Songs gegen die Krise und Neues von Baswod, New Wellness, Mavi Phoenix u.v.m.

Die Welt und unser Leben haben sich verändert. Gleich geblieben ist die Begeisterung für neue Musik aus Österreich. Aus der Krise geborene Songs, Sessions, neue Alben und Videos aus Österreich unterstützen unsern Alltag.

Von Andreas Gstettner-Brugger

Die Ereignisse der vergangenen Tage haben wohl viele von uns mit einer großen Wucht getroffen und einer unglaublichen Schnelligkeit überrascht. Um sie emotional abzufangen, zuordnen zu können und parallel ein Stück weit zu verarbeiten, haben viele Menschen ganz unterschiedliche Methoden. Während sich manche mit Indoor-Sport und Entspannungsübungen helfen, liefern die Kreativen und Künstler*innen Blogs, Songs, Sessions und Online-Konzerte.

Einen Überblick dazu, was sich im Netz mit Musik, Theater und Lesungen abspielt, findet ihr hier. Da ist auch der Link zum ersten Homestage Festival, das vom 27. bis 29.3. stattfindet. Mit dabei ist neben Sigrid Horn, Squalloscope, Kerosin95 und Yasmo auch Mira Lu Kovacs. Sie hat uns schon vorab einen Song geschenkt, der passender nicht sein könnte. Ihr Cover von Enya’s „Only Time“, das vor allem durch die Berichterstattung zu 9/11 Bekanntheit erlangte.

Und auch Anja Plaschg alias Soap & Skin hat mit ihrer Schwester Evelyn einen Song gecovert, der ebenfalls in die gegenwärtige Zeit passt. „What’s Going On?“ von den Four Non Blondes enthält neben den herrlich knarzenden Elektroniksounds und schönen Synthie-Flächen das geblasene Flügelhorn von Martin Eberle. Glitzernder, euphorischer, emotional aufgeladener und berührender kann eine Coverversion dieses Songs wohl kaum sein.

Einen anderen Zugang haben Skero, die Maasnbriada und BumBum Kunst, um die Lage der Nation aus der Quarantäne in einen Track zu verpacken. Die Hamsterkäufe und die Hektik, möglichst viel Klopapier anzuhäufen, haben Skero und seine Briada als Spiegelbild der Gesellschaft und ihrer Reaktion auf diese Situation in einen fetten HipHop-Track einfließen lassen, bei dem einem mit dem beeindruckenden Video das Lachen im Hals stecken bleibt.

Neben all diesen schönen Krisenbewältigungssongs sind auch ein paar „reguläre“ Videos erschienen. Mehr zu Songs und Aktionen aus der Quarantäne gibt’s in unserem Kurzberichtsteil dieser Kolumne.

Baswod - „Skin | Elegy Of Symmetry | Skin“

Der Villacher Singer Songwriter Dominik Linder hat mit seinem Projekt BASWOD schon zwei Platten veröffentlicht. Sie bestechen durch die fragilen Songs, die zarte Stimme von Dominik und die intime Atmosphäre. Mittlerweile ist der Musiker von Wien nach Hamburg gezogen, um dort nach einem halben Jahr seinen Brotjob zu kündigen und fortan Musik zu machen.

Das neue, dritte Album „I Need You To Pencil In The Rest“ erscheint kommenden Freitag am 27.3. und ist ein unglaublich vielschichtiges, emotional berührendes, detailverliebtes, schwebendes Werk geworden. Auch die erste Single nimmt einen sofort gefangen. Im Stil von Bon Iver oder so mancher skandinavischer Band verschmelzt hier Dominik einfache Gitarren- und Klaviermelodien mit rollendem Schlagzeug, opulenten Harmonien und wundervollem Gesang. Die erste Single „Skin | Elegy Of Symmetry | Skin“ ist ein melancholischer und doch hoffnungsvoller Song über die Momente im Leben, die perfekt sind, in denen wir uns wohl und glücklich fühlen. Und auch wenn sie nur Minuten dauern, so sind sie mit diesem Lied immer wieder abrufbar. Auch in schwierigen Zeiten.

Mavi Phoenix - „12 Inch“

Schon 2019 war für Mavi Phoenix ein schwieriges aber auch gutes Jahr. Er ist an die öffentlichtkeit gegangen, dass er ein Transgender-Mann ist und diese Wandlung hat maßgelblich das Debüt-Album „Boys Toys“ thematisch bestimmt, das am 3. April erscheint.

Das hat uns Mavi Phoenix in einem Interview erklärt: „Ich war gefangen in dem, dass ich eine Frau bin, ich kann nichts machen. Auch wenn ich seit ich klein bin mich fühle, als wenn ich eigentlich ein Typ wäre. Ich habe mich gefühlt, dass ich so vieles verpasse und mein Leben scheiße ist. Dann hat es bei mir klick gemacht und ich dachte: ich hätte so viel mehr zu geben, wenn ich es einfach akzeptieren würde, wie ich fühle. Dann könnte ich mein ganzes Potential ausschöpfen und ein cooler Dude sein. Das versuche ich gerade.“

Ein cooler Dude ist er in dem Video zu seiner neuen Single „12 Inches“, wohl einer der besten Songs von Mavi bis jetzt. Da sind wir gespannt, was es sonst noch so auf dem Album zu hören geben wird.

