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Laurie

Fabian Zerche

fm4 soundpark act

Everything must go: Laurie ist unser FM4 Soundpark Act im April

Americana aus Wien, irgendwo zwischen Dinosaur Jr. und Wilco. Laurie ist unser FM4 Soundpark Act im April, weil: Zeitlosigkeit ist nicht nur in der Mode eine kostbare Sache.

Von Lisa Schneider

The Nationals Matt Berninger schreibt bekanntermaßen sehr anspruchsvolle Texte. Er nimmt gern Platz vor dem Bücherregal seiner Frau Carin Besser, es dürfte durchaus gut sortiert sein. Aus Buchtiteln von Sean Wilsey oder James Salter baut Berninger dann abstrakt-schöne Satzgefüge wie im Song "Light Years“ zusammen.

Gewusst, wie

Hört man sich die Songs von Laurie an - sein erstes Solo-Album erscheint am 10. April - bleibt man schnell an ebenso gut durchdachten, emotional geladenen Sätzen hängen. „A burst of light / A moment of insight / Born in the glare of the headlights“ singt er etwa im Song „Your Man“. „I get on with life as a scientist / But I’m a shaky person“ lauten die ersten zwei Zeilen von „Scientist Of Man“.

Dabei, lacht Laurie im Telefoninterview, hat er gerade für letztgenannten Song mal eben einfach zwei Themengebiete durch eine Lyrics-Generator-Seite gejagt, die ihn gerade beschäftigt haben. „Wissenschaft“ und „Menschheit“. Das ist, verklärt betrachtet, kurz desillusionierend. Und dann aber gleichzeitig ein zeitgemäßer, um nicht zu sagen durchaus gefinkelter Schachzug eines Musikers, der weiß, was er tut. Weil er’s eben schon lange macht.

Please excuse the way I talk

Laurenz „I am sad / so very, very sad“ Jandl hat schon für eine der ehemals besten Bands des Landes getextet, nämlich Polkov. Goldschätze österreichischer Musikgeschichte sind so entstanden, wie etwa „Promised Land“ oder „Kamaro’s Song“. Selten hat jemand so schön am Leben gelitten wie Laurenz Jandl und seine Gruppe, scheinbar immer gefangen im Wissen, dass man um die Menschen und ihre Welt gut weinen kann. Und, dass man das am besten zu und mit herrlich schönen Songs tut.

Cover Album Laurie "Scientist Of Man"

Laurenz Jandl

„Scientist Of Man“ heißt das Debütalbum von Laurie. Es erscheint am 10. April 2020.

Laurie nennt Laurenz Jandl sein Soloprojekt, nachdem sich die Polkov’schen Mitglieder in alle Himmelsrichtungen verstreut haben. Ganz so weit sind sie dann aber doch nicht weg: Auch seine Solo-Stücke hat ein Großteil der ehemaligen Band-Besetzung im Studio mit ihm eigespielt. Nicht umsonst hängt noch ein bisschen weicher, weirder Polkov-Spirit über diesen neun neuen Songs.

Wie man sich selbst zum Lachen bringt

Für viele Musiker*innen mag es so sein, wenige sprechen gern darüber, Laurie tut es offen: „Auto-Analyse“ nennt er seine Texte, „eine Psychotherapie von mir für mich“. Selbstverliebtheit macht nicht selten einen großen Teil guten Songwritings aus - über wessen Gefühle soll man schreiben, als über die eigenen? Wer es gut macht, bröselt Ironie zwischen die Zeilen.

„But first I think you should change a thing / or two about yourself“ singt Laurie auf „Everything Must Go“, der musikalisch direktesten Dinosaur Jr.-Referenz des Albums: Für mich gibt es kein Problem zwischen uns. Was das Problem ist.

Das, was mal gut war, ist gut

Laurenz Jandl hat seine Vorbilder studiert, nachgeahmt, verworfen. Er hat mit seinem Album „Scientist Of Man“ den Versuch unternommen, alles aufs Geradlinigste, Simpelste herunterzubrechen. Oft hört man deshalb zusätzlich zur Stimme nur die schlichte Gitarrenbegleitung, oder, in gesteigerter Form, das klassische Rockband-Setup.

Es ist etwas Trauriges, Altes in Lauries Stimme, das in Kombination mit der erwähnten Schlichtheit schnell nostalgisch anmutet. Eine Empfindung, mit deren Bedeutung sich musikalisch ähnlich verortete Musiker wie Jeff Tweedy von Wilco oder Adam Granduciel von The War on Drugs schon Nächte um die Ohren geschlagen haben. Dabei lässt sich im besten Fall genau damit ausdrücken, dass etwas Besonderes vorliegt. Etwas, das wegen Besonderheit die Zeit überdauert.

"Wenn Menschen „Nostalgie" mit meiner Musik verbinden, werde ich mich nicht dran stören. Vielleicht denken sie dann an ihre Familie, ihre Kindheit“, sagt Laurie. Vielleicht denken sie an erlittenen Herzbruch, wenn sie den Song „Larissa“ hören, oder an versemmelte Chancen bei „Why Cry“. Oder an Liebe, die sich nicht festmachen lässt, bei „Like A Hurricane“.

„Turns into a song“

Vor wenigen Monaten hat Laurie mit „Heaven On A Thread“ seine erste Single veröffentlicht. Ein unaufgeregtes, kleines Meisterwerk. Es bündelt das ganze Projekt Laurie wie ein Mikrokosmus: Da sitzt jede Zeile, ist abstrakt und doch eine Geschichte, ist wehmütig und deshalb gut.

Wenn wir am Ende dann auf einer Metaebene ankommen, und der Song sich in einen Song über einen Song verwandelt, ist klar: Hier schreibt einer der talentiertesten Musiker des Landes.

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