„Queen Sono“: Zeigt uns doch mehr von Südafrika!
Vom Maria Motter
Ihre Einsätze kommen ihren Arbeitgebern teuer: Am Ende vercheckt Queen mit Freude die Dienstfahrzeuge. Ein Schmunzeln spielt um ihre Mundwinkel, wenn die Geheimagentin danach gefragt wird. Es ist ein kleiner Kick für diesen klugen, doch eigensinnigen Lockenkopf, der sich diese Serie so sehr selbst gewünscht hat: Die südafrikanische Schauspielerin Pearl Thusi verkörpert die Agentin „Queen Sono“ in der gleich betitelten ersten Netflix-Serie, die vom Drehbuch bis zur Postproduktion auf dem afrikanischen Kontinent hergestellt worden ist. Action!
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Pearl Thusi will mehr Action-Rollen für schwarze Frauen
Tatsächlich ist Queen, wie sie der sanftmütige Sympathieträger und Hacker Fred und ihr Psychiater, ein Jugendfreund, rufen, in Harare, Nairobi und Johannesburg unterwegs. Skyscrapers, Bahnhöfe, Townships und schmucke Vorstadthäuser - es gibt einiges zu schauen in „Queen Sono“, auch dank Kostüm und Ausstattung. Bitte, wäre es drinnen, noch viel mehr in den Straßen Johannisburgs unterwegs sein, bitte nochmal in das Wohnzimmer der Großmutter bitten - es geht leider alles sehr schnell, nur der Plot kommt nicht mit.
Der Plot ist irgendwo zurückgeblieben zwischen dem Picture-Postcard-Style der Bilder, den Stunts und dem ziemlich perfekten Soundtrack. Manchmal rührt er sich, dann lernt man einen weiteren höchstwahrscheinlich korrupten Präsidenten kurz im Stiegenhaus kennen. Der Plot wird schließlich über die ersten sechs Folgen der ersten Staffel gezogen, es ist ein bisschen eine Qual. Alle Aufmerksamkeit lieber auf die Hauptdarstellerin richten.
Es gibt viel zu wenige Rollen für schwarze Frauen in Action-Serien, findet Pearl Thusi. Also hat sie sich mit dem Regisseur und Produzenten Kagiso Lediga ausgetauscht, der in Südafrika auch als Comedian sehr bekannt ist und viele TV-Formate entwickelt hat, und ihm einige ihrer bisherigen Stunts gezeigt. Für den Film „Catching Feelings“ hatten die beiden vor der Kamera gestanden. Thusi hatte in den USA gelebt und gearbeitet, sie war u.a. im Cast der FBI-Serie „Quantico“. Modezeitschriften wie Marie Claire erklärt sie, sie sei es müde, dass US-Amerikaner Nelson Mandela spielten: „It was time for us to take ownership“. 2019 gab Netflix die Produktion von „Queen Sono“ bekannt.
Boom-Tschak! Queen Sono ist mehr James Bond als Carrie Mathison
Auf einer Dachterrasse sitzt ein internationaler Investor mit seinem lokalen Business-Partner. Queen soll die Daten seines Smartphones auslesen, die Distanz zu groß. Also wirft sie schnell mal getrocknete Gewürze in den Grill und schnappt sich das Phone und die Tasche mit dem Laptop. Die erste Verfolgungsjagd spielt sich in den ersten Minuten der ersten Folge auf einem beliebten Marktplatz in Sansibar ab. Ein angeketteter Makake kreischt, ein Hahn kräht, Queen Sono ächzt, während sie ihr Verfolger mit zwei, drei Handgriffen in den Schwitzkasten nimmt und dann gegen den Bauch tritt. Doe eigene Technik hat noch jede Maschine geschlagen. Queen Sono wäre am liebsten Queen Solo.
Viele Motive aus „Queen Sono“ sind sehr vertraut. Warlords, korrupte Präsidenten und solche, die das nie werden wollten, treffen auf internationale InvestorInnen, die den schnellsten Weg zur nächsten Diktatur im Land suchen. Reale Vorbilder wird es viele geben, „Queen Sono“ bleibt aber im Fiktionalen.
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„Queen Sono“ ist mehr „James Bond“ als Homeland. Das macht auch Queen zu einem stabilen Charakter, von privaten Schwierigkeiten einer Carrie Mathison in „Homeland“ ist sie weit entfernt. In Queens schärfsten Erinnerungen steigen Seifenblasen auf, es sind schöne Aufnahmen im Gegenlicht, ein Kind mit seiner Mutter im Park. Seifenblasen sind ein Jahrhunderte altes Motiv der Vanitas, der Vergänglichkeit. Die nicht mehr ganz so junge Agentin ist die Tochter einer ermordeten Freiheitskämpferin. Das kindliche Trauma ist Motivation.
Auch Queens Gegenspielerin ist weiblich: Eine russische Oligarchentochter hält sich hier eine Terrormiliz und bevorzugt trotzdem, ihr unliebsame Menschen eigenhändig zu ermorden. Ein junger Kämpfer - einer, dem man als Zuschauer die Vergangenheit als Kindersoldat sofort hinzudichtet - gibt ihr den Spitznamen „Snow White“, Schneewittchen. Dann doch überraschend grausam und in seiner Figurenzeichnung wie ein Märchen ist „Queen Sono“, die Altersfreigabe ab 16 macht Sinn.
Publiziert am 16.03.2020