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Nils Müller

Artist of the Week

Artist of the Week: Mavi Phoenix veröffentlicht sein Debüt-Album

Das vergangene Jahr war für Mavi Phoenix trotz musikalischem Erfolg kein leichtes. Am Freitag erscheint sein Album „Boys Toys“ - ein großartiges Debüt und Coming-Out zugleich.

von Alica Ouschan

Die Erfolgsgeschichte des Mavi Phoenix ist eigentlich wie aus dem Bilderbuch: Gefeiert als Frau im Rap, internationale Erfolge als Österreicherin, drei FM4 Amadeus Award Nominierungen und schließlich der Sieg im letzten Jahr als Höhepunkt.

Warum sich das alles vielleicht nicht immer ganz richtig angefühlt hat, haben wir aber erst später erfahren. Nachdem Mavi Phoenix im Sommer 2019 im Video zu „Bullet in my heart“ erstmals öffentlich seine Gender Dysphoria thematisiert hatte, folgte Ende des Jahres schließlich das Coming-Out als Mann.

„Boys Toys“ als musikalisches Coming-Out

boys toys cover

LLT Records

„Boys Toys“ erscheint am Freitag, den 3. April bei LLT Records.

Mit der Single „Boys Toys“ hat Mavi sein Album angekündigt und eine klare Botschaft vorausgeschickt: „Sei du selbst und schäm dich nicht dafür wer du bist. Schöpf dein volles Potential aus. Ich war so gefangen darin, dass ich eine Frau bin - ich dachte immer, ich kann nichts machen, auch wenn ich mich, seitdem ich klein bin, so fühle, dass ich eigentlich ein Typ bin. Ich verpasse viele Sachen und mein Leben ist deswegen irgendwie scheiße. Dann hat’s bei mir Klick gemacht: Ich hätte noch so viel mehr zu geben, wenn ich das einfach zulasse und ich selbst bin - dann kann ich mein volles Potential ausschöpfen und einfach ein cooler Dude sein. Und das versuch ich jetzt gerade,“ sagt Mavi im FM4 Interview.

Das Musikvideo zu „Boys Toys“ zeigt die Geburt (oder Wiedergeburt?) von Mavi Phoenix. Gleichzeitig stellt er uns damit auch sein Alter-Ego vor: „Boys Toys“, ein kleiner Junge, der mit hochgepitchter Stimme singt, spricht und rappt. Die gepitchte Stimme und das Autotune kennt man schon von älteren Mavi-Songs, jetzt gibt er ihr das erste Mal einen Namen.

Mavi identifiziert sich nicht nur über die Figur, „Boys Toys“ nimmt auch eine wichtige Funktion in seiner Musik ein: „Ich merke einfach, dass es mir viel leichter fällt, Dinge zu sagen, wenn meine Stimme verfremdet klingt. Das war irgendwie immer schon so.“ Der vierte Track des Albums ist ein Skit, in dem „Boys Toys“ ganz ehrlich über seine „Scary Thoughts“ spricht. Das Album liefert Einblicke in das Persönlichste des Persönlichen. Dies preiszugeben, erfordert Mut.

Dass er eine Riesenportion davon besitzt, beweist Mavi Phoenix schon seine ganze Karriere lang. Begonnen hat es mit der Entscheidung, englischen Elektro-Trap zu machen, genau in der Zeit, als der Austro-Pop wieder Fahrt aufnahm. Auf seinem Album teilt Mavi seine ganzen Gefühle und Tiefpunkte, die er im letzten Jahr durchlebt hat, mit der Öffentlichkeit.

mavi bild

Ines Frischenschlager

Seine Musik und der Schaffungsprozess seines Albums wurden durch den inneren Konflikt enorm beeinflusst: „Mein Manager hat gesagt, wir müssen das langsam öffentlich machen, weil es in jedem Text, den ich schreibe, nur noch um dieses Thema geht. Ich habe schon länger mit dem Gedanken gespielt, ein Alter-Ego zu erschaffen, durch das ich gewisse Dinge ausleben kann, die ich in meinem Leben verpasst hab. Und auf einmal war klar: Wir machen ein Album, und wenn wir das machen, dann geht es nur so!“

