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Die Heimkino-Tagebücher: Zucker-Brüder-Filme sind gesund für das Immunsystem

Für feinsinnigen Humor oder gar zynische Witze ist grad nicht der passende Moment. Zeit, die Filme der Zucker-Brüder wieder auszugraben.

Von Christian Fuchs

Es kommt mir jetzt schon sehr weit weg vor, aber vor 14 Tagen lachten meine Kollegin Pia Reiser, der Regisseur Marvin Kren und ich tatsächlich noch im FM4-Studio. Natürlich hielten wir bei den Aufnahmen zu der bislang letzten Ausgabe unseres Filmpodcasts schon Corona-bedingt einen großen Sicherheitsabstand zueinander. An Händeschütteln oder ähnliches war nicht mehr zu denken. Dennoch stellte sich bald eine idyllische Stimmung beim Plaudern über Marvins Film- und Serienvorlieben ein.

Vor allem, als wir nach den Themenblöcken „Freud“ (die finalen Folgen laufen am Sonntag im ORF), Alfred Hitchcock und Zombieschockern zum Klamaukkino kamen. „Die nackte Kanone“ meinte Marvin Kren wie aus der Pistole geschossen, als wir nach seiner Lieblingskomödie fragten. „Bitteschön“, meinte der sympathische Wiener sinngemäß, „Leslie Nielsen als Polizist ist doch der coolste Typ gewesen.“ Manchmal, herrschte Einigkeit im Podcast-Studio, ist entgrenzter, komplett infantiler Humor einfach das Beste.

Vielleicht gerade jetzt, denke ich mir gestern, als ich vor dem heimischen Bluray- und DVD-Regal stehe. Um das Immunsystem mit Lachen zu stärken braucht man hochdosierten Irrwitz. Und nicht feinsinnige Scherze oder gar zynische Witze, wie jetzt überall auf Facebook. Ich halte die Hüllen von „The Naked Gun“, „Kentucky Friend Movie“ und „Airplane!“ in den frisch gewaschenen Händen. Lauter Meisterwerke. Entscheide mich dann aber, zum unzähligsten Mal in meinen Leben, für eine „Unglaubliche Reise in einem verrückten Flugzeug“.

Airplane

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Revolution im Comedygenre

Bodenkontrolle: „209, sie haben Starterlaubnis."
Captain Over: "Roger!"
Kopilot Roger: "Häh?"
Bodenkontrolle: "LA Abflugfrequenz 123,9."
Captain Over: "Roger!"
Kopilot Roger: "Häääh?"
Zweiter Kopilot Viktor: "Erbitte Vektor. Over!"
Captain Over: "Was? Häääh?"
Kopilot Roger: "Wir haben Clearance, Clarence."
Captain Over: "Roger, Roger. Was ist unser Vektor, Viktor?"
Kopilot Viktor: "Erbitte Vektor. Over!"
Captain Over: "Häääh?"
Bodenkontrolle: " Clearance, Clarence. Roger, Roger. Over, Over.“

Ich weiß, liebe Millennials, dieser Dialog stammt aus der Steinzeit des Kinos, konkret aus dem Jahr 1980. Und wenn ich jetzt gerade ich als erklärter Gegner von Filmsynchronisationen behaupte, die deutsche Fassung von „Airplane!“ ist ein Geniestreich, werden manche den Kopf schütteln. Egal, ich erzähle jetzt trotzdem einiges über diesen Film, der das Comedygenre revolutionierte.

Vor „Airplane!“ funktionierte Humor im Kino jahrzehntelang nach konservativen Regeln. In eine klassische Spielhandlung wurden in regelmäßigen Abständen komische Einlagen eingestreut. Ein Rezept, dass manchmal aufging, in vielen Fällen aber auch nervte.

„Die unglaubliche Reise in einem verrückten Flugzeug“ überraschte als radikale Antithese zu diesen Prinzipien. Das Regietrio David Zucker, Jim Abrahams und Jerry Zucker verzichtete in seiner ultimativen Katastrophenfilmparodie auf alle Konventionen. Nur die im Stakkato-Tempo aneinandergereihten Gags zählten.