New Wellness - „Coco Baptiste“

Silvio Lenglachner alias New Wellness ist unser Soundpark Act des Monats März und hat sich am Anfang schwer getan, nach der Auflösung seiner Band We Walk Walls wieder Musik zu machen. Etwa ein halbes Jahr hat der Millennial gebraucht, um sich musikalisch neu zu orientieren. Am 27.3. präsentiert er sein Debüt „Lexicon Of Untold Stories“, das eindeutig die Themen der Generation Y wiederspiegelt.

Auch das Video zu der neuen Single „Coco Baptiste“ ist ein sehr schön montiertes, detailreiches und buntes Filmchen geworden, das alle Sorten der digital-vernetzten Kultur miteinander verbindet. Ein Video, das uns an seiner eigenen Entstehung teilhaben lässt. Der Song ist ein dichtes, starkes Elektro-Pop-Stück, zurückgelehnt und gleichzeitig mit energiegeladener Atmosphäre.

Crush - „Twist And Shout“

Nachdem die Grazer Dream-Pop Band Crush noch letzte Woche von einer Verschiebung ihrer neuen EP „Sundown“ berichtet hat, ist sie jetzt doch erscheinen. Zusätzlich gibt es auch jetzt das Video der schönen Single „Twist & Shout“. Erneut hat sich Gabriel Hyden um die visuelle Umsetzung gekümmert. Es ist fast schon ein klassisches Bandvideo geworden, das die fünf Musiker*innen in den unterschiedlichen Locations zeigt. Der Song ist eine mitreißende Indiepop-Nummer, die mit ihren bisschen noisigeren Gitarrenstrecken an die 90er erinnert. Ein feines Stück, das man sich immer wieder anhören kann.

Auch noch gut und gut zu wissen

• Auch wenn der Song schon einige Wochen gelegen ist, haben At Pavillon ihn genau jetzt rausgehauen. „Move On“, ein positiver Song mit der Message den Blick nach vorne zu richten. Mit passendem „Isolationsvideo“ im Keller. Ein wuchtiger und großartiger Song. Die Bloc Party lässt grüßen!

• Der multimediale Künstler und Musiker Deathdeathdeath veröffentlicht im Moment eine gute Single nach der anderen. Das neueste Stück nennt sich „Between My Eyes“ und ist eine Kooperation mit Land Of Ooo. Das Lyrik-Wald-Video mit den schönen bunten Tüchern passt gut zu dem elektronischen, langsamen, trip-hoppigen Stück.

• Wie viele andere auch hat der Nino aus Wien uns ein kleines Konzert aus der Isolation in Wien gespielt. Eine ganze Stunde können wir dem Nino lauschen.

• Eine ganz andere Idee der Coverversion und Verarbeitung der aktuellen Situation hatte Alexander Lausch. Im Gegensatz zum Sound seiner Band Lausch ist diesmal im Tribut an John Cage Stille angesagt am Balkon.

• Anders machen es Lea Santee. Sie lassen uns ein bisschen an ihrer Tracy Champan Coverversion teilhaben. Nice und privat.

• Mit dem Daheimbleiben gehadert hat auch Lukas Meschik, Autor und Musiker. Statt einer Live-Präsentation seines neuen Projekts Moll hat er mit seinen Mitmusikern uns den Daheimbleib-Blues geschenkt. Außerdem schreibt Lukas mit „Coronarrativ“ ein exzellentes Tagebuch über seine Eindrücke und seine Assoziationen. Sehr lesenswert!

• Weil viele von uns gerade sehr viel Zeit zuhause haben und vielleicht des Binge Watching überdrüssig werden, empfiehlt es sich die Doku „Es is zum Scheissn“ über Punk in Wien. Ein witziges und spannendes Zeitdokument.

• Und nicht vergessen: Unterstützt unsere heimische Szene und besorgt euch die wunderbaren Alben, die gerade erscheinen. Wie von Good Wilson oder My Ugly Clementine!

• In der letzten Donnerstagsausgabe des Soundparks habe ich euch Songs gegen die Krise vorstellen dürfen. Auch die neue Mavi Phoenix Single. Die FM4 Stay At Home Session von Avec war ebenso zu hören wie die Lieblingssongs der Steaming Satellites.

• Die Soundpark Nacht am Sonntag war dann auch prall gefüllt. Baswod führt uns durch sein neues Album, Lukas Meschik stellt uns sein neues Projekt Moll vor, Sigrid Horn präsentiert ihre neue Platte „I Bleib Do“ und Lisa Schneider hat sich mit Lou Asril über seine Debüt-EP unterhalten.