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Screenshot von "Lair of the Clockwork God"

Size Five Games

Game

Zwei Antihelden rätseln sich durch die Welt der Gefühle

Der eine ist ein träger Kombinierer, der andere ein untersetztes Springinkerl. Doch nur gemeinsam können Ben und Dan den Weltuntergang aufhalten. „Lair of the Clockwork God“ ist ein Geheimtipp des ersten Spielequartals des Jahres.

Von Robert Glashüttner

Computer- und Videospiele sind ungeheuer reichhaltig und bieten vom gelegentlichen „Minesweeper“ bis zum täglichen „PUBG“ eine ungeahnte Bandbreite. Dennoch leben Games auch viel von Klischees und Repetition: Kein Fantasy-Rollenspiel ohne Feuerbälle, kaum ein Puzzle Game ohne verschiebbare Truhen, wenige Jump’n’Runs ohne Wandsprung.

Auf die Metaebene zu wechseln und diese Üblichkeiten und Wiederholungen durch den Kakao zu ziehen, ist da durchaus naheliegend, aber alles andere als einfach. Guter Humor ist nicht jedem gegeben, und Selbstironie alleine macht noch kein gelungenes Spiel. „Lair of the Clockwork God“ bietet allerdings beides und ist schon jetzt ein Anwärter für eines der besten Games des laufenden Jahres - obwohl es derzeit noch erstaunlich unbekannt ist.

Ziemlich beste Freunde

Das Game ist ein Hybrid aus zwei zwar langgedienten, aber immer noch ziemlich hippen und erfolgreichen Genres: Grafikadventures und Jump’n’Runs. Beide Gattungen haben ihre Ursprünge in den frühen 1980er Jahren, erhielten aber durch die Jahrzehnte immer wieder diverse Frischzellenkuren. Jede dieser zwei Gattungen wird durch eine Figur im Spiel repräsentiert: Ben, ein schlaksiger, etwas träger Kombinierer, will nur denken und Rätselaufgaben lösen, während Dan, ein kompakter Möchtegernheld mit zu großen Händen, ständig mit seinen Hüpftalenten angeben möchte. Dementsprechend ist „Lair of the Clockwork God“ eine ständige Mischung aus beidem, also Jump’n’Run und Adventure.

Ben und Dan sind ziemlich gegensätzlich und trotzdem beste Freunde. Zunächst suchen sie in einem Dschungel nach einer magischen Blume, die Krebs heilen soll. Als sie wieder in ihren Heimatort London zurückkehren, ist sie aber nicht mehr relevant – denn die Stadt und möglicherweise bald auch die ganze Welt versinken gerade aufgrund einer apokalyptischen Attacke im Chaos. Die beiden Antihelden flüchten daraufhin mit einem lebenden Lift zum Mittelpunkt der Erde, um dort einen antiken Computer dazu zu bewegen, die Welt zu retten.

Emotionen für den lieben Computergott

Dan und Ben werden fortan ziemlich lange in diesem Schutzbunker bleiben - und doch wird es sie dabei ständig in andere Umgebungen werfen; solche nämlich, die der Clockwork God für sie bereitgestellt hat, damit er über die grundlegenden Emotionen der Menschen lernt. Denn erst, sobald er dieses Wissen wiedererlangt und damit die Relevanz der Menschheit erkennt, erlaubt ihm seine Programmierung, die Apokalypse aufzuhalten.

Screenshot von "Lair of the Clockwork God"

Size Five Games

„Lair of the Clockwork God“ von Size Five Games ist für Windows, MacOS und Linux erschienen. Beim Kauf bekommt man die Graphic-Novel-Miniatur „Devil’s Kiss“ gratis dazu, die gewohnt humorvoll Ben und Dans Kennenlerngeschichte erzählt.

So machen sich die beiden Antihelden auf den Weg in die Welt der Feels: Freude, Angst, Trauer, Reue, etc. werden in Form eigener Spielewelten repräsentiert. Wie etwa in der „Trine“-Serie wechseln wir dabei stets per Knopfdruck zwischen Dan und Ben hin und her und lassen ihre jeweiligen Talente spielen: Der eine springt auf höher gelegene Plattformen und schiebt Truhen (schon wieder!) durch die Gegend, während der andere mit Figuren spricht und Gegenstände kombiniert.

Bester britischer Humor

„Lair of the Clockwork God“ strotzt vor Einfallsreichtum und kuriosen Begegnungen. Die beiden Freunde sind nie um witzige Dialoge verlegen und stolpern von einer absurden Situation in die nächste. Da gibt es antike Teleportationstore, gepeinigte Clowns, verdrehte Gravitation, sprechende Dinosaurier oder gruselig-verlassene Raumschiffe. Die zweidimensionale Comicgrafik stützt das ebenso sonderbare wie amüsante Spielgeschehen in einer kongenialen Weise.

Screenshot von "Lair of the Clockwork God"

Size Five Games

Sowohl der Humor als auch der bunte visuelle Stil orientieren sich an alten Lucasarts-Adventures wie etwa „Day of the Tentacle" oder „Sam & Max“. Die Witze und Rätsel sind dabei mindestens so gut wie bei diesen Klassikern. Das liegt unter anderem daran, dass Ben und Dan nicht bloß lustige Figuren sind, sondern auch Alter Egos ihrer britischen Spieleentwickler Ben Ward und Dan Marshall, die bereits seit über zehn Jahren gemeinsam Games konzipieren und entwickeln. „Clockwork God“ ist bereits der dritte Teil einer Serie, bei denen sich die zwei Spieleentwickler mehr oder weniger selbst als Figuren inszeniert haben.

Wer einigermaßen fortgeschrittene Englisch-Kenntnisse mitbringt, wird von „Lair of the Clockwork God“ in vielerlei Hinsicht begeistert sein und einige unterhaltsame Stunden damit verbringen. Popkultur- und Gameswissen ist von Vorteil, um viele der Gags nachvollziehen zu können - sie sind aber nicht zwingend notwendig, um mit dem Titel Spaß zu haben. Spielerisch sind die Herausfordungen so ausbalanciert, dass sie erfahrene Knobel- und Hüpfmenschen nicht unterfordern, aber auch Wenigspieler*innen damit gut umgehen können.

Screenshot von "Lair of the Clockwork God"

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