenheit, die ganz knapp unter der Oberfläche brodeln. Ähnlich einem Gastank, wie der Autor ihn im Roman beschreibt:
Zita Bereuter / Radio FM4
„Tante Klara hat einen Gastank im Garten. Als ich ein Kind war, haben sie ihn vergraben, mit einem großen Bagger, und einmal pro Jahr ist der Tankwagen mit dem Flüssiggas gekommen. Wir Kinder sind dann immer auf der Wiese über dem Gastank gestanden und haben unsere Ohren auf den Boden gelegt, lauschend, ob man das Flüssiggas blubbern hört. In unserer Vorstellung war der Boden über dem Tank ganz dünn, leichtes Erdreich und ein bisschen Gras. Die Mutigen sind auf und ab gesprungen, um zu testen, wie wild man gerade noch springen konnte, ohne den Tank zum Explodieren zu bringen.“
Die Explosion folgt später. Der Erzähler Daniel ist Biologe, der zwar Biologie unterrichtet, aber keinesfalls als Lehrer bezeichnet werden will. „Doktor Daniel Kobicek, promovierter Biologe, der zufällig unterrichtet, aber kein Lehrer. Das macht einen himmelweiten Unterschied.“
Daniel kann kompliziert sein. In seinem Sabbatical besucht Daniel seine Tante Klara auf dem Land. Die ist mittlerweile eine ältere Frau, die ihren dementen Mann, Alfred, pflegt. Außerdem kümmert sie sich um den kranken Nachbarn Heinz, der sich nur mit einem Sprachcomputer mitteilen kann. Allzu viel wird in dem Haus allerdings eh nicht kommuniziert. Nebenan lebt auch noch Maria, die patente Tochter von Heinz. Mit Maria hat Daniel viel Zeit in seiner Kindheit verbracht.
Sie könnten es gut haben, alle drei, mit ein bisschen Hilfe.
Haymon Verlag
Die drei alten Leute haben sich arrangiert, das Leben läuft, wenngleich mühsam und eintönig, so doch irgendwie funktionierend dahin. Bis Daniel auf Besuch kommt und helfen will. Aber Hilfe nehmen die alten Leute nicht an - sie bewältigen ihren Alltag auch allein. Ein Dilemma, das der Arzt David Fuchs zu gut kennt: „Diese Situation kommt in der Medizin oft vor, dass gerade bei alten Menschen viele gut gemeinte Dinge nicht gut sind. Das war der Grundgedanke dahinter.“
David Fuchs beschreibt den Tagesablauf der älteren Leute beklemmend gut. Wie Tante Klara kocht, den Haushalt besorgt und immer versucht, alles so zu machen, wie sich das gehört. Der Schein muss gewahrt bleiben, auch wenn dies kaum wen interessiert. Daneben der Neffe Daniel, der glaubt, allen die Welt erklären zu müssen, und die Alten bevormundet. Auch darüber wollte David Fuchs schreiben: „Ein 80-jähriger Mensch ist ein Erwachsener und soll nicht behandelt werden wie ein fünfjähriger.“ Vielmehr sei es wichtig, alten Leuten gegenüber "eine gewisse Normalität beizubehalten, die man einem 50-Jährigen oder 30-Jährigen auch entgegenbringt“.
David Fuchs liest:
10.3. im Stifterhaus in Linz
2.4. Innsbrucker Prosafestival
13.5. Buchhandlung Veritas in Linz
27.5. Buchhandlung Thalia W3 in Wien
Zwischen Sturheit, Hilflosigkeit und dem zähen Willen, selbständig zu bleiben, scheint Daniel jedenfalls etwas zu sein: keine große Hilfe. Und schnell wird außerdem klar, dass nicht nur der Stall dunkle Geheimnisse birgt. Hinzu kommt eine Liebesgeschichte, die anfangs nicht konzipiert war, sondern eher so passiert ist, erklärt David Fuchs. Auf die hätte man auch verzichten können. Denn die drei Alten in ihrem Kampf um Autonomie sind stark genug. Das ist kein leichtes Thema. Und das ist kein leichtes Buch. Da hat David Fuchs recht.
Publiziert am 03.03.2020