Airplane

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Respektlosigkeit als oberstes Prinzip

Captain Over: „Warst du vorher schon mal in einem Cockpit?"
Der kleine Joey: "Nein Sir, ich war noch nie vorher in einem Flugzeug."
Captain Over: "Hast du schon mal einen erwachsenen Mann nackt gesehen? Joey, warst du schon mal in einer Sporthalle?
Stewardess: "Ich glaube wir sollten jetzt lieber gehen."
Captain Over: "Nein, er kann ruhig noch hierbleiben. Joey, sag mal, warst du schon mal in einem türkischen Gefängnis?“

Ganz klar, der Film ist sehr in seiner Ära verhaftet, die fast schon kriminell unkorrekt war. Es gibt Gags über Geschlechterdifferenzen, verschiedene Hautfarben, totkranke Kinder und Menschen mit Behinderung. Dabei verschont das Regietrio, das sich in einer respektlosen jüdischen Humortradition sieht, nichts und niemanden.

Aber irgendwie gelingt es den Zucker-Brüdern auch all die schlüpfrigen Witze fast charmant und unschuldig zu präsentieren. Ein Comedykonzept der ganz neuen Art war das jedenfalls. Zumindest für jene Zuseher, die den Vorgängerfilm des „Airplane!“-Teams nicht kannten. „Kentucky Fried Movie“, 1977 gedreht, entwickelte sich von einem belächelten Studentenulk zum Hit in den Mitternachtsvorstellungen. So eine Mischung aus derb geschmacklosen Sketches und kindischen Parodien hatte die Welt noch nicht gesehen.

Airplane

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Seriöse, abgehalferte Volltrottel

Was die Streifen von Zucker-Abrahams-Zucker (kurz: ZAZ) so einmalig machte, war auch ihre Besetzungspolitik. Ganz bewusst verzichteten die Blödel-Anarchisten auf bekannte Komiker in ihren Werken. Und besetzten stattdessen die haarsträubensten Rollen mit seriösen, aber abgehalfterten Gesichtern aus Film und Fernsehen. So tauchten für „Airplane!“ ergraute Mimen wie Lloyd Bridges (der Vater von Jeff) aus der Versenkung auf - um sich zum Volltrottel zu machen. Nicht zu vergessen ein gewisser Leslie Nielsen.

Stewardess Elaine: „Ein Spital? Was ist das?"
Dr. Rumack: "Ein großes Gebäude mit vielen Patienten drin, aber das ist im Moment nicht so wichtig.“

Der riesige Erfolg der „Unglaublichen Reise“, an den in Hollywoodkreisen zunächst niemand glaubte, hatte diverse Folgen. Neben einer mittelmäßigen Fortsetzung, mit der ZAZ nichts zu tun hatten, verdanken wir ihm auch „Top Secret“ (1984), der den Wahnsinn auf die Spitze treibt. In welchem anderen Film dufte Val Kilmer Sätze wie diesen sprechen: „Meine Eltern haben mich in einem Einkaufszentrum vergessen, ich wuchs in der Lebensmittelabteilung auf.“

Am Höhepunkt einer Durchgeknalltheit angekommen, die der gemeine Zuseher schon nicht mehr versteht, gehen ZAZ getrennte Wege. Jerry Zucker setzt sich unter anderem für die Patrick Swayze-Schnulze „Ghost“ in den Regiestuhl, aber sein Bruder David bleibt dem Klamauk treu. Nicht nur die großartige Fernsehserie „Police Squad“ geht auf sein Konto, auch die darauf basierende „Naked Gun“-Trilogie rund um Ausnahmecop Frank Drebin. In der liefert nicht nur Leslie Nielsen echte Glanzleistungen ab, wir sehen auch den späteren Skandalkiller O.J. Simpson eine Treppe runterfallen.

Naked Gun

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Die Klasse der frühen ZAZ-Geniestreiche erreicht David Zucker später nicht mehr, aber sogar komplette Hirnrissigkeiten wie ‚BASEketball‘ (1998, mit den South Park-Machern vor der Kamera) haben ihre Momente. Was auch für „Scary Movie 3“ gilt, dem gelungensten Beitrag der etwas peinlichen Reihe. Sicher, an Geniestreiche wie „Airplane!“ oder „Die nackte Kanone“ kommt der nicht ran. Aber ein Film, in dem Hunde Traktor fahren und kiffend im Garten abhängen, kann nicht ganz schlecht sein, oder? In diesem Sinne: Viel Vergnügen, stay at home, stay safe.

Kleines PS:
Mann von der Bodenkontrolle: Captain, sollten wir jetzt nicht die Lichter auf der Landebahn einschalten?
Captain Kramer: „Neeein, damit rechnen die da oben ja.“

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