FM4-Logo

jetzt live:

Aktueller Musiktitel:

Der Sänger The Weeknd

XO Records

The Weeknd nimmt uns mit in sein düsteres Universum

The Weeknd, das ist bisweilen totaler Mainstream, klar. Aber der Sänger traut sich auf seinem neuen Album „After Hours“ immer wieder Sachen, die sonst kaum jemand ganz oben in den Charts wagt.

Von Felix Diewald

Anfang März bei „Saturday Night Live“, The Weeknd betritt die Bühne von Amerikas wichtigster Late Night-Show. Er performt seine neue Single „Blinding Lights“, einen amtlichen Synth-Pop-Hit. Dabei trägt der R&B-Superstar ein All-Black-Outfit mit rotem Blazer, Lederhandschuhen und er hat ein Cut unter dem rechten Auge plus eine gebrochene Nase mit Verband drüber. Was ist passiert? Wer hat ihn so zugerichtet? Die eigenwillige Aufmachung ist nur Maske und teil der größeren Storyline von „After Hours“, dem mittlerweile vierten Album von The Weeknd. Im zugehörigen Kurzfilm ist der kanadische Sänger im selben „Look“ bei einem Nightrace durch Las Vegas zu sehen.

Verwandlung

Auch auf dem „After Hours“-Albumcover grinst The Weeknd einem mit empor gereckten Kinn und blutverschmiertem Gesicht leicht irr entgegen. Doch The Weeknd schminkt sich nicht nur für Videos und Auftritte anders als früher. Seine visuelle Erscheinung ist eine komplett andere als noch zu seinem letzten Release „Dear Melancholy“ im Jahr 2018. Eine Riesensache bei einem Popstar. Als er beim Toronto Film Festival vergangenen September zum ersten Mal ohne der von ihm geprägten The Weeknd-Frisur (eine Dreadlock-Palme mit abrasierten Seiten) erschien, sondern mit kürzerem Afro, dünnem Schnauzer und mit komischer Sonnebrille, irgendwie wie Bruno-Mars aussehend, schrieben Menschen in Youtube-Kommentaren Dinge wie: „Schwöre, jedes Mal, wenn The Weeknd zurückkommt, ist er eine andere Person.“ Oder: „Jedes Jahr verwandelt er sich und wird besser, wie ein Pokémon.“

Der Sänger The Weeknd

XO Records

Dabei war lange nicht klar, dass aus dem Sänger aus einer Vorstadt Torontos je so ein verlässlicher Hit-Garant und Pop-Superstar werden würde. Als The Weeknd 2011 mit seinem Future-R&B-Debüt-Mixtape „House of Ballons“ bekannt wurde, geschah dies mit Texten über Drogen, Sex und existentielles Leid, die sehr explizit und so ganz und gar nicht passend waren für die amerikanische Mainstream-Radio-Stationen. Und trotzdem funktionierte das mit dem Popstar-Werden irgendwie, und ohne zu sehr ins Profane abzurutschen.

Melancholische Selbstbetrachtung

„After Hours“ ist aktuellsten Verwandlung des Abel Makkonen Tesfaye, wie The Weeknd eigentlich heißt. Hier gibt er sich auf 14 Liedern einmal mehr als reuevoller sad boy, aber diesmal weniger tanzbar als zum Beispiel auf dem 2016er-Klassiker „Starboy“. „After Hours“ ist vielmehr eine melancholische Selbstbetrachtung, für die the Weekend kein einziges Feature braucht. (Nur auf „Scared to Live“ gibts ein kurzes Voice-Sample von Elton John.)

Das neue Album „After Hours“ ist, das wird schon nach einigen Nummern klar, eine einsame One-Man-Show. „Ich bleib eigentlich am Liebsten Zuhause“, sagte er wenig überraschend vor einiger Zeit in einem Interview mit dem CR Fashionbook.

Der Sänger The Weeknd

XO Records

80ies fürs Radio

„After Hours“ fühlt sich an, als wären wir in The Weeknds düsterem Universum. Ein Universum, das aber trotzdem noch sehr eingängig klingt. Dafür verantwortlich: Produzenten, die wissen, wie sie den 80ies-Sound von „After Hours“, all die hallenden Synths und Drums, in die Gegenwart hieven. Zum Beispiel das schwedische Songschreiber-Genie Max Martin (u.a. Britney Spears, Katy Perry, Taylor Swift), der The Weeknd 2015 schon den Überhit „Can’t Feel My Face“ bescherte.

Die zwei Seiten des The Weeknd

Max Martin zeigt mit den super poppigen Mitsing-Liedern „In Your Eyes“ und „Save Your Tears“ die eine Seite von The Weeknd: Den Typen, der gerne Stadien-Konzerte gibt und kein Problem mit Auto-Werbespots hat. Gut, dass bei „After Hours“ aber auch Menschen wie der Hip Hop-Produzent Metro Boomin aus Atlanta mit im Studio gesessen sind. Sie lassen zum Beispiel in „Escape From LA“ oder der Lead-Single „Heartless“ den verdrogten, introvertierten und komplizierten Crooner zu Vorschein kommen, der The Weeknd auch sein kann. Diese zwei Welten stringent vereinen — das ist das The Weeknd-Ding.

Selbe Story

Die immer wiederkehrenden The Weeknd-Motive finden sich natürlich auch auf „After Hours“: Ich bereue, was ich getan hab (in „Hardest to Love“); Shit, diese Beziehung funktioniert nicht (in „Save your Tears“); Ich bin von dir abhängig (in „Alone Again“). Das gibt einem als The Weeknd-Fan zwar eine gewisse Sicherheit, aber man kann ihm schon auch ankreiden, dass er sich da thematisch wenig Neues überlegt hat.

No Happy End

Der Sänger The Weeknd

XO Records

„After Hours“ von The Weeknd ist am 20.3.2020 bei XO Records erschienen.

Nach den zwei Pop-Hits „In Your Eyes“ und „Save Your Tears“ driftet das Album schließlich ins Düstere, mit „After Hours“ und dem tollen „Faith“ über den Struggle mit Drogensucht: „I’ve been sober for a year, now it’s time for me / To go back to my old ways, don’t you cry for me/Thought I’d be a better man, but I lied to me and to you.“ Der letzte Song, „Until I Bleed Out“ bildet schließlich das Unhappy Ending von „After Hours“.


Totaler Mainstream, aber immer wieder mutig

Die Musik von The Weeknd, das ist bisweilen totaler Mainstream, klar. Aber der Sänger traut sich zwischendurch eben auch Sachen, die sonst kaum jemand ganz oben in den Charts wagt.

mehr Musik:

Aktuell: