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Der Song zum Sonntag: Zinn - „Lethargie“

„Melancholic“ und „apocalyptic“, so lauten zwei selbstbeschreibende Hashtags zum neuen Lied der Wiener Band Zinn. Ein Lied übers Daheimbleiben und über die Lethargie.

Von Christoph Sepin

Und aus den Wolken tropft die Zeit, sangen die Berliner Isolation Berlin einmal und auch bei der Wiener Gruppe Zinn ist das so eine Sache mit den Stunden, die teilnahmslos vom Himmel tröpfeln. Tage und Wochen vergehen da draußen, in der echten Welt, in der Frühlingblumen zu blühen beginnen und Vögel von den Dächern singen.

Ohne uns. Wir sind hinter den Vorhängen, in dunklen Wohnungen und mit gesenkten Köpfen vom Licht des Handybildschirms eingelullt. Dort, wo Uhrzeiger und Tageslicht keine Rolle mehr spielen. Dort, wo „Lethargie“ von Zinn als Ohrwurm läuft.

Irgendwie hat das mit Zinn als Projekt der Musikerin Margarete Wagenhofer im Jahr 2012 begonnen, damals noch in Salzburg. Ab 2013 war sie dann in Wien, ab 2018 mit dem Bandnamen Zinn und neuen Bandkolleginnen Jasmin Strauss und Lilian Kaufmann unterwegs. „Diogenes“ nannte sich der letzte Song von Zinn, „Lethargie“ jetzt der neue, (unabsichtlich) dem Zeitgeist entsprechende - denn das Lied war doch schon länger in Arbeit und hätte eigentlich im März ein ganz anderes Musikvideo bekommen sollen. Aber: „Plötzlich war alles so, wie es jetzt ist. Der für März geplante Videodreh zu ‚Lethargie‘ musste abgesagt werden. Was blieb, war Lethargie“, so steht’s im Pressetext.

Die Wörter „melancholic“ und „apocalyptic“ prangern als Hashtags über dem Musikvideo dazu und das reicht dann eigentlich schon völlig zur Beschreibung des Lieds aus. Der fade Weltuntergang, das Abwarten und verträumt-traurig aus dem Fenster Starren. Denn auch wenn das nächste grinsende, zweidimensionale Gesicht zur nächsten 30-Day-Yoga-Challenge einlädt, hat man da nicht immer Lust drauf.

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  • Auch die geschätzten Wissenschafts- und Popjournalist*innen Thomas Kramar und Heide Rampetzreiter machen sich in der Presse am Sonntag zum jeweils selben Song ihre Gedanken.

Man kann ja auch andere Sachen machen: „Lethargie“ ist ein Lied zum Laptop als Maske Aufsetzen, zum Selbstdekorieren mit Weihnachtsschmuck, zum Zahnbürste auf der Nasenspitze Reiben und zum Fensterscheibe mit allen Fingerspitzen Berühren. Das sind auch alles Dinge, die im Musikvideo zu diesem Lied über schnöde Tristesse vorkommen. Inklusive Gastauftritten von ausgezeichneten Musikkolleg*innen wie Felix Kramer, Vera Kropf, Dives oder Schapka.

Zwischen all den Melodien und Gedanken bleibt eine zentrale Frage schweben: Man muss doch irgendwie irgendwas anfangen können mit all diesen Gefühlen. „Was soll ich nur mit dir machen?“, wird in Richtung der Lethargie gesungen. „Mit dir kann man gar nix machen“, wird schnell festgestellt. Da gibt es als Antwort nur noch zwei Akkorde als Hommage in Richtung Lou Reed und seinem „Walk On The Wild Side“.

Als Ohrwurm bleibt hier trotzdem ein Lied, das nicht schwer wirkt, sondern glücklich macht: Beschwingt klingt die ständig „Lethargie“ wiederholende Stimme, genau wie die Blasinstrumente und dann freudig-destruktiv der finale, gitarrenverzerrte Breakdown. Ein fröhliches Lied über träge Tage.

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