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Salka Weber springt in einer Hotelsuite auf dem gemachten Bett. Eine Szene aus "Fisch lernt fliegen".

Deniz Cooper

„Fisch lernt fliegen“: Begrab mal einen Goldfisch

Eine gute Stunde in Venedig: „Fisch lernt fliegen“ - so heißt der erste Kinofilm von Deniz Cooper. Viele kleine, entzückende Idee sind zu einer Lichterkette montiert.

Von Maria Motter

Er fühle sich wie ein Königspinguin, der die Aussicht auf einen verschneiten Berg in der Antarktis genieße und ganz entspannt sei. Sagt ein Twenty-Something mit französelndem Englisch zu einer jungen Frau. Die beiden liegen in einem Einzelbett und führen einen der lustigsten Nach-dem-Sex-Dialoge. „Fisch lernt fliegen“, so heißt der erste Kinofilm von Deniz Cooper. Und darin will sich jede Figur dem schönen Schein hingeben, zumindest für einen Tag.

Und für eine gute Stunde Film ist man in „Fisch lernt fliegen“ ganz in Venedig. Die Stadt am frühen Morgen und spätabends ist mehr als die pittoreske Kulisse. Die Schauspielerin Salka Weber trägt ein tailliertes, blaues Kostüm in einem Schnitt aus dem letzten Jahrhundert und eine leuchtend rote Kühltasche mit sich, während sie durch die Gassen der Lagunenstadt eilt. In Cafés bestellt sie immer zwei Espressi und kippt die Eiswürfel aus dem Glas Wasser in die Kühlbox. Ihre Mission erinnert an eine Folge von „The Cosby Show“: Ein Goldfisch will beerdigt werden. Doch der Hauptdarstellerin in „Fisch lernt fliegen“ ist das Herz zu schwer, um das einst geliebte Haustier einfach im WC runterzuspülen. Nicht einmal in der Suite eines Nobelhotels. Irgendwie lässt sie der Fisch noch nicht los. Und dann tauchen da noch diese andere Frau mit ihren Fragen, Künstler in Existenzkrisen und ein stoischer Rezeptionist auf.

Filmstill aus "Fisch lernt fliegen"

Deniz Cooper

Eine Lichterkette vieler kleiner Ideen

Regisseur Deniz Cooper montiert viele kleine und entzückende Ideen zu einer Lichterkette an Unterhaltung. Sehr detailverliebt porträtiert er den Tourist*innenmagneten Venedig: Vom Hipster mit Schiebemütze und Bluesgitarre zur Sammlung Peggy Guggenheim flaniert man durch die Stadt, hat Deja-Vues und muss mal nichts tun außer zuzuschauen. Denn die Geschichte konstruiert sich aus Erlebnissen und Andeutungen. Eine konventionelle Erzählung darf man sich nicht erwarten.

Zuletzt hat im Kino Elia Suleiman mit seinem großartigen Film „Vom Gießen eines Zitronenbaums“ (im Original viel treffender: „It must be heaven“) gezeigt, wie sehr man das Publikum unterhalten kann, ohne dass der Hauptdarsteller auch nur ein Wort sagt. Auch „Fisch lernt fliegen“ ist fürs Kino gedacht. Der Film hatte auf der Berlinale Premiere. Doch jetzt müssen Kinos geschlossen sein. Darum geht die Initiative Cinema Next, die bisher junges österreichisches Filmschaffen in den Kinos präsentiert und auch Kurzfilmabende wie Partys gefeiert hat, jetzt verstärkt ins Netz: mit einer „Cinema Next Series“ auf der Streaming-Plattform VOD Klub und „Fisch lernt fliegen“ als erstem Fang.

Wie bei einem Städtetrip ohne Stadtplan, wo man ganz entzückt ist, aus Zufall vor den Sehenswürdigkeiten zu landen, gilt für „Fisch lernt fliegen“: Stellt man sich aufs Driften und Schauen ein hat man eine gute Zeit. Hände befühlen Skulpturen und Gebäudeecken, ein Rezeptionist stellt keine unangenehmen Fragen. Italo-Schlager tut seine Wirkung, und Luis de Fuenès’ legendäre „Nein! Doch!“-Szene aus der Komödie „Hasch mich - ich bin der Mörder“ von 1971 bekommt einen anderen Twist.

Zwei Männer nach einem langen Abend in einer Bar an einem Tisch, einer ist schon eingeschlafen. Szene aus dem Film "Fisch lernt fliegen".

Deniz Cooper

360-Grad-Schwenks als Prinzip

Salka Weber und Deniz Cooper wollten einen Film machen, der von Gefühlen handelt, die sie mit dem Erwachsenwerden verbinden. Auf die Fragen, die man sich als Erwachsene*r stellte, hätte man in der Kindheit schon einmal Antworten gehabt.

Salka Weber und Deniz Cooper haben den Film auch produziert. Mit im Team waren gerade mal Kameramann Alex Haspel und Kameraassistent Lukas Wesely beim Drehen. 360-Grad-Schwenks wurden zum Prinzip.

„Wir konnten nur in der Früh drehen, je nach Sonnnenaufgang und Wetter zwischen fünf und sechs Uhr dreißig“, erzählt Deniz Cooper über die Dreharbeiten in einer Stadt, in der bis zur Corona-Krise bis zu 130.000 Tourist*innen am Tag unterwegs waren. „Der frühe Morgen ist die einzige Zeit, wo die Straßen leer sind. Mitten in der Nacht, um 2.30 Uhr sind Salka und ich aufgestanden, haben angefangen, die Kostüme zu bügeln und die Requisiten herzurichten. Wir haben Frühstück gemacht, die anderen geweckt. Dann sind wir schweigend über Brücken und Kanäle, manchmal auch mit dem Nacht-Vaporetto durch die Stadt getuckert. Auf Wägelchen haben wir das Kamera- und Lichtequipment gehabt und sind so durch die Stadt gezogen.“

Eigentlich ist Deniz Cooper selbst Schauspieler, er ist in Serien wie „Dogs in Berlin“ zu sehen und spielte etwa im österreichischen Actionfilm „Cops“ mit. Salka Weber und er wollen unkommerzielle und unkonventionelle Filmprojekte wagen. Die letzten Monate vor ihrer, durch die Coronakrise bedingten Rückkehr nach Wien, waren sie auf Jamaica und dort mit dem Dreh eines Kurzfilms beschäftigt. Zu weiteren Gefühlen Bilder in weiteren Städten zu finden, schließen die beiden definitiv nicht aus.

Zwei Frauen am Kanal in Venedig in der Nacht und sie deuten einem Polizisten ganz aufregt etwas. Filmszene aus "Fisch lernt fliegen".

Deniz Cooper

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