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Arlo Parks

Charlie Cummings

Arlo Parks macht Bedroom-Pop der Gen Z

Arlo Parks liefert mit ihrem souligen Bedroom-Pop den Coming of Age Soundtrack der Generation Z. Die 19-jährige Künstlerin aus London ist damit Teil einer neuen Welle von britischem R&B und Bedroom Pop, der stark von weiblichen Künstlerinnen dominiert wird. Was bei ihr lieblich klingt, ist aber eigentlich eine melancholische Zustandsbeschreibung einer Generation, die von Unbehagen geprägt ist.

Von Melissa Erhardt

Glaubt man Arlo Parks, schaut die Welt der Generation Z eher düster aus: Depressionen, toxische Beziehungen, hochidealisierte Insta-Körper à la Kardashian und eine flexibilisierte Arbeitslandschaft, die jegliche Hoffnung auf eine gesicherte Boomer-Zukunft schwinden lässt. Was hoch dramatisch klingt (und auch ist), drückt Arlo Parks auf eine verspielte Weise aus. Untermalt mit sanften Gitarrenriffs und Trip-Hop Beats eignet sich ihre Musik, wenn einfach nur nebenbei gehört, damit sogar für einen Nachmittags-Café-Latte in einem Third Wave Coffee Shop im 7. Wiener Gemeindebezirk. Erst wenn man genauer hinhört, wird die Sache etwas komplizierter.

Gen Z
Als Gen Z werden die Nachfolger der Generation Y bezeichnet. Sie sind zwischen 1995 und 2015 geboren und zeichnen sich laut diversen Online Marketing Lexika vor allem durch ihr Aufwachsen in einer digitalisierten Welt aus. „Digital Natives“ sozusagen.

Die 19-jährige Britin weiß nämlich ziemlich genau, wie sie das melancholische Gefühl, das sie und ihre Generation der Post-2000er umgibt, in ihrer Musik einfangen kann. Dabei klingt sie weder leidend noch kitschig. Eher findet sie einen fast schon sarkastischen Zugang, der die teilweise paradoxen Zustände der Gesellschaft perfekt einkapselt. Etwa, wenn sie in Second Guessing singt:

„Eating Parma Violets / On the way back from therapy / Bleeding out on a velvet couch / They’re kinda worried about me”.

Parma Violets sind quasi die violetten Fizzers nur ohne der „Fizziness“, laut einer Studie des Guardians aus dem Jahr 2005 eine der unbeliebtesten Süßwaren der Millenials. Vielleicht erleben diese ja bald wieder eine Renaissance. Parks‘ Musik ist voll von solchen popkulturellen Andeutungen. Etwa in Eugene, ihrer neuesten Single-Auskoppelung, in der sie feststellen muss, dass sie die ganze Zeit über in ihre beste Freundin verliebt war, diese jetzt aber eben an Eugene vergeben ist: „We’ve been best buds since thirteen / I hold head back when you’re too lean / I hold the Taco Bell and you cried over Eugene / He was mean, he was mean“.

Bedroom Pop mit weit verzweigten Wurzeln

Parks bedient sich in ihrer Musik bei verschiedensten Genres. Während man das große Ganze aufgrund seines DIY-Charakters am einfachsten als Bedroom-Pop zusammenfassen kann (ein Genre, das vor allem das Jahr 2019 stark geprägt hat), reichen die Wurzeln ihrer Musik viel tiefer. Ihr Vater aus Nigeria hatte zuhause vor allem Jazz laufen lassen und seiner Tochter den nigerianischen Musiker und Afrobeat-Begründer Fela Kuti nähergebracht, ihre französische Mutter hingegen bevorzugte Chanson-Legenden wie Edith Piaf und Jaques Bres. Parks’ Onkel hatte ihr in jungen Jahren seine ganze Plattensammlung geschenkt, durch die die Britin auf Folk-Sänger*innen wie Bob Dylan und Tracy Chapman aufmerksam gemacht wurde. Hinzu kamen noch Vorbilder wie Jim Morrison, Erykah Badu, The Strokes oder Leonard Cohen, die allesamt irgendwo Eingang in Parks‘ Musik finden. Produziert wird ein Großteil ihrer Sachen von Gianluca Buccellati, der auch schon für Tei Shi gearbeitet hat.

Die Musikvideos der bei Transgressive Records gesignten Künstlerin erinnern mit ihrer Ästhetik manchmal an Coming-of-Age-Netflix-Serien à la Sex Education. In ihnen nimmt Parks zwar immer eine zentrale Rolle ein, trotzdem wirkt sie eher außenstehend. Fast so als würden die Dinge, von denen sie singt, nur in ihrem Kopf passieren. Emotionslos blickt sie in die Kamera und lässt sich treiben, denn ändern kann sie an ihrer Situation eh nichts mehr. Eine Zustandsbeschreibung eben.

Ende 2020 soll nach zwei EPs, mehreren Video-Releases und ein paar Singles endlich ihr Debütalbum rauskommen. Ob sie damit so erfolgreich sein wird, wie andere Bedroom-Pop-KünstlerInnen, beispielsweise die US-Pop-Sensation Clairo, kann noch nicht gesagt werden. Verdient hätte sie es auf jeden Fall.

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