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Publikum am Frequency Festival 2019

Franz Reiterer

Wird es heuer einen Festivalsommer geben?

Die einen sagen ab, die anderen warten noch. Inmitten der Festival-Vorbereitungen herrschen in diesen Tagen viel Unsicherheit, viel Konjunktiv und viele Fragezeichen – österreichische Festival-Veranstaltende im Interview.

Von Michaela Pichler

Das kalifornische Coachella wurde bereits in den Herbst verschoben, das frühlingshafte Primavera in Barcelona findet heuer im August statt und in Deutschland halten die Massenveranstaltungen Rock im Park und Rock am Ring immer noch verzweifelt an ihren Terminen im Juni fest. In Österreich musste bereits das Donaufestival in Krems absagen. In drei Wochen hätte das Festival unter dem Motto „Machines Like Us“ gestartet und die Stadt an der Donau an zwei Wochenenden zum Epizentrum für zeitgenössische Kunst und Kultur in Österreich verwandelt. Das Donaufestival wird aufgrund der aktuellen Corona-Pandemie auch nicht das letzte abgesagte Festival in Österreich sein.

Bühne

Matthias Rhomberg

„Es gibt natürlich realistische Prognosen - die schauen nicht sehr gut aus. Es gibt allerdings noch ein bisschen Hoffnung. Wir müssen jetzt einfach noch ein bisschen Geduld haben, wir müssen abwarten und schauen, was passiert", erzählt Hannes Hagen per Videochat im Interview. Er ist der Festivalleiter vom Szene Open Air in Vorarlberg. Erst vor einer Woche hat sein Team das vollständige Line Up für das Festival Ende Juli und Anfang August veröffentlicht: „Wir waren uns unsicher, ob das der richtige Zeitpunkt ist, jetzt noch ein Line-Up zu präsentieren. Denn jeden Tag überschlagen sich die Ereignisse und wir wollten damit keine Verunsicherung in die Sache bringen. Wir haben uns aber dazu entschieden, den Leuten zu zeigen, was wir über den Winter vorbereitet haben.“ Eigentlich sollten heuer die Dropkick Murphys, Raf Camora, Loredana, Voodoo Jürgens und viele mehr auf der Bühne in Lustenau stehen. Das Coronavirus und die damit verbundenen Maßnahmen bedrohen aber auch das Festival in Vorarlberg. Festivalleiter Hagen ist sich der schwierigen Situation natürlich bewusst und sieht das Szene Open Air innerhalb dieser globalen Krise auch als kleines Puzzleteil, eine Absage würde das Festival zwar viel Herzblut kosten, man würde das aber durchstehen und auch überleben.

Deadline Ende Mai

"Ich glaube nicht, dass wir momentan unter Stress stehen, absagen zu müssen. Wenn die Regierung nicht vorher eine Ansage macht, was für Veranstaltungen noch über den Sommer stattfinden, dann ist unsere Deadline Ende Mai.“ Ende Mai würde die nächste Phase in der Festivalplanung beginnen - spätestens da müssten die Festivalbänder produziert werden. Für das Szene Open Air wäre zu diesem Zeitpunkt eine selbstgewählte Absage aber ein absolutes Worst-Case-Szenario, wie Hagen erklärt: „Von uns aus abzusagen geht eigentlich vertraglich nicht. Wir haben Verträge mit Künstler*innen und wenn’s dann plötzlich ginge, Ende Juli, und wir sagen jetzt ab, dann würden die ja auch zu uns kommen und sagen ‚Wo ist unsere Gage? Ihr habt uns einen Auftritt geklaut!‘ So einfach geht das also nicht.“ Eine Verschiebung nach hinten in den Herbst wäre für das Szene Open Air außerdem nicht möglich. Bei einer Absage würde das Festival erst wieder 2021 stattfinden.

Auch Festivalgrößen wie das Nova Rock oder das FM4 Frequency haben noch keine Absagen verkündet und geben zum derzeitigen Stand dazu keine Interviews. In einem Statement der Veranstaltungsagentur Barracuda Music heißt es dazu:

„Wir sind in regelmäßigem Kontakt mit der Regierung und auch den zuständigen Behörden bezüglich Sommerfestivals. Bis dato ist jedoch von diesen eine verbindliche Klarstellung ausständig.“

Am Sand Schild an Zaun

Radio FM4

Verordneter Optimismus und absichernde Bekenntnisse

In Österreich gibt es neben kommerziellen Festivalriesen auch geförderte Festivals, die um ihren Sommer bangen: Eines davon ist das Popfest, das im Juli zum 11. Mal am Wiener Karlsplatz stattfinden soll. Popfest-Leiter Christoph Möderndorfer steckt mit seinem Team gerade mitten in den Vorbereitungen. „Wir sind gerade kurz vor unserer ersten Aussendung, in Kürze würden wir die ersten Artists bekannt geben.“ Zwischen den Konjunktiven in den Fragen und Antworten des Interviews kommt auch immer wieder der Optimismus als wortwörtlicher Hilfsausdruck zum Vorschein. „Wenn man so arbeitet wie wir, muss man grundsätzlich optimistisch sein. Es ist aber ein verordneter Optimismus und so zu arbeiten ist natürlich auch nicht lustig. Für jeden Vorwärtsschritt müssen wir zur Zeit einen Rückwärtsschritt mitbedenken, ein Szenario A, B oder C“, meint Popfest-Leiter Christoph Möderndorfer.

Die Stadt Wien ist der erste Fördergeber des Popfests und in diesen Zeiten auch ein Sicherheitsnetz. Vergangene Woche teilte nämlich Bürgermeister Michael Ludwig gemeinsam mit der Stadträtin für Kultur und Wissenschaften Veronica Kaup-Hasler in einer Pressekonferenz die Zusagen der Kulturförderungen in Wien mit. Falls es zu einer Absage kommen sollte, sind deshalb beim Popfest zumindest die Artists abgesichert: „Dank der Stadt Wien und ihrem Bekenntnis zu den Künstlerinnen und Künstlern können auf jeden Fall alle Honorare künstlerseitig garantiert werden und das ist natürlich fantastisch, wenn man so arbeiten kann!“, erklärt Christoph Möderndorfer am Telefon. Eine positive Nachricht inmitten der Unsicherheit. Eine Popfest-Absage würde aber vor allem für junge österreichische Künstler*innen eine fehlende Plattform bedeuten, denn das Popfest bietet als Großveranstaltung bei freiem Eintritt und einer breiten Berichterstattung für viele Newcomer einen wichtigen ersten Schritt.

Publikum und die Karlskirche am Popfest 2018

Franz Reiterer

To be continued

Viele Fragezeichen und ein notgedrungener Optimismus bestimmen im Moment die Vorbereitungen in den Planungen der Festivals. Konkreter wird es wohl erst nach Ostern, wenn auch vonseiten der Regierung Ansagen bezüglich Großveranstaltungen im Sommer auf der Agenda stehen könnten. Worin sich im Moment wohl alle Veranstaltenden einig sind, fasst Popfest-Leiter Möderndorfer zusammen: „Müssten wir wirklich absagen, wäre das auf jeden Fall mit zwei weinenden Augen.“

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