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Peter Kreidl

MUI/D. Bullock

Warum der Kampf gegen das Coronavirus so wichtig ist

Peter Kreidl von der Med-Uni Innsbruck war jahrelang am Europäischen Zentrum für Seuchenprävention tätig. Man brauche sich vor dem Coronavirus nicht übermäßig zu fürchten, aber die Eindämmung der Krankheit müsse weltweit sehr ernst genommen werden, erklärt er im Interview mit FM4.

Von Viktoria Waldegger

FM4: Mit strengen Maßnahmen wird derzeit versucht, das Coronavirus einzudämmen. Warum ist das notwendig, wenn die meisten Menschen offenbar nur schwache Symptome haben?

Peter Kreidl: Weil die gesamte Weltbevölkerung, wie anzunehmen ist, noch nie mit diesem Virus in Kontakt gekommen ist und deshalb auch keine Immunität besitzt. Im Gegensatz zur Influenza, die viele Leute schon einmal durchgemacht haben, oder gegen die einige Leute auch geimpft sind. Wenn man das Virus nicht stoppen kann, ist es sehr wahrscheinlich, dass es sich auf der ganzen Welt ausbreitet. Man weiß jetzt noch sehr wenig über die Krankheit, zum Beispiel, ob der Sommer und die höhere Temperatur die Zirkulation des Virus verhindern. Außerdem ist es jetzt sehr wichtig, dass die Influenza-Welle vorbeigeht und sich die zwei Krankheiten nicht überlappen, das verursacht einen extremen Druck auf das Gesundheitswesen. Ich glaube, dass es noch nicht zu spät ist, die Verbreitung zu verhindern. Panik ist nicht notwendig, gründliches Händewaschen vermindert auch die Übertragung. Bei den bekannt gewordenen Fällen in Österreich wurden auch schnell alle Menschen mit Kontakt zu den Infizierten isoliert, das macht die Infektion nachvollziehbar und den Umgang leichter.

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Dienstagsbend diskutiert Ali Cem Deniz in FM4 Auf Laut mit euch über das Coronavirus in Österreich. Zu Gast im Studio sind die Patientenanwältin der Stadt Wien, Sigrid Pilz, und der Medizinethiker Lukas Kaelin.

Ruf an und diskutier mit unter 0800 226 996, am 3.3.2020 ab 21 Uhr auf Radio FM4.

FM4: Wo sehen Sie das größte Risiko einer Verbreitung?

Peter Kreidl: Ein Problem ist, dass nicht klar ist, welche Risikogruppen es gibt und ob diese Komplikationen zu erwarten haben. Außerdem weiß man bisher nicht, ob man nach der Ansteckung mit Corona immun gegen die Krankheit ist und wie lange eine solche Immunität anhält. Es gibt derzeit viele Unbekannte und die können erst in nächster Zeit geklärt werden. Damit ist das Risiko ein globales. Kinder scheinen bisher sehr selten krank zu werden und selten Komplikationen zu haben. Nicht klar ist, ob Kinder aber Überträger sind wie bei der Grippe. Das weiß man alles nicht, und das macht das Virus zu einem Risiko.

FM4: Trotzdem fragen sich viele, ob diese strengen Maßnahmen notwendig sind. In Österreich gibt es aktuell 21 Infizierte. Auch beim Ausbruch der Schweinegrippe gab es zuerst sehr strenge Quarantänemaßnahmen. Dann war das Virus aber nicht mehr zu stoppen und die Quarantänemaßnahmen wurden aufgehoben. Ist damit auch bei Corona zu rechnen, glauben Sie, dass das ähnlich verlaufen wird?

Peter Kreidl: Bei der Schweinegruppe war es so, dass diese Containment-Strategie sehr früh aufgegeben wurde. Aber bei Corona ist es nach wie vor die Strategie der Weltgesundheitsorganisation, das Virus einzudämmen und eine Weiterverbreitung zu unterbinden. Das sind derzeit auch die einzigen möglichen Maßnahmen, Medikamente oder Impfungen gibt es ja noch nicht. Sehr gut ist, dass nach der Schweinegrippe und nach Ebola in Westafrika die Länder sehr viel besser zusammenarbeiten und die Informationsflüsse sehr viel besser funktionieren. In Europa haben wir das Glück, dass wir sehr viele Laborkapazitäten haben, und dass wir sehr viel reicher sind als etwa afrikanische Länder. Wenn es sich dort ausbreitet, bleibt das Virus sicher lange unentdeckt, dann ist die Situation weitaus schwieriger.

FM4: Ist es aus Ihrer Sicht leichter geworden, gegen Seuchen vorzugehen? Sie haben ja schon die bessere Kommunikation angesprochen. Oder ist es schwieriger geworden, weil die Menschen globaler vernetzt sind?

Peter Kreidl: Beides stimmt. Die Globalisierung spielt sicher eine große Rolle. Heutzutage kommt man in 48 Stunden von A nach B auf der ganzen Welt. Aber es ist natürlich auch so, dass die ganze Welt an dem Virus forscht, damit es so schnell wie möglich wissenschaftliche Studien gibt, um herauszufinden, welche Medikamente wirken. Es gibt auch bereits ein paar potenzielle Kandidaten, und es wird natürlich auch geschaut, dass so schnell wie möglich eine Impfung entwickelt wird. Hier ist aber wichtig, dass sie sicher und effektiv ist, das wird sicher länger dauern.

FM4 Auf Laut: Coronavirus in Österreich

Zur Eindämmung des neuartigen Coronavirus sind auch Maßnahmen getroffen worden, die auf viele befremdlich wirken. Wie gerechtfertigt sind diese drastischen Maßnahmen? Welche bürgerrechtlichen Einschnitte kann und darf es geben? Wie die Bevölkerung informieren, wie bei Verdachtsfällen reagieren, ohne Panik zu erzeugen?

In FM4 Auf Laut diskutieren mit euch die Patientenanwältin der Stadt Wien, Sigrid Pilz, und der Medizinethiker Lukas Kaelin. Am Dienstag, 3. März, von 21 bis 22 Uhr auf Radio FM4.

FM4 Auf Laut als Podcast

Sigrid Pilz (Patientenanwältin der Stadtwien) und Philosoph Lukas Kaelin (Institut für praktische Philosophie) diskutieren über den Coronavirus, Epidemiegesetz und persönliche Freiheiten. Die Sendung gibt es auch im Auf Laut Podcast.

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