Männlichkeitskonzepte

Mavis Debütalbum ist nicht nur ein lang ersehntes Stück österreichische Musikgeschichte, sondern auch die beginnende Auflösung eines Konflikts, der ihn ein Leben lang begleitet. „Ich wurde ständig gefragt, wie es so ist als Frau im Rap. Es ist mir immer schwer gefallen, politisch zu sein oder über Feminismus zu sprechen. Jetzt ist es natürlich immer noch schwierig, aber es fühlt sich richtiger an und ich trau mich mehr.“

„Boys Toys“ ist ein Konzept-Album, durch und durch. Mavi Phoenix nutzt seine Musik, um sich mit verschiedenen Konzepten von „Männlichkeit“ auseinanderzusetzen. „Ich bin jetzt offiziell ein Mann. Ich muss mir zwangsläufig die Frage stellen: Was für ein Mann will ich sein?“, sagt der Künstler. Auf seinem Album sind sie alle vertreten: Testo-Man, eine aggressive Testosteron-geladene, Kampfmaschine („Chose your fighter“), der cute Fuckboy („Strawberries“) oder der liebevolle Familienvater („Family“).

„Just because my voice is high, doesn’t mean I’m not a guy“

Mavi Phoenix im Radio FM4 Studio

Radio FM4

Mavi geht es vor allem darum, die Bilder davon zu dekonstruieren, was als „weiblich“ oder „männlich“ angesehen wird. "Ich ertappe ich mich dabei, wie ich mit den Jungs ein Bier trinken gehe, um dazuzugehören. Dinge zu tun, weil sie „männlich“ sind, oder Dinge nicht zu tun, weil sie „weiblich" sind - das ist falsch! Gleichzeitig ist das für mich aber der einzige Strohhalm, Dinge zu tun die sich gut und richtig anfühlen.“ Dieser innere Konflikt zwischen dem Entsprechen oder Nicht-Entsprechen von Geschlechterrollen, den Mavi tagtäglich erlebt, soll auf dem Album widergespiegelt werden.

Einfach ein cooler Dude

Musikalisch weicht „Boys Toys“ dann doch etwas von den typischen Mavi-Hits ab, die wir bisher gehört haben. Die poppigen Nummern sind fast völlig verschwunden, „Fck it up“ ist die musikalische Brücke zwischen früheren Hits und dem, was Mavi Phoenix jetzt musikalisch repräsentiert. Er schert sich nicht um Pop-Hits und macht einfach wieder das, worauf er Lust hat.

Mavi hat beispielsweise seine rockige Seite erstmals voll und ganz rausgelassen. Der Wut, die im Song „Los Santos“ schon leicht durchgeblitzt ist, wird jetzt freien Lauf gelassen. Dass Rage Against the Machine eine der großen Inspirationen für das Album war, überrascht kaum, wenn man „Chose your fighter“ hört. Der Song ist nicht nur eine Auseinandersetzung mit einem sehr „männlichen“ Bild von Männlichkeit, sondern verkörpert auch etwas, das Mavi die ganze Zeit schon tun wollte: „Ich wollte endlich einfach mal schreien!“

Und das tut er, in vielerlei Hinsicht. Das Album ist ein Aufschrei, ein Ausbrechen aus bisherigen Zuschreibungen - musikalisch, ebenso wie persönlich. Es klingt neu, trotzdem vertraut und fühlt sich einfach richtig an. So klingt Mavi Phoenix, wenn er komplett er selbst ist und sein volles Potential ausschöpfen kann. So klingt Mavi Phoenix, wenn er das macht, worauf er Bock hat: Einfach nur ein cooler Dude sein.

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