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Gabi Delgado Lopez

Christian Lehner

Gold und Liebe

Gabi Delgado-López, Sänger von DAF, ist gestorben.

Von Martin Pieper

„Verschwende deine Jugend“ lautet einer dieser unwiderstehlichen Slogans, die von Gabi Delgado-López geschrieben und geschrien wurde. Seine Band hieß DAF, die Deutsch Amerikanische Freundschaft und sie war eine Provokation. Die Erschütterung, die er und sein Freund und Bandkollege Robert Görl verursachten, waren rund um den Erdball zu spüren. Ihr Konzept schweißte Härte und Schönheit, Begehren und Beton, Faschismus und Disco zusammen, getrieben von brachialen Beats, minimalistischen Texten und totalem Style- und Körpereinsatz.

Gabi Delgado-López wurde 1958 geboren, ist im spanischen Cordoba aufgewachsen und mit acht Jahren nach Deutschland gezogen. Das Ziel seiner Familie: das Ruhrgebiet. Dort, in Düsseldorf, wurde er auch in der Punkszene rund um den Ratinger Hof popkulturell sozialisiert. Dort wurden 1978 auch DAF gegründet. Die experimentelle Gitarren-Popstpunkband wurde nach allerlei Bandumbesetzungen nach ihrem ersten Album „Die Kleinen und die Bösen“ dann rasch zum straff organisierten Elektro-Punk-Duo umgestaltet und damit gelang DAF auch der internationale Durchbruch.

Christian Lehner hat 2015 ein ausführliches Interview mit Gabi Delgado geführt.

Vor allem in England lag man ihnen zu Füßen. Neben den Einstürzenden Neubauten waren es DAF, deren seltsam gefährlich-verführerische und „deutsche“ Aura zu ihrem Siegeszug durch die angesagten Adressen von New York bis London geführt hat. „Tanz den Mussolini“, „Der Räuber und der Prinz“, „Verehre deinen Haarschnitt“ schrie Gabi Delgado-López dem Publikum entgegen, und jeder Widerstand war zwecklos. Optisch gaben sich DAF einer hypermaskulinen, schwulen Lederästhetik hin, ihr Begehren kannte keine Grenzen, ihre Auftritte keine Tabus.

In den Semiotikverliebten 80er-Jahren war der Zeichensalat, den DAF anrichteten, genau das richtige, um Hippie-Musiklehrer und Eltern zu verstören. Faschismusverdacht? Geil! DAF sangen von „Kebabträumen“ aber auch von „den lustigen Stiefeln über Polen“. Homoerotik? Her damit! „Der Räuber und der Prinz“ und die „Absolute Körperkontrolle“ können davon erzählen.

Unzählige Bands, von Laibach bis Nitzer Ebb, von Front 242 bis zu Soft Cell haben Aspekte des Universums DAF weiterentwickelt. Ihr Einfluss wurde im Laufe der Jahre eher größer als kleiner. Und spätestens mit Techno wurde auch ihr musikalisches Erbe erkannt und gewürdigt. Die erste Karrierephase dauerte nur ein paar Jahre, schon 1982, nach drei Alben, die auf einem großen Label erschienen, war wieder Schluss. „Für immer“ hieß ihr letztes Album, das sich nach ein paar Jahren der Trennung und diverser Soloprojekte, als prophetisch herausstellen sollte.

Gabi Delgado-López war in der Berliner Technoszene aktiv, und 2003 erschienen dann „15 neue DAF Lieder“, das Duo hatte wieder zusammengefunden, sich danach wieder aufgelöst, und dann doch wieder live gespielt. Es war kompliziert. In den 2010er-Jahren waren sie, wenn die beiden Lust hatten, gern gebuchter Act auf diversen Festivals, die sich mit Pionieren elektronischer Musik beschäftigten. Auch die späteren Konzerte von DAF zeigten Gabi Delgado-López in großer Form und genauso kompromisslos wie er begonnen hatte. Jetzt ist mit 61 Jahren gestorben. „Mein Herz macht Bum“ haben DAF einst gesungen. Dieses Herz schlägt nicht mehr.

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