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Lou Asril

Alex Glotter

Sei der Freak, der du bist: Lou Asril veröffentlicht sein Debüt

Lou Asril hat sein erstes, selbstbetiteltes Mini-Album veröffentlicht. Viel Soul, viel Selbstbestimmung, viel Sex: Es hält alles, was er versprochen hat.

Von Lisa Schneider

Ein Hype ist schnell generiert, es braucht oft wenig. Gutes Aussehen, vielleicht eine gute Aussage auf Social Media. Im Musikbereich dann ein guter Song, vielleicht auch nur ein guter Songschnipsel.

„I love it when your body shakes to the beat“, flüstert uns Lou Asril mit tiefer Stimme vor gut einem Jahr entgegen. Er veröffentlicht seinen ersten Song, er hat ihn schon vor einigen Jahren geschrieben, jetzt ist das Wiener Label Ink darauf aufmerksam geworden und handelt - den Hype schnuppernd? - sofort.

„Divine Goldmine“ ist aber auch ein sanftes Meisterstück.

Wenig verwunderlich, dass eben „Divine Goldmine“ jetzt an allererster Stelle von Lou Asrils selbstbetiteltem, ersten Mini-Album sitzt. Es ist der Weg hinein in seine Welt, in der Minimalismus und große Geste aufeinandertreffen. Es ist eine Welt, in der es vor allem um zwei Dinge geht: Selbstliebe und Selbstbestimmung. Die Freiheit, die sich der gerade 20 Jahre alt gewordene Lou Asril im Songwriting nimmt, und die Freizügigkeit auch, über Sex (und Männer) zu schreiben, lassen einen in Staunen zurück.

Cover "louasril" von Lou Asril

Ink Music

„louasril“ heißt das erste Mini-Album von Lou Asril. Es erscheint via Ink Music.

Von Reife im Kopf und guten Voraussetzungen

Lou Asril lacht viel im Interview, ganz anders, als er sich auf der Bühne oder in seinen Musikvideos gibt. Da ist alles ernst, kantig, genau überlegt, detailreich visualisiert. Trotzdem verschmelzen Lukas Riel, so sein bürgerlicher Name, und Lou Asril mehr zu einem Alter Ego als zu einer Kunstfigur, erzählt er.

Eine wertvolle Sache. Anders als andere, die auf den Zug zeitgeistiger Musiktrends aufspringen, sich akribisch vorbereiten, um hineinzupassen, sitzt Lou Asril schon längst im ersten Abteil. Gewollt, aber eigentlich auch ungeplant. Fragt man ihn, wieso er, aufgewachsen im kleinen Nest Seitenstetten - „dort ist nicht wirklich was los“ - zu R’n’B- und Soulmusik gekommen ist, zuckt er mit den Schultern. „War da, hat gepasst.“

Fragt man ihn, ob es vielleicht Songs gibt, große Hymnen, die er selbst gern geschrieben hätte, sagt er: „Nö.“ Dann lacht er wieder, als würde die Sonne aufgehen.

Was wir mit Lou Asril und seiner jetzt schon steilen Karriere miterleben dürfen, ist im aktuellen österreichischen Musikzirkus eine Ausnahmeerscheinung. Oft hat man gehört von Musik, „die selbstverständlich“ scheint, die „einfach aus ihm/ihr“ herauskommt. Bei Lou Asril ist es tatsächlich so. Hinter der Maske steckt nichts, weil er die Maske ist. Ein solches Talent und Gespür für das, was die Menschen gerade hören wollen, kann nicht weniger als angeboren sein.

Das erste (Mini-)Album

Vier der sechs nun veröffentlichten Songs kennt man schon. Nach dem erwähnten Stück „Divine Goldmine“ gab’s eine kurze, smoothe Disco Extravaganza mit „Soothing Moving“, dann das starke, stimmlich wie immer fordernde „Friek“. Aktuell gipfelt Lou Asrils Talent im Song „Heaven“: Jazz, Pop, irgendwie retro-chic, aber so, dass es für immer gilt.

Die schönste Überraschung auf „louasril“ heißt „Safe and Complete“. Die Gitarre schnurrt sanft im Hintergrund, der Chor nicht zu vergessen (Credo: „give me them ooohs“), und dann eröffnet er mit der Zeile: „I like to be sexy and a man“. Vielmehr, als einfach nur über Sex zu singen, beschreibt Lou Asril ein leidenschaftliches Bild davon, was es heißt, im Hier und Jetzt ein junger Mann zu sein. Gern auch mal in Form einer direkten Aufforderung: „Do me tonight.“ Mit seiner Homosexualität geht er offen um; wie das gute Pop- bzw. gute Lovesongs so an sich haben, ist das Thema aber nie so zugespitzt, als dass es sich nur auf ein singuläres Liebespaar ummünzen lassen würde.

Wenige Menschen dürften mit gerade mal 20 Jahren schon so in sich geruht haben wie Lou Asril. Wenn er es nur vortäuscht, macht er das gut. In einer Zeit von „Rolemodels“, die einem vorwiegend auf Social Media entgegenstrahlen, findet Lou Asril auf elegante Weise einen neuen Standpunkt. Nicht aus Arroganz, sondern aus erarbeiteter Selbstliebe ist er sich selbst ein wichtigstes Vorbild.

Be your own friek.

Vieles, vieles richtig gemacht

Naturgemäß ist die Zukunft immer, aber im Fall von Lou Asrils Karriere doch noch ein bisschen spannender. Vor gut einem Jahr ist Lou Asril bei der Amadeus-Austrian-Music-Awards-Gala als Newcomer aufgetreten, danach ergab eins das andere. Der große Auftritt auf der Seebühne am Popfest, Support für Bilderbuch, ein ausverkauftes RadioKulturhaus - und, wären die aktuellen Umstände nicht die, die sie sind - auch eine ausverkaufte Release-Show im Wiener WUK. Sie soll so schnell wie möglich nachgeholt werden.

Aktuell steht er mit einer sehr guten Band auf der Bühne, die auf lieb-nostalgische Weise schon noch ein bisschen was vom Schülerband-Image des BORG Linz in sich trägt. Das ist nichts Schlechtes. Wer aber weiß, wie das alles in zwei, drei, fünf Jahren aussieht, wenn Lou Asril sich womöglich nach L.A. abgesetzt hat?

Lou Asril am Popfest 2019

Patrick Wally

Lou Asril live am Wiener Popfest 2019

Erfrischend unprätentiös, wie Lou Asril nun mal ist, meint er zum wachsenden Erfolg: „Irgendwas muss ich richtig gemacht haben - dann mach’ ich eben so weiter“.

Mit diesen Worten und einem seiner schönen, ehrlich freudigen Lacher schließt unser Interview. Sowie mit dem letzten Lied des Albums, es heißt „Som Som“. Der Name kryptisch, der Inhalt straight, eine Zauberformel murmelt eingangs die Worte zu einem Liebes- und Schmusesong, der alles Vorangegangene inhaltlich und musikalisch abrundet. Küssen um 3.45.

Es ist so eine Sache mit Hypes. Nervig, blöd sind sie häufig. Manchmal aber ist was dran.

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