Der Nerd mit Brecheisen ist zurück

Das Original-„Half-life“ nochmal in neuem Glanz erleben: In „Black Mesa“ geht es zurück zu Gordon Freemans erstem Abenteuer.

Von Rainer Sigl

22 Jahre sind eine ziemlich lange Zeit, in Videospieljahren ist das fast eine Ewigkeit. 1998 ist „Half-Life“ erschienen, und das hat das Genre des First-Person-Shooters geradezu revolutioniert: Statt wie seine Zeitgenossen nur hektische und blutige Action zu bieten, hat es außerdem eine spannende Geschichte erzählt.

Zur Erinnerung: Als Wissenschafter Gordon Freeman findet man sich nach einem missglückten Experiment in einer Hochsicherheits-Forschungseinrichtung namens Black Mesa mitten in einer Alien-Invasion aus einer anderen Dimension wieder, und das Militär, das kurz darauf auftaucht, ist auch eher nicht da, um uns zu helfen - im Gegenteil. Faktoid am Rande: Die Kurzgeschichte, die die Inspiration dafür war, stammt übrigens vom großen Stephen King - und wurde auch schon verfilmt und zur TV-Serie gemacht.

Vom Fanprojekt zur Wiederauferstehung

Das soeben fertiggestellte Videospiel „Black Mesa“ ist nun im Gegensatz zum ebenfalls vor kurzem erschienenen VR-Abenteuer „Half-life: Alyx“ kein neuer Eintrag in die lange Jahre totgeglaubte Kultserie, sondern führt uns als Remake des klassischen ersten Teils sozusagen ganz an den Anfang zurück.

Weit mehr als ein Jahrzehnt lang haben begeisterte Fans mit Duldung der Original-Entwickler daran gearbeitet, das schon etwas angestaubte Original-„Half-life“ mit zeitgemäßer Grafik nachzubauen. Das Spaßprojekt wurde dabei immer professioneller, aber auch aufwendiger. Vor ein paar Jahren war bei der damals noch kostenlosen Version schon absehbar, dass da keine schnöde Rekonstruktion, sondern vielmehr eine regelrechte Wiederauferstehung im Gange war. Seitdem hat es noch weitere acht Jahre gedauert, bis das Mammutprojekt letztendlich beendet war. Und jetzt - jetzt ist „Black Mesa“ endlich fertig.

Viel mehr als Nostalgie

Mit aktuellen Hochglanz-Games wie „Doom Eternal“ kann sich natürlich auch der restaurierte Klassiker nicht messen, aber das macht überhaupt nichts. Die große Stärke des Originals und seines Remakes ist nach wie vor die geniale Verbindung von Gameplay, Design und abwechslungsreicher Erzählung, die heute noch genauso mitnimmt wie vor über 20 Jahren. Das atemberaubende Abenteuer führt den Nerd mit Brecheisen durch die überrannte Forschungsstation bis hin zur fremdartigen Alien-Dimension Xen, und hier wartet die größte und angenehmste Überraschung: Das im Original ungeliebte und als Schwachpunkt des Originals geltende letzte Kapitel der Handlung bildet nun höchst ambitioniert erweitert und umgestaltet das grafische Highlight des ganzen Spiels. Keine Übertreibung: Das Xen von „Black Mesa“ stellt das Original weit in den Schatten - keine kleine Leistung.

Wer „Half-life“ vor Jahren oder gar Jahrzehnten gespielt hat, wird an „Black Mesa“ seine nostalgische Freude haben, denn das Remake ist schlicht mindestens genauso gut wie das Original, nur viel, viel hübscher. Ein besonderes Geschenk ist dieses Spiel allerdings für all jene, die das alte Spiel noch überhaupt nicht kennen: Auf sie wartet ein beinahe zeitloser Kultklassiker in makelloser Neuauflage.