FM4-Logo

jetzt live:

Aktueller Musiktitel:

Filmstills aus Reservoir Dogs

Reservoir Dogs

„Reservoir Dogs“: Tarantinos Kinodebüt ist einen Rewatch wert

Heute kann man sich kaum noch vorstellen, dass Quentin Tarantino Probleme haben könnte, einen Produzenten für einen seiner Filme zu finden. So war das aber 1992 mit seinem Debüt „Reservoir Dogs“, heute anerkannt als ein Meisterwerk des Independentfilms.

Von Jan Hestmann

Quentin Tarantino ist längst an der Spitze des Filmolymps angekommen. Publikum wie Kritik huldigen ihm und die ganze Welt rätselt, was denn nun sein zehnter und möglicherweise letzter Film werden wird. Ja, sogar im Oxford Dictionary kann man das Wort „tarantinoesque“ nachschlagen. Das war nicht immer so. Quentin Tarantino, der sich sein breites Filmwissen bekanntermaßen als Mitarbeiter einer Videothek angelegt hat, hatte zunächst damit zu kämpfen, einen Produzenten für seinen Film „Reservoir Dogs“ zu finden.

Kein geringerer als Harvey Keitel spielte am Ende eine wesentliche Rolle für die erfolgreiche Umsetzung von Tarantinos erstem Kinofilm. Oft erzählte der Regisseur später in Interviews mit breitem Lächeln davon, wie Keitel, der schon damals ein großer Schauspielstar war, sich bei Tarantino meldete und seine Begeisterung über dessen Drehbuch aussprach. Die war so groß, dass Keitel nicht nur als Schauspieler, sondern auch gleich als Co-Producer einsteigen wollte. Das war der Startschuss für „Reservoir Dogs“, der 1992 in die Kinos kam.

Filmstills aus Reservoir Dogs

Reservoir Dogs

Die kultige erste Szene aus „Reservoir Dogs“: Mr. Brown (Quentin Tarantino) interpretiert Madonnas „Like A Virgin“ und Mr. Pink (Steve Buscemi) will partout kein Trinkgeld geben.

Was den Cast von „Reservoir Dogs“ betrifft, so ist Harvey Keitel nur eines von vielen Glanzlichtern. Auch damals noch weniger berühmten Darsteller wie Steve Buscemi, Michael Madsen und Tim Roth spielten in Höchstform und der Erfolg des Films bescherte ihnen im Gegenzug auch einen nicht unwesentlichen Karriereschub.

„Like A Virgin“

Eröffnet wird „Reservoir Dogs“ in einem Diner, wo die Anzug tragenden Gangster zusammensitzen und angeregt diskutieren. Nicht etwa über den bevorstehenden Raub auf einen Diamantenhändler, sondern über die wahre Bedeutung hinter Madonnas Superhit „Like A Virgin“. Eine eigenwillige Textinterpretation gibt dabei Mr. Brown zum Besten, gespielt von Quentin Tarantino selbst.

Fun Fact:

Insgesamt 272 Mal wird in „Reservoir Dogs“ das Wort „Fuck“ verwendet.

Die folgende Handlung des Films ist simpel. Tarantino wollte unbedingt ein Heist-Movie machen. Sechs Männer in schwarzen Anzügen, die sich gegenseitig großteils nicht kennen, überfallen einen Diamantenhändler. Das Besondere an „Reservoir Dogs“ ist: Den Raub selbst bekommen wir nicht zu sehen. Stattdessen zeigt Tarantino in Rückblenden die Vorbereitungen, sowie die fatalen Folgen der Tat. Dabei wird viel geschrieen, geflucht und jede Menge Blut vergossen, und im späteren Verlauf ein Ohr abgeschnitten. Dazu trällert aus dem Radio der Song „Stuck in the Middle with You“ von der Seventies-Folk-Rock-Band Stealers Wheel.

Filmstills aus Reservoir Dogs

Reservoir Dogs

Eine weiteres berühmtes Motiv aus dem Film, das man oft als Stencil auf T-Shirts und Postern sieht: Mr. White (Harvey Keitel) und Mr. Pink (Steve Buscemi) nehmen sich gegenseitig ins Visier.

Die raffiniert anachronistische Erzählweise erlaubt große Auslassungen zu machen, ohne dass man diese vermisst. Dadurch war es auch möglich, den Film relativ günstig zu produzieren, das Budget lag bei unter 1,5 Millionen Dollar. Neben einigen expliziten Gewaltszenen setzt der Film, wie auch die Folgewerke, vor allem auf Dialog, der nicht unbedingt dazu beitragen muss, die Handlung voranzutreiben.

Seine Vorliebe dafür, ältere Songs in seine Filme zu packen und zu entstauben, zeigt Tarantino bereits in seinem Debüt. Der Soundtrack zu „Reservoir Dogs“ ist geprägt von den 60s und 70s und wohl mindestens so ikonisch wie der Film selbst. Zentrale Songs daraus sind neben „Stuck in the Middle with You“ etwa „Little Green Bag“ von der George Baker Selection oder „Coconut“ von Harry Nilsson.

Wovon sich Tarantino inspirieren hat lassen

Die Gangster in „Reservoir Dogs“ tragen farbige Decknamen wie Mr. White, Mr. Pink oder Mr. Blonde. Das hat sich Tarantino vom Thriller „Stoppt die Todesfahrt der U-Bahn 123“ aus dem Jahr 1974 abgeschaut. Denn schon zu Beginn seiner Karriere gilt: Es wäre kein echter Tarantino-Film, würde er darin nicht unzählige Zitate aus der Filmgeschichte mixen. Für sein Debüt gelten speziell die schmutzigen Gangsterfilme des Hongkong-Kinos essentiell als Inspiration, allen voran der Film „City on Fire“ von Regisseur Ringo Lam aus dem Jahr 1987.

Männer mit Sonnenbrillen gehen auf etwas zu

City on Fire

Vorbild für Tarantinos Erstling: „City on Fire“ (1987) von Ringo Lam

Michael Madsen aus der Quarantäne

Zum Schluss noch ein kleines Zuckerl: Schauspieler Michael Madsen, der in „Reservoir Dogs“ den psychopatischen Mr. Blonde verkörperte, hat kürzlich die Quarantänezeit genutzt, um eine der ikonischen Szenen aus dem Film mit seiner Familie nachzustellen (Stichwort Ohr). Hier das Video:

mehr Film:

Aktuell: