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Dawson's Creek

Dawson's Creek | Sony | Columbia

Nochmal schauen: „Dawson’s Creek“

Die Serie über Teenager*innen scheint wie gemacht für die derzeitige Isolation: Drama aus den späten 90ern zum Mitfiebern!

von Christian Pausch

Auch die jugendlichen Hauptfiguren in Dawson’s Creek sind in einer Art Isolation gefangen: Sie müssen im fiktiven, sterbenslangweiligen Städtchen Capeside ihr Dasein fristen. Dort sieht es zwar idyllisch aus und man kann, wegen der vielen Wasserläufe, so manche Wege mit kleinen Booten zurücklegen, aber die Schönheit der Natur hilft adoleszierenden Teenagern wenig. Trotz der immerzu erwähnten Nähe zu New York City fehlt es hier vor allem an einem: Großstadtflair.

Das kommt aber gleich in der ersten Folge mit dem gelben Taxi direkt ans Pier gedüst, und zwar in Form von Jen Lindley, gespielt von der bis heute großartigen Michelle Williams. Das bis dahin völlig unschuldige Dreiergespann Dawson, Pacey und Joey – gespielt von Katie Holmes – wird durch die Ankunft der großstädtischen 15-jährigen ordentlich durcheinandergewirbelt.

Dawson's Creek

Dawson's Creek | Sony | Columbia

90ies aesthetics: Gruppenfoto am Pick Up Truck.

Ja, richtig gelesen: Alle vier Hauptfiguren sind zu Beginn der Serie im Jahr 1998 erst 15 Jahre alt. Die Schauspieler*innen allerdings - man erkennt es zum Beispiel an James Van Der Beeks aka Dawsons Blauschatten - sind zu diesem Zeitpunkt bereits um die 20 Jahre alt. Ein Umstand, der auch der Teenie-Zielgruppe nicht entgangen ist, über den man aber schnell hinwegzusehen gelernt hat.

In Capeside haben Dawson, Pacey und Joey bis jetzt - angeführt von Film-Nerd Dawson - nur für Steven Spielberg geschwärmt und selber kleine Horrorfilmchen gedreht. Diese Drehs sind auch das Highlight der ersten Staffel. Doch mit dem Auftauchen von Jen beginnt die Pubertät nun endgültig: Es geht plötzlich nur noch um Jungs und um Mädchen, ums Küssen, Sex, Drogen und um allerlei komplizierte Beziehungen und Dreiecks-Dramen. Was will man mehr!

Dawson's Creek

Dawson's Creek | Sony | Columbia

Aus drei werden vier und dann sechs: hier schon mit Jack und Andy.

Ageism? Fehlanzeige!

Schön an Dawson’s Creek ist auch, dass – im Gegensatz zu anderen Highschool-Serien – die Eltern-Generation beim Drama-Reigen nicht ausgeschlossen wird. Auch die ältere Generation hat es hier in sich: Dawsons Mutter betrügt Dawsons Vater, Joeys Vater sitzt wegen Marihuana-Dealens im Gefängnis, Paceys Vater ist ein mysogyner Arsch und Jen ist nur hier, weil ihre Eltern sie loswerden wollten. Und sogar Jens fundamentalistisch-christliche Großmutter, bei der sie nun lebt, erlebt in späten Staffeln noch eine neue Liebe. Ageism? Nicht in Capeside!

Nach und nach wird das nun Vierergespann auch durch andere junge Figuren aufgelockert. Paceys Schwester Gretchen, die es eines Tages plötzlich gibt, oder die grausame Bully Abby, die kurz für Bahö sorgt und schnell wieder zur Nebenrolle degradiert wird und natürlich das Geschwister-Paar Jack und Andy McPhee, die ab Staffel 2 ganz vorne mitmischen und aus dem Quartett ein Sixpack machen.

Dawson's Creek

Dawson's Creek | Sony | Columbia

Held meiner Jugend: Kerr Smith als Jack McPhee.

Homosexualität, Mental Health, Sex

Das Coming Out von – Achtung Spoiler – Jack wird zwar für heutige Verhältnisse mit zu viel dramatischer Doomsday-Musik unterlegt und auch die Mental Health Issues seiner Schwester Andy werden ohne die mittlerweile geläufige Akzeptanz unnötig aufgebauscht, aber beides wurde hier in Dawson’s Creek für viele 90s-Kids das erste Mal mehr oder weniger authentisch im TV dargestellt. Ein Meilenstein, auch für mich.

Dawson’s Creek lief in sechs Staffeln von 1998 bis 2003 und war der Grundstein für die Karriere von u.a. Katie Holmes, Michelle Williams und auch Michael Pitt (Henry <3). Jede Folge dauert circa 40min.

Heute - und ich muss zugeben auch damals schon - kam mir Dawson’s Creek ein bisschen gar prüde vor im Umgang mit Sex und Sexualitäten, auch wenn es unterschwellig in jedem Gespräch der Serie natürlich nur um das Eine ging. In den von Haus aus verklemmteren USA wurde die Serie aber als sex-besessen und viel zu freizügig verstanden: Es gehe nur um „Sex, Sex, Sex“ und die Show sollte „When Parents Cringe“ heißen, meinten die us-amerikanischen Kritiker*innen.

Aber wie das eben so ist: Wenn Boomer etwas verteufeln, wird es bei den Millenials ein Riesenerfolg. Die Serie brach bei Teenager*innen alle Rekorde und gilt heute als Kult. Die Themen, die bei Dawson’s Creek verhandelt werden, werden heutzutage bereits mit mehr Sensibilität und Verständnis angegangen und dargestellt. Dennoch werde ich nie vergessen, wie wichtig es für mich war, jemanden wie den schwulen Jack im Nachmittagsprogramm des ORF zu sehen.

Dawson's Creek

Dawson's Creek | Sony | Columbia

Das berühmte Dawson Meme, universell einsetzbar.

Dawson Leery, himself

Und dann ist da, neben den interessanten Charakteren und ergiebigen Themen, natürlich auch noch Dawson. Das selbstverliebte, verwöhnte Einzelkind, der weiße, privilegierte Hetero-Mann, der Inbegriff von „mimimi“. Kein Wunder, dass er neuen Generationen nur als Meme erhalten blieb. Aber ja – auch das macht Spaß bei Dawson’s Creek: Die namensgebende Hauptfigur darf man so richtig schön hassen.

„I am still me. The same whiny, adolescent, big-talking, little-doing loser that I was a year ago.“
- Dawson

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