„The Flower Collectors“: Der Balkon zum Plaza

Mit ihrem neuen Game „The Flower Collectors“ zitieren die Entwickler von Mi’pu’mi das Setting von Hitchcocks „Fenster zum Hof“ und erzählen eine Detektivstory im Barcelona der Post Franco Ära.

Von Conny Lee

Barcelona 1977 - zwei Jahre nach Francos Tod stehen die ersten demokratischen Wahlen bevor. Die Situation zwischen konservativen Befürwortern des Regimes und der demokratischen Opposition ist angespannt.

Jorge war früher Sonderermittler bei der Polizei, doch seit er nach einem Unfall im Rollstull sitzt, ist er gezwungenermaßen im Ruhestand. Er verbringt die Tage in seinem Apartment und beobachtet vom Balkon aus den darunter liegenden Platz und die Leute dort mit einem Fernglas.

Fokus auf der Story

Eines nachts wird Jorge unabsichtlich Zeuge , wie ein Mann am Plaza erschossen wird. Kurz darauf sucht eine junge Frau bei ihm Zuflucht, die den Mord auch beobachtet hat. Sie hätte sich mit dem Opfer treffen sollen, denn sie arbeitet als Journalistin für eine Zeitung und der Ermordete wollte ihr brisante Informationen zukommen lassen, die die anstehene Wahl betreffen. Obwohl der pensionierte Polizist eher konservativ eingestellt ist und die junge Journalistin dem linken Widerstand zugetan, tun sich die beiden zusammen um den Mord aufzuklären.

Wir spielen Jorge, beobachten von unserem Balkon aus die Geschehnisse unten auf der Straße und hinter den fremden Fenstern der Nachbarwohnungen. Die Journalistin kann sich indes frei bewegen und wir kommunzieren mit ihr via Funkgerät, während sie sich Dinge aus der Nähe ansieht oder Gespräche belauscht.

Politische Verschwörung

Das Gameplay in „The Flower Collectors“ besteht darin, im richtigen Moment hinzusehen, wenn etwas passiert, und mit dem Fernglas oder einer Kamera Details zu finden. In Gesprächen müssen wir entscheiden, wem wir was verraten oder verheimlichen und die Hinweise, die wir gesammelt haben, richtig zusammensetzen.

Insgesamt liegt der Fokus mehr auf der Story als auf dem Gameplay: eine politische Verschwörung, in die beide Hauptfiguren aufgrund ihrer Vergangenheit persönlich verwickelt sind. Die Figuren sind dabei antropomorphe Tierfiguren. Schon Art Spiegelmans hat diesen Kniff in seinem Comic „Maus“ angewandt, um brutale Gewaltverbrechen an Menschen so leichter erzählbar zu machen, nur dass es bei Spiegelman um die Verbrechen des Naziregimes geht, während dieses Spiel vom Franco Regime handelt.

Historisches Setting, filmische Atmosphäre

Historische Settings und Figuren in die man sich hineinfühlen kann sind die Spezialität des österreichischen Studios Mi’pu’mi, das haben sie bereits mit der wundervollen Gameserie The Lion’s Song unter Beweis gestellt. Ihr neues Game The Flower Collectors steht dem in nichts nach.

Zusätzlich wird diesmal die filmische Atmosphäre des Games mit sehr guten Synchronstimmen verstärkt. Was schon Hitchcocks „Das Fenster zum Hof“ so spannend gemacht hat - der Reiz des Voyeurismus und die Balance aus Machtlosigkeit und Einflussnahme des Protagonisten - funktioniert auch in diesem Videospielsetting sehr gut.

„The Flower Collectors“ von Mi’pu’mi Games ist heute auf Steam für Windows erschienen.