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Händedruck

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MARC CARNAL

Hinfällige Begrüßung-Rituale

Ob Bürgermeisterschüttler, Fischhand oder Zwickerbussis - Nutzen wir doch die Corona-Einkehr, um üble Arten der Begrüßung hinter uns zu lassen.

Eine Kolumne von Marc Carnal

Das Corona-Virus, von Journalisten auch nach Monaten immer noch stur als NEUARTIGES Corona-Virus bezeichnet, das NEUARTIGE Corona-VIrus also hat eine Reihe NEUARTIGER Begrüßungs-Rituale hervorgebracht. Ob Arsch-Bump, Vulkanier-Gruß, Japan-Verbeugung oder Fuß-Touch, allesamt sind sie zwar doof, aber aber aus virologischer Sicht durchaus angebracht.

Wir könnten die Überschreibung gewisser Rituale ja dafür nutzen, nach der erfolgreichen Eindämmung des NEUARTIGEN Corona-Virus nicht wieder zu sämtlichen alten Ritualen zurückzukehren. Gerade beim Thema Begrüßung gibt es durchaus gesellschaftliches Verbesserungspotenzial. Ich fordere die Restbevölkerung daher auf, die Corona-Krise als Chance zu sehen und künftig folgende schlimmen Arten der Begrüßung nicht wieder einzuführen:

Der saubere Finger

Wenn jemand gerade Autoreifen gewechselt, einen Mürbteig geknetet oder die Fassade verputzt hat, einen Ankömmling aber trotz verschmierter Griffel begrüßen will, wird gerne mit einem verlegenen Lächeln der letzte saubere Finger ausgestreckt. Man soll dann diesen einen Finger schütteln und dabei ebenfalls verlegen lächeln. Ein simples Hallo ohne Fingerschütteln wäre für beide Seiten aber die angenehmere Variante.

Buchcover "Die sieben Säulen des Glücks"

Milena Verlag

Echte Literatur-Prepper haben sich natürlich längst mit mehreren Exemplaren von „Die 7 Säulen des Glücks“ aus dem FM4-Shop eingedeckt. Die Lager sind trotzdem immer noch gut gefüllt.

Die Fischhand

Die Fischhand, also ein ausgesprochen schlaffer, an einen toten Fisch erinnernder Hände”druck”, wurde auf Kabarettbühnen oder in Kurier-Kolumnen ja schon zur Genüge erörtert. Aber folgende Fragen würden mich interessieren: Was denken eigentlich Fischhand-Geber, wenn man sich in Kabarett-Programm oder Kurier-Glossen über ihren blutleeren Händedruck lustig macht? Fühlen Sie sich angesprochen und geloben innerlich Besserung? Oder checken die vielleicht gar nicht, dass sie keinen vernünftigen Händedruck haben? Und was passiert eigentlich, wenn sich zwei Fischhand-Geber begegnen? Legen sie dann einfach ihre schlaffen, kalten Teighände ineinander und keiner von beiden drückt zu? Die Fischhand muss nach Corona jedenfalls fix verschwinden!

Drei Küsschen

Geliebte Leute mit fetten Schmatzern auf ihre roten Pausbacken zu begrüßen, ist ja sehr nett. Begrüßt man auf diese Weise aber Vorarlberger, drücken sie einem immer ein drittes Bussi ins Gesicht und sagen dabei “WIR in Vorarlberg küssen uns dreimal!” Vorarlberger weisen permanent darauf hin, was in ihrem Bundesland alles anders, besser oder schöner ist. Muss das sein? Ich würde nach zehn Jahren in Vorarlberg ja auch nicht sagen: “WIR in Wien begrüßen uns gar nicht”. Sondern brav links-rechts-links busseln.

Es bleibt zu hoffen, dass sich die renitenten Vorarlberger in der Corona-Krise ihren heimattümelnden Käsknöpfle-Stolz abgewöhnen und nach zwei Bussis aufhören.

Hongi

Bei diesem Māori-Gruß werden die Nasen so aneinandergedrückt, dass man den Atem des Gegenübers spürt. Dieses Ritual ist definitiv nicht Corona-proof! Und könnte nach der Krise aus Doofheits-Gründen ruhig aus der Māori-Kultur wegrationalisiert werden.

Hongi-Begrüßung

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Boxen

Die Begrüßung der Sportsfreunde! Sportsfreund A klopft Sportsfreund B zuerst mehrmals fest auf den Buckel, watscht amikal sein Gesicht, lacht schweinisch und macht dann angedeutete Box-Bewegungen in Richtung des anderen Sportsfreund-Rumpfes, die ungefähr bedeuten: “NA du alter Sportsfreund du, HAHAHAHA!”

Braucht kein Mensch.

Die Pseudo-Umarmung

Wenn sich zwei aus vollem Herzen umarmen, ist das schön. Es gibt aber eine Form der halbherzigen Umarmung, die für beide in Wahrheit unangenehm ist. Sie findet zwischen Menschen statt, die sich schon ein bisschen zu gerne für ein profanes Händeschütteln mögen, aber auch zu wenig, um einander die Gfrieser abzubusseln. Also umarmt man sich, aber irgendwie... nicht richtig. Technisch gesehen steht man eigentlich nur eng beisammen und poscht sich ohne sonstige Berührung gegenseitig leicht auf den Rücken. Das ist halbherzig und schal. Wenn umarmen, dann richtig mit drücken und lachen und minutenlang hüpfen!

Hitler-Gruß

Jajaja, schon klar, dass der in dieser Aufzählung eigentlich nichts verloren hat. Der Satzbeginn “Man kann viel gegen den Hitler-Gruß sagen, aber...” verbietet sich von selbst. Ich wage es aber trotzdem: Man kann viel gegen den Hitler-Gruß sagen, aber rein Ansteckungs-technisch sind Neonazis gerade ziemlich safe.

Der Bürgermeisterschüttler

Die Old-White-Man-Begrüßung schlechthin - Der Bürgermeisterschüttler, oft garniert mit einem sinnlosen Griff auf den Oberarm oder väterlichem Knöchel-Tätscheln, zeichnet sich vor allem durch die unangenehme Kombi aus Festigkeit und Dauer aus. Wer im privaten Rahmen anderer Leute Hände so lange und fest schüttelt, als würde man gerade bei einem Windrad-Spatenstich für den Gemeindeblatt-Fotografen posieren, drückt damit patriarchale Dominanz aus. Kein Wunder, dass ausgerechnet Donald Trump der heimliche Weltmeister in dieser Disziplin ist:

Zwickerbussi

Mit beiden Händen in ein fremdes Gesicht greifen UND direkter Speichelaustausch - Das Zwickerbussi ist Corona-technisch in doppelter Hinsicht fehl am Platz. Und sollte das bitteschön für immer bleiben!
Liebe Tanti G., es ist sehr unwahrscheinlich, dass du diese Zeilen liest. Aber falls doch, möchte ich dir hiermit in aller Klarheit sagen, dass ich deine EKELHAFTEN Lippenstift-Zwickerbussis mit Weißwein/Tschick-Fahne, die du mir als Kind jahrelang reingedrückt hast, immer GEHASST habe. Ich versteh schon, dass es verlockend ist, ein zartes Knabengesicht wie das des süßen kleine Marcimarc zu kneifen und abzuschmusen. Aber für den Empfänger ist so ein Zwickerbussi furchtbar! Bitte mach das nicht mehr, Tante G.! Niemand soll das mehr machen!